Rz. 113

Durch § 50d Abs. 7 EStG sollen Probleme bei der Auslegung des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG vermieden werden. Nach § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG gehören zu den beschr. stpfl. Einkünften Zahlungen aus inländischen öffentlichen Kassen mit Rücksicht auf ein gegenwärtiges oder früheres Dienstverhältnis. Nach der "Kassenstaatsklausel" in Art. 19 Abs. 1 OECD-MA steht dem Kassenstaat das Besteuerungsrecht zu, wenn der Arbeitnehmer dem Kassenstaat Dienste geleistet hat. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer keinen weiteren Inlandsbezug unterhält, insbes. im Ausland ansässig ist. Hierzu hat der BFH[1] entschieden, dass das Besteuerungsrecht des Kassenstaats nach der Kassenstaatsklausel nicht eingreift, wenn die öffentliche Kasse des Staats nur die Zahlung für einen anderen Arbeitgeber ausführt, der selbst nicht zu den in der Kassenstaatsklausel genannten juristischen Personen gehört. Voraussetzung für die Anwendung der Kassenstaatsklausel in der Auslegung durch den BFH ist also, dass ein direktes Dienstverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Kassenstaat besteht. Nach dieser Auslegung war das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik für die aus öffentlichen Mitteln gezahlten Gehälter der im Ausland tätigen Mitarbeiter des Goethe-Instituts, von Entwicklungshilfe-Organisationen und ähnlicher Organisationen sowie der Auslandslehrer, die an Auslandsschulen mit eigener Trägerschaft tätig sind, gefährdet.

 

Rz. 114

§ 50d Abs. 7 EStG bestimmt für diese Fälle im Weg der Fiktion, dass bei Bestehen eines Dienstverhältnisses zu einer anderen Person als des Trägers der die Vergütung zahlenden öffentlichen Kasse ein Dienstverhältnis zu diesem Träger angenommen, d. h. fingiert wird. Diese Fiktion bezieht sich auf die Auslegung des Art. 19 OECD-MA, da sich der Ausdruck "diese Vorschrift" sprachlich auf die davor stehende "Vorschrift eines DBA" bezieht.[2] Materiell enthält die Regelung daher ein Treaty Override, soweit der entsprechende Artikel des DBA nach autonomer Auslegung anders auszulegen ist. Das deutsche Besteuerungsrecht, dass nach der Kassenstaatsklausel der DBA in der Auslegung des BFH nur für Zahlungen im Rahmen eines direkten Dienstverhältnisses zwischen dem Träger der öffentlichen Kasse und dem Arbeitnehmer besteht, wird erweitert auf sog. mittelbare Arbeitsverhältnisse, also Arbeitsverhältnisse, die zu einem anderen Arbeitgeber als dem Träger der öffentlichen Kasse besteht, das aber ganz oder im Wesentlichen aus der öffentlichen Kasse finanziert wird.

 

Rz. 115

Voraussetzung des § 50d Abs. 7 EStG ist lediglich, dass die Vergütung für die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Ausland ganz oder im Wesentlichen aus öffentlichen Mitteln gezahlt wird. Da die Vorschrift davon ausgeht, dass das Dienstverhältnis mit einer anderen Person besteht als dem Träger der öffentlichen Kasse, genügt es, dass die Vergütungen aus der öffentlichen Kasse konkret für die Tätigkeit des Arbeitnehmers gezahlt werden. Es darf sich also nicht nur um eine Kostenerstattung bei einer Projektfinanzierung handeln, in die der Arbeitslohn zwar als Kostenfaktor eingegangen ist, aber keine direkte Verbindung zu der Tätigkeit des Arbeitnehmers besteht. Bei einer Projektfinanzierung erbringt die öffentliche Kasse die Leistung nicht im Rahmen des fiktiven Dienstverhältnisses, sondern auf der Grundlage des Projektfinanzierungsvertrages. Die notwendige konkrete Verbindung zwischen dem Arbeitsverhältnis zu dem Arbeitgeber und der Finanzierung aus der öffentlichen Kasse hat der BFH in einem Fall angenommen, in dem der Arbeitnehmer namentlich in dem Finanzierungsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und der öffentlichen Kasse aufgeführt und die Erstattung des Gehalts an den Arbeitgeber vereinbart worden war. Ist ein solcher direkter Zusammenhang mit der Tätigkeit des Arbeitnehmers dokumentiert, schadet es nicht, wenn nicht eine Vergütung für jeden einzelnen Arbeitnehmer vereinbart wird, sondern eine Gesamtvergütung für alle Leistungen des Arbeitgebers gezahlt wird, in die der Arbeitslohn der genannten Arbeitnehmer einfließt.[3]

 

Rz. 116

Die Vergütung muss auch von einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts gezahlt werden. Wenn die Vergütung von einer anderen juristischen Person stammt, z. B. der EU im Rahmen einer Mischfinanzierung, ist die Vorschrift nicht anwendbar. Die Vergütung muss ganz oder im Wesentlichen aus der inländischen Kasse gezahlt werden. "Im Wesentlichen" bedeutet eine Finanzierung aus der inländischen öffentlichen Kasse zu mindestens 75 %. Sie braucht nicht "fast ausschließlich," also zu 90 %, aus der öffentlichen Kasse zu stammen.[4] Ist die Grenze von 75 % erreicht oder überschritten, nimmt Deutschland das Besteuerungsrecht für das gesamte Gehalt, also nicht nur für den aus öffentlichen Mitteln finanzierten Teil, in Anspruch. Ist die Grenze nicht erreicht, hat Deutschland für das gesamte Gehalt kein Besteuerungsrecht, auch nicht für den Teil, der aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. In diesem Fall greift die Fiktion eines direkten Arbeitsverh...

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