Rz. 7

Ausl., d. h. nach ausl. Recht gewährte Leistungen, die dem Kindergeld oder Kinderzulagen und -zuschüssen i. S. v. § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG vergleichbar sind, schließen das Kindergeld – insgesamt – aus (s. aber Rz. 13). Entscheidend ist, dass die dem Kindergeld vergleichbare Leistung irgendeiner Person zusteht, nicht unbedingt dem Antragsteller.

§ 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG betrifft vor allem Grenzgänger, die ihren Wohnsitz im Inland haben, aber im Nachbarstaat beschäftigt sind und dort Anspruch auf Kindergeld oder kindergeldähnliche Leistungen haben.[1] Sie erfasst auch Elternteile, die im Inland erwerbstätig und nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG oder Nr. 2 Buchst. a EStG anspruchsberechtigt sind, für deren im Ausland lebende Kinder, wenn für den anderen Eltern- oder Großelternteil nach ausl. Recht ebenfalls ein Anspruch auf ausl. Kindergeld oder kindergeldähnliche Leistungen bestehen.[2] Ferner sind von der Regelung durch die Bezugnahme auf Nr. 1 Bezieher ausl. Unfall-, Alters- oder Invaliditätsrenten betroffen.

 

Rz. 7a

Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung bestehen grds. keine Bedenken. Denn bei entsprechenden Zahlungen ausl. Stellen besteht kein Bedürfnis für die Zahlung inländischen Kindergelds. Der Ausschluss des Teilkindergelds in Fällen geringerer Leistungen am ausl. Beschäftigungsort – Abs. 2 verweist nicht auf Abs. 1 S. 1 Nr. 2 – ist verfassungskonform.[3] Die Benachteiligung ist aufgrund der Praktikabilitätsanforderungen an Kollisionsregeln bei grenzüberschreitenden Sachverhalten gerechtfertigt (s. Rz. 14).

Für die Vergleichbarkeit ist entscheidend, ob eine Leistung dem Familienleistungsausgleich dient, und zwar in derselben Zielrichtung wie das Kindergeld[4] bzw. die in Abs. 1 S. 1 Nr. 1 genannten Zahlungen, d. h. nicht nur im Hinblick auf einen durch das Arbeitsverhältnis bedingten Lohnzuschlag (vergleichbar dem Ortszuschlag im öffentlichen Dienst) oder eine Steuerentlastung (vergleichbar mit dem Kinderfreibetrag), sondern auch mit der Zielrichtung einer Sozialleistung (§ 31 S. 2 EStG). Die ausl. Leistung muss entsprechend dem Familienleistungsausgleich neben einer Steuerentlastung zugleich die Funktion einer Sozialleistung erfüllen. Eine nur dem Kinderfreibetrag entsprechende Leistung dürfte daher nicht genügen.[5] Ob dem Kindergeld (auch) der Charakter einer Sozialleistung zukommt, ist allerdings streitig (§ 31 EStG Rz. 6). Die ausl. Familienleistungen sind im Allgemeinen keine Steuervergütungen, sondern Sozialleistungen.

 

Rz. 8

Eine ausführliche Übersicht vergleichbarer ausl. Leistungen, die die Zahlung von Kindergeld nach dem EStG ausschließen bzw. nur zur Zahlung von Teilkindergeld führen, enthält ein Schreiben des BZSt.[6]

Die Rspr. hat bisher folgende vergleichbare ausl. Leistungen festgestellt – wobei grds. die Vorrangigkeit des Unionsrechts zu beachten ist[7]:

  • amerikanisches "child benefit" (Zahlung der US-Amerikanischen Sozialversicherung)[8],
  • belgisches Kindergeld[9],
  • dänisches Kindergeld[10],
  • englisches "child benefit"[11],
  • französisches Kindergeld ("allocations familiales") und Kleinkindbeihilfe ("prestation d’acceuil du jeune enfant")[12],
  • griechisches Kindergeld[13],
  • niederländisches Kindergeld[14],
  • niederländischer Unterhaltszuschuss (TOG Zuschuss)[15],
  • die nach österreichischem Recht gezahlte Familienbeihilfe[16],
  • österreichisches Kindergeld[17],
  • polnisches Kindergeld[18],
  • polnische Zulage für Alleinerziehende[19],
  • die nach portugiesischem Recht gewährte Familienbeihilfe[20],
  • schwedisches Kindergeld[21],
  • die von den Arbeitgebern finanzierten kantonalen Familienzulagen in der Schweiz[22],
  • die nach schweizerischem Recht gezahlte Kinderrente[23],
  • schweizerische "IV-Kinderrente"[24],
  • Kinderzulagen des Schweizerischen Kantons Thurgau[25],
  • slowakisches Kindergeld.[26]
 

Rz. 8a

Keine vergleichbaren Leistungen i. S. d. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 sind[27] :

  • Die in einzelnen EU- bzw. EWR- oder Vertragsstaaten zur Aufstockung des Kindergelds gezahlten Unterschiedsbeträge/Teilkindergeld,
  • Kinderzulagen, die von einem im schweizerischen Kanton Zürich ansässigen Arbeitgeber an seine nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer gezahlt werden,
  • der in Kanada zum Grundbetrag (basic amount) des steuerlichen Kindergelds gezahlte Erhöhungsbetrag (supplement) für Kinder unter sieben Jahren,
  • mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlte Zuschüsse zu Stipendien, die von der Arabischen Republik Ägypten an Regierungsstipendiaten während ihres Studiums an einer deutschen Hochschule gewährt werden,
  • der in den USA gewährte Freibetrag für Kinder unter 19 bzw. 24 Jahren sowie der sog "Child Tax Credit"[28], der Kinderzuschlag für Bedienstete des türkischen Staats und der staatlichen Betriebe.
 

Rz. 9

Die Ausschlussregelung des § 65 Abs. 1 EStG gilt nicht für Kinder, die in einem anderen EU- bzw. EWR-Staat oder in einem Staat, mit dem ein Abkommen über soziale Sicherheit besteht, leben. Hier sind die in den über- bzw. zwischenstaatlichen Bestimmungen getroffenen Sonderregelungen über die Anspruchskonkurrenz zu beachten[29] (Rz...

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