Rz. 33a

Grundsätzlich richtet sich die Frage, welche Person erstattungsberechtigt ist, nach deutschem Steuerrecht. Erstattungsberechtigt ist nach § 50d Abs. 1 S. 2 EStG der Gläubiger der Kapitalerträge oder Vergütungen. Dabei geht das deutsche Steuerrecht davon aus, dass diese Person auch diejenige ist, die die entsprechenden Einkünfte zu versteuern hat (Rz. 30f.). Dabei wird die deutsche Sichtweise zugrunde gelegt (anwenderstaatorientierte Betrachtungsweise).[1] Die Abzugsteuer wird auf Rechnung des nach deutschem Recht beschr. Stpfl. erhoben. Der beschr. Stpfl. ist daher derjenige, dem ein etwaiger Erstattungsanspruch zusteht. Bei Personengesellschaften, die Deutschland als transparent ansieht, ist der Gesellschafter, nicht die Personengesellschaft, der beschr. Stpfl. Begründet wird die anwenderstaatorientierte Betrachtungsweise damit, dass nur ein beschr. Stpfl. einen Abkommenschutz benötigt, nicht die nicht selbst stpfl. transparente Gesellschaft. Der DBA-Schutz beschränkt das nationale Besteuerungsrecht, bezieht sich daher auf den nationalen Besteuerungsanspruch und kann daher nur eingreifen, wenn und soweit ein solcher Anspruch gegen eine bestimmte Person besteht. Das richtet sich aber danach, welcher Person Einkünfte steuerlich zugerechnet werden. Diese Zurechnung bestimmt sich wiederum nach nationalem Recht, nicht nach DBA-Recht. Der Abkommenschutz in den hier besprochenen Fällen besteht daher für den nach den nationalen Vorschriften beschr. Stpfl. Eine Person, der gegenüber kein nationaler Steueranspruch besteht, benötigt daher auch keinen Abkommenschutz. Daraus folgt, dass auch der Erstattungsanspruch, der Rechtsfolge des Abkommenschutzes ist, dem nach nationalem Recht beschr. Stpfl. zusteht.[2] Dies ergibt auch § 20 Abs. 5 S. 2 EStG, wonach als Gläubiger von Kapitalerträgen derjenige gilt, dem die Anteile nach § 39 AO zuzurechnen sind. Deutschland sieht daher nach der anwenderstaatorientierten Betrachtungsweise die Gesellschafter, nicht die Personengesellschaft, als abkommensberechtigt an und ordnet den Erstattungsanspruch demgemäß anteilig den Gesellschaftern zu. Nach dieser Auffassung regelt das DBA nicht die Frage, ob die Gesellschaft eine Körperschaft oder eine Personengesellschaft ist, und damit nicht die Frage der Zurechnung der Einkünfte; dies ist nach nationalem Recht zu entscheiden.

Die abkommensorientierte Betrachtungsweise würde demgegenüber für die Anwendung des DBA sowohl für die Rechtsform als auch für die Zurechnung der Einkünfte allein auf das DBA, und damit letztlich auf das Recht des Ansässigkeitsstaats der Gesellschaft, abstellen (Qualifikationsverkettung). In grenzüberschreitenden Fällen kann die von Deutschland vertretene anwenderstaatorientierte Betrachtungsweise zu Schwierigkeiten führen, wenn der Staat der Gesellschaft eine andere Qualifikation vornimmt als Deutschland. Insbesondere ist dann nicht sichergestellt, dass der nach deutschem Recht Erstattungsberechtigte auch der Stpfl. nach ausl. Recht ist. Sieht die Bundesrepublik die Gesellschaft als transparent an, sind aus deutscher Sicht die Gesellschafter erstattungsberechtigt. Wird die Gesellschaft dagegen in dem anderen Staat als intransparent behandelt, sind die Einkünfte aus Sicht dieses anderen Vertragsstaats der Gesellschaft selbst zuzurechnen. Sieht die Bundesrepublik dagegen die Gesellschaft als intransparent an, der andere Staat als transparent, würde aus deutscher Sicht die Gesellschaft erstattungsberechtigt sein, aus ausl. Sicht dagegen die Gesellschafter. Daher kann der Fall eintreten, dass nach ausl. Recht einer Person die Einkünfte steuerlich zugerechnet werden, nach deutschem Steuerrecht aber eine andere Person erstattungsberechtigt ist.

 

Rz. 33a1

Die Rechtsfolge, dass der Erstattungsanspruch rechtlich einer anderen Person zusteht als derjenigen, bei der sie steuerlich zu erfassen ist, kann auch bei anderen Gesellschaftsformen eintreten, selbst wenn die beteiligten Staaten sie nicht unterschiedlich qualifizieren. Das ist der Fall bei der KGaA, bei der persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, sowie bei einer atypischen stillen Gesellschaft zwischen einer Kapitalgesellschaft und einer natürlichen Person als Stiller. Es handelt sich insoweit um die gleiche Problematik wie bei § 50d Abs. 11 EStG[3]; vgl. daher grundsätzlich Rz. 304ff. § 50d Abs. 11 EStG betrifft jedoch den Fall der unbeschränkten Steuerpflicht, also den Fall, dass der Empfänger der Gewinnausschüttung im Inland ansässig ist. § 50d Abs. 1 S. 11 EStG behandelt demgegenüber die Reduzierung oder Freistellung von der KapESt oder der Abzugsteuer nach § 50a EStG, wenn die ausschüttende Gesellschaft im Inland, der Empfänger der Ausschüttung aber im Ausland ansässig ist, also die Fälle der beschr. Steuerpflicht. Während § 50d Abs. 11 EStG die Frage regelt, ob die Ausschüttung im Einkommen zu erfassen ist, also im Inland der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegt, regelt § 50d Abs. 1 S. 11 EStG die Frage, wem der Anspruch auf die volle o...

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