Rz. 193

Nach § 50a Abs. 7 EStG ist das FA berechtigt, zur Sicherstellung des Steueranspruchs die Steuer durch Steuerabzug erheben zu lassen, wenn nicht schon nach anderen Vorschriften ein Steuerabzug zu erfolgen hat.[1]

 

Rz. 194

Die Vorschrift ist durch G. v. 11.10.1995[2] ab Vz 1997 neu gefasst worden, um rechtliche Probleme zu beseitigen, die mit der alten Fassung verbunden waren.[3]

 

Rz. 195

Zuständig für den Steuerabzug ist das für den Vergütungsgläubiger zuständige FA. Dies ist nach § 19 Abs. 2 S. 2 AO i. d. R. dasjenige FA, in dessen Bezirk der Vergütungsgläubiger tätig ist oder in dem seine Tätigkeit verwertet wird; erforderlichenfalls bestimmt sich die Zuständigkeit nach § 24 AO (Ort des Anlasses der Amtshandlung). Eine Übertragung auf das BZSt für den Steuerabzug, das Haftungs- und Nachforderungsverfahren sowie Erhebungsverfahren, Rechtsbehelfsverfahren und Außenprüfung ist durch die VO v. 24.6.2013[4] nicht erfolgt.

 

Rz. 196

Ihrer Rechtsnatur nach gleicht die durch den Steuerabzug nach Abs. 7 erhobene Steuer als vorläufige Maßnahme den Vorauszahlungen.[5] Allerdings handelt es sich hierbei nur um einen gedanklichen Vergleich, der die Stellung der Vorschrift in der Systematik des ESt-Rechts klären hilft. Die nach Abs. 7 erhobene Steuer ist aber nicht, in rechtlichem Sinn, Vorauszahlung nach § 37 EStG. Die Regelungen des § 37 EStG sind daher nicht, auch nicht analog, anwendbar. Insbes. kann § 37 Abs. 3 S. 3 EStG (rückwirkende Festsetzung der Vorauszahlungen) nicht mit der Folge angewandt werden, dass der Steuerabzug rückwirkend für das Vorjahr angeordnet werden könnte.[6] Die Ansicht, der Steuerabzug könne rückwirkend angeordnet werden, lässt sich auch deshalb nicht aus § 37 EStG ableiten, weil hier die Beziehung der Finanzbehörde zu dem Steuerabzugsverpflichteten mit der Beziehung zu dem Steuerschuldner verwechselt wird. Selbst wenn § 37 EStG analog angewendet werden könnte, könnte dies nur die Beziehung der Finanzbehörde zu dem Stpfl. (Steuerschuldner) selbst betreffen; der Steuerabzugsverpflichtete kann nicht Steuerschuldner i. S. d. § 37 EStG sein, er ist nicht Schuldner oder Beteiligter im Vorauszahlungsverfahren.

 

Rz. 197

Die Lösung kann nur aus dem Wesen des Steuerabzugs entnommen werden. Der Steuerabzug bezieht sich auf Abflüsse von Leistungen. Wird der Steuerabzug angeordnet, ist die Steuer von allen ab diesem Zeitpunkt abfließenden Zahlungen einzubehalten, und zwar unabhängig, zu welchem Vz die Einkünfte aus diesen Zahlungen gehören. Maßgebend ist nur der Abflusszeitpunkt. Einerseits gibt es nach Abs. 7 keine Möglichkeit, vor dem Inkrafttreten des Steuerabzugs geleistete Zahlungen in den Steuerabzug einzubeziehen; dies würde dem Abflussprinzip des § 11 EStG widersprechen. Andererseits ist die Verwaltung nicht darauf beschränkt, nur die Steuer des laufenden und des vorhergehenden Jahres im Steuerabzugsverfahren zu erheben, wie § 37 EStG es vorsieht. Sind bereits Teilzahlungen geleistet worden, kann die Steuer für die Gesamtvergütung von den noch ausstehenden Teilzahlungen abgezogen werden. Ist die Vergütung jedoch bereits vollständig gezahlt worden, ist eine Anordnung des Steuerabzugs nicht mehr möglich, da keine Zahlungen mehr erfolgen, von denen die Steuer abgezogen werden könnte. Die Steuer für eine bestimmte Vergütung kann auch nicht von einer aus einem anderen Vertrag geschuldeten Vergütung abgezogen werden.[7] Wenn Zahlungen geleistet werden, die zu den Einkünften vorangehender (oder zukünftiger) Jahre gehören, ist von ihnen auch der Steuerabzug vorzunehmen.[8]

 
Praxis-Beispiel

Maßgeblicher Zeitpunkt für den Steuerabzug

Die Steuerabzugsanordnung wird wirksam am 1.1.05. Der Steuerabzug ist vorzunehmen von allen Zahlungen, die ab diesem Zeitpunkt geleistet werden, auch wenn sie zu den Einkünften vorangegangener Jahre (01 bis 04) oder künftiger Jahre (06ff.) gehören. Die Steuer auf Zahlungen, die vor dem 1.1.05 geleistet worden sind, darf jedoch, unabhängig davon, zu welchem Vz die Einkünfte gehören, weder dem Grund noch der Höhe nach beim Steuerabzug berücksichtigt werden.

 

Rz. 198

Voraussetzung für die Anordnung des Steuerabzugs ist, dass die Einkünfte, in die die Zahlungen eingehen, der beschr. Steuerpflicht unterliegen. Abs. 7 enthält mit der Anordnung des Steuerabzugs eine Verfahrensvorschrift, die die materielle Steuerpflicht weder erweitert noch einengt. Die Einkünfte müssen also nach § 49 EStG stpfl. sein. Unterliegen die Einkünfte der unbeschränkten Steuerpflicht, greift der Steuerabzug nicht ein. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die unbeschränkte Steuerpflicht auf § 1 Abs. 3 EStG beruht; nach § 1 Abs. 3 S. 6 EStG ist in diesen Fällen der Steuerabzug nach § 50a EStG, und damit auch der nach § 50a Abs. 7 EStG, vorzunehmen (§ 1 EStG Rz. 52). § 1 Abs. 3 S. 6 EStG schließt den Steuerabzug nach § 50a Abs. 7 EStG nicht aus der Verweisung aus.

 

Rz. 199

Ob beschr. Steuerpflicht vorliegt, ist allein nach § 49 EStG zu prüfen, d. h., die Regelungen eines DBA sind außer Betracht zu lassen.[9] Auch wenn ein DB...

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