Rz. 497

Wird ein einzelnes Wirtschaftsgut – außer in den Fällen der Einlage[1] – unentgeltlich in das Betriebsvermögen eines anderen Stpfl. übertragen, so gilt nach § 6 Abs. 4 EStG sein gemeiner Wert für das aufnehmende Betriebsvermögen als Anschaffungskosten. Diese Regelung geht zurück auf § 7 Abs. 2 EStDV a. F.: Wenn danach einzelne Wirtschaftsgüter aus betrieblichem Anlass aus einem Betriebsvermögen unentgeltlich in das Betriebsvermögen eines anderen Stpfl. übertragen wurden, so galt für den Erwerber der Betrag als Anschaffungskosten, den er für das einzelne Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Erwerbs hätte aufwenden müssen. Beide Vorschriften unterscheiden sich zwar im Wortlaut, stimmen aber inhaltlich überein: Was früher "aus betrieblichem Anlass" hieß, ist nunmehr "außer in den Fällen der Einlage" formuliert. Für die Bewertung auf Seiten des Erwerbers sind an die Stelle von "der Betrag als Anschaffungskosten, den er für das einzelne Wirtschaftsgut im Zeitpunkt des Erwerbs hätte aufwenden müssen" die Worte getreten "sein gemeiner Wert für das aufnehmende Betriebsvermögen".

 

Rz. 498

§ 6 Abs. 4 EStG betrifft die Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter aus dem Betriebsvermögen eines Stpfl. in das eines anderen Stpfl., die zwar unentgeltlich, aber aus betrieblichem Anlass erfolgt. Es handelt sich also um einen Vermögenszugang außerhalb von Einlagen.[2] Beispielsweise werden Bestechungsleistungen erbracht oder Geschenke zu Werbezwecken gemacht. Auf Schenkungen ist § 6 Abs. 4 EStG nicht anwendbar. Denn diese Übertragung ist privat veranlasst. Es handelt sich bei dem Übertragenden um eine Entnahme und bei dem Empfänger um eine Einlage. Der Empfänger hat das aus privaten Gründen erworbene Wirtschaftsgut mit dem Teilwert einzulegen.

 

Rz. 498a

Zweck des § 6 Abs. 4 EStG ist es, die Bewertung des übertragenen Wirtschaftsguts beim Empfänger zu regeln. Eine Bewertung mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG scheidet aus. Die Übertragung erfolgt jedoch aus betrieblichem Anlass. Denn nach dem Grundsatz, dass ein Kaufmann nichts verschenkt, liegt ihr im Allgemeinen zumindest die Erwartung einer Gegenleistung zugrunde. Da es sich folglich oft um tauschähnliche Vorgänge handelt, ist eine Bewertung auf Seiten des Erwerbers mit dem gemeinen Wert als Anschaffungskosten gerechtfertigt.

[2] Kulosa, in Schmidt, EStG, 2022, § 6 EStG Rz. 751ff.

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