Rz. 476

Eine unentgeltliche Übertragung i. S. v. § 6 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn sich die Beteiligten darüber einig sind, dass der (Teil-)Betrieb oder Mitunternehmeranteil aufgrund einer Schenkung übergehen soll. Der Übergang von Verbindlichkeiten im Rahmen einer Betriebsübertragung begründet keine Gegenleistung, also kein Entgelt und steht somit der Unentgeltlichkeit nicht entgegen.[1] Für Unentgeltlichkeit spricht bei einer Vermögensübertragung unter nahen Angehörigen eine widerlegbare Vermutung. Streben nahe Angehörige die Entgeltlichkeit einer Betriebsübertragung an, so müssen sie durch klare und eindeutige Vereinbarungen zum Ausdruck bringen, dass tatsächlich ein auf einem äquivalenten Leistungsaustausch beruhendes Geschäft abgeschlossen worden ist.[2]

 

Rz. 476a

Eine unentgeltliche Betriebsübertragung erfolgt insbesondere im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen Übernahme von Versorgungsleistungen. Versorgungsleistungen sind nur dann als dauernde Last abziehbar, wenn sie die Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG erfüllen.

 

Rz. 477

Eine Schenkung kann auch bei der Übernahme eines Unternehmens oder eines Mitunternehmeranteils mit einem negativen Kapitalkonto in Betracht kommen. Das Gleiche gilt, wenn ein Gesellschafter mit einem negativen Kapitalkonto unentgeltlich aus einer zweigliedrigen Personengesellschaft ausscheidet, das Betriebsvermögen noch erhebliche stille Reserven enthält und die Fortführung des Unternehmens durch den Übernehmer den Schluss zulässt, dass das Unternehmen – etwa aufgrund eines neuen Konzepts – noch eine Gewinnchance repräsentiert.[3] Eine Schenkung scheidet jedoch regelmäßig dann aus, wenn das Unternehmen keinen Vermögenswert mehr verkörpert. In diesem Fall wird regelmäßig eine Veräußerung für Null EUR angenommen.

 

Rz. 478

Auch eine "teilentgeltliche" Übertragung eines (Teil-)Betriebs oder Mitunternehmeranteils fällt in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG, solange der Veräußerungspreis nicht die Buchwerte übersteigt. Denn eine "teilentgeltliche" Übertragung eines Betriebs – etwa aufgrund einer gemischten Schenkung oder einer Auflagenschenkung – ist einkommensteuerrechtlich ein einheitlicher unentgeltlicher Vorgang (Einheitstheorie), der nicht in ein Anschaffungsgeschäft und eine Schenkung aufzuteilen ist.[4] Dennoch sieht die Verwaltung die Schuldzinsen zur Refinanzierung des Teilentgelts als betrieblich veranlasste Betriebsausgaben an.[5]

Übersteigt das Entgelt des Übernehmenden das steuerliche Kapitalkonto des Übertragenden, so bestimmt sich nach Auffassung der Finanzverwaltung der entgeltlich und der unentgeltlich erworbene Teil nach dem Verhältnis der gesamten Anschaffungskosten zum Verkehrswert des Betriebs. Aus Vereinfachungsgründen lässt es die Finanzverwaltung zu, die Aufstockungsbeträge als nachträgliche Anschaffungskosten zu behandeln.[6] Aufgrund der Einheitstheorie ist konsequenterweise vollumfänglich von einem Veräußerungs- bzw. Anschaffungsgeschäft auszugehen.

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