Rz. 55

Liegen die Voraussetzungen für eine Amtsveranlagung nicht vor, so gewährt § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG dem Stpfl. auf Antrag das Recht auf eine Veranlagung. Ein Interesse des Stpfl. an einer solchen Antragsveranlagung besteht insbesondere dann, wenn

  • die einbehaltene LSt höher ist als die Jahressteuerschuld, z. B. bei Arbeitslohn in schwankender Höhe,
  • erhöhte Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen erst im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht werden,
  • besondere Steuervergünstigungen, Freibeträge oder günstigere Steuersätze im LSt-Ermäßigungs- und auch im LSt-Abzugsverfahren nicht gewährt werden können oder nicht gewährt worden sind,
  • ein Verlustausgleich oder -abzug (nach Rück- oder Vortrag) oder ein negativer Progressionsvorbehalt (§ 32b EStG) zu berücksichtigen und ggf. auch nach § 10d Abs. 4 EStG festzustellen ist,
  • andere Steuern auf die Jahressteuerschuld angerechnet werden sollen oder
  • der Kinderfreibetrag gewährt werden soll (Rz. 47).
 

Rz. 56

Bei der Antragsveranlagung sind ebenso wie bei der Amtsveranlagung alle Einkünfte des Arbeitnehmers zu erfassen. Das gilt auch in dem Fall, in dem der Arbeitnehmer die Veranlagung lediglich zur Anrechnung von LSt auf die ESt beantragt hat. Die Antragsveranlagung kann auch zu einer Steuernachforderung führen. Eine solche Nachforderung kann der Arbeitnehmer nur durch Rücknahme des Antrags (Rz. 70) verhindern.

 

Rz. 56a

Aus der Einbeziehung aller Einkünfte und sonstigen Besteuerungsgrundlagen in die Veranlagung folgt, dass ein Antrag nicht notwendig ist, wenn das FA von Amts wegen eine Veranlagung durchgeführt hat.[1] Die Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist gegenüber der Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG subsidiär. Ist eine Veranlagung von Amts wegen erfolgt, muss der Stpfl. ggf. gegen die Steuerfestsetzung Einspruch einlegen; ein Antrag auf eine (erneute) Veranlagung ist nicht mehr erforderlich, da alle maßgebenden steuerlichen Folgen im Rahmen des bereits eingeleiteten Veranlagungsverfahrens zu ziehen sind. Stellt sich im Laufe des Einspruchsverfahrens dagegen heraus, dass die Voraussetzungen einer Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG nicht vorgelegen haben, ist die Steuerfestsetzung aufzuheben, wenn der Stpfl. keinen Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gestellt hat.

 

Rz. 57

Eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG kann nur erfolgen, wenn der Stpfl. einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Das gilt auch dann, wenn das FA den Stpfl. zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert hat, im betroffenen Vz jedoch keine Amtsveranlagung, sondern nur eine Antragsveranlagung möglich ist. Auf den Antrag kann selbst dann nicht verzichtet werden, wenn ein Teil der Besteuerungsgrundlagen für die Antragsveranlagung (z. B. ein Verlust aus Vermietung und Verpachtung) durch einen Bescheid gesondert festgestellt worden ist; die gesonderte Feststellung ermöglicht zwar die Änderung eines Steuerbescheids nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO, ersetzt aber nicht den Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG.[2] Die Entscheidung darüber, ob vor Ablauf der Festsetzungsfrist ein Antrag i. S. d. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gestellt worden ist, kann vom dafür zuständigen FA nur im Verfahren über die Veranlagung zur ESt getroffen werden. Deshalb kann auch eine Erklärung zu einer einheitlichen und gesonderten Feststellung den durch § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG vorgeschriebenen Antrag nicht ersetzen.[3]

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