5.5.1 Allgemein

 

Rz. 106a

Mit dem Ziel der leichteren Administrierbarkeit der kapitalertragsteuerlichen Vorschriften hat der Gesetzgeber mit Art. 1 Nr. 16 Buchst. b) und Nr. 27 des JStG 2010 v. 8.12.2010[1] Abs. 3a in § 20 EStG bzw. S. 7 in § 43a Abs. 3 EStG eingefügt. Die Neuregelungen betreffen nach § 52a Abs. 1 EStG Kapitalerträge, die dem Gläubiger nach dem 31.12.2008 zufließen. Die Vorschriften sind anzuwenden, wenn dem zum Steuerabzug Verpflichteten ein Fehler bei der Ermittlung der KapESt unterläuft.[2] Die Möglichkeit der Durchführung des "Fehlerstornos" nach dem Anwendungsschreiben zur Abgeltungsteuer hat ausweislich der Gesetzesbegründung neben der Regelung in § 43a Abs. 3 S. 7 EStG weiter Bestand.[3]

 

Rz. 106b

Am Kalenderjahresende tritt bei den auszahlenden Stellen regelmäßig eine Zäsur ein, weil diese die von ihnen verwalteten Verlustverrechnungssalden gem. § 43a Abs. 3 S. 3, 4 EStG ins Folgejahr vorzutragen bzw. zu bescheinigen haben; daneben haben sie auf Verlangen eine Jahressteuerbescheinigung auszustellen, die alle für die Veranlagung nach § 32d EStG erforderlichen Angaben enthält (§ 45a EStG Rz. 54ff.). Es wäre kaum administrierbar, wenn auszahlende Stellen nachträglich bekannt gewordene Änderungen der Bemessungsgrundlage für die KapESt rückwirkend zu berücksichtigen hätten, da die Verlustverrechnungssalden und die bereits erteilten Jahressteuerbescheinigungen in diesen Fällen regelmäßig betroffen wären. Außerdem wären alle späteren Geschäftsvorfälle aufgrund einer rückwirkenden Korrektur erneut abzurechnen.

Um diese aufwendige Rückabwicklung zu vermeiden, bestimmt § 43a Abs. 3 S. 7 EStG, dass Korrekturen lediglich mit Wirkung für die Zukunft zu berücksichtigen sind, das Vorjahr somit von der Fehlerkorrektur unberührt bleibt.[4] "Mit Wirkung für die Zukunft" meint, dass Verhältnisse im Zeitpunkt des Bekanntwerdens des Fehlers maßgeblich sind.[5]

Damit es in solchen Fällen nicht zu einer zwingenden Korrektur im Rahmen der Veranlagung kommt, sichert § 20 Abs. 3a EStG den gewünschten Entlastungseffekt materiell-rechtlich ab. Die Korrekturvorschriften führen somit zu einer Verschiebung des steuerlichen Zuflusszeitpunkts.

[1] BGBl I 2010, 1768.
[2] Erläuternde Beispiele: BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 241, BStBl I 2016, 85.
[3] BT-Drs. 17/2249, 58.
[4] BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 241, BStBl I 2016, 85.
[5] BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 241, BStBl I 2016, 85.

5.5.2 Maßgebliche Beispiele der Finanzverwaltung zur Korrektur nach § 43a Abs. 3 S. 7 EStG

 

Rz. 106c

Die Finanzverwaltung hat sich in dem für die auszahlenden Stellen nach § 44 Abs. 1 S. 3 EStG maßgeblichen Anwendungsschreiben zur Abgeltungsteuer in (Leit-)Beispielen zur Durchführung der Korrektur geäußert.[1]

 
Praxis-Beispiel

Grundfall: Nachträgliche Gutschrift

Dem Anleger wird im Jahr 01 eine Dividende von 100 EUR gutgeschrieben; tatsächlich beträgt die Dividende jedoch 115 EUR. Die auszahlende Stelle bemerkt den Fehler erst im Jahr 02.

Dem Anleger werden im Jahr 02 die noch fehlenden 15 EUR gutgeschrieben.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1 zu § 43a Abs. 3 S. 7 EStG

A erhält eine Ausschüttung einer Kapitalgesellschaft über 100 EUR im Jahr 01, die in voller Höhe als Dividende behandelt wird. Im Jahr 02 erfolgt die Korrektur des Dividendenertrags auf 50 EUR. In Höhe von weiteren 50 EUR lag eine nicht steuerbare Kapitalrückzahlung vor. Insoweit ergibt sich eine Minderung der Anschaffungskosten für die Anteile. Die Aktien sind im Jahr 02 noch im Bestand des Kunden.

Das Kreditinstitut muss einen allgemeinen Verlust in Höhe von 50 EUR im Jahr 02 einbuchen. Außerdem sind die Anschaffungskosten um 50 EUR zu mindern.

Abwandlung: Die Aktien wurden von A im Jahr 01 mit einem Verlust von 20 EUR veräußert.

Das Kreditinstitut muss einen allgemeinen Verlust in Höhe von 50 EUR und einen Aktien-Veräußerungsgewinn von 50 EUR einbuchen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 2 zu § 43a Abs. 3 S. 7 EStG

A hat im Jahr 01 Aktien mit einen Gewinn von 2.000 EUR veräußert. Im Jahr 02 führt die Neuberechnung des Veräußerungsergebnisses aufgrund einer Fehlerkorrektur zu einem Verlust von 500 EUR.

Die Bank muss im Jahr 02 einen allgemeinen Verlust in Höhe von 2.000 EUR und einen Aktienverlust i. H. v. 500 EUR einubuchen.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 3 zu § 43a Abs. 3 S. 7 EStG

A kauft im Jahr 01 Anteile an einem Investmentfonds mit einem Zwischengewinn von 10 EUR. Im Jahr 02 wird der Zwischengewinn auf 5 EUR abgesenkt. Die Anteile befinden sich noch im Depotbestand des A.

Der zu hohe Einkaufszwischengewinn wird durch eine Einbuchung eines laufenden Ertrags von 5 EUR korrigiert.

Abwandlung:

Die Fondsanteile werden im Jahr 02 mit einem Gewinn von 100 EUR veräußert.

Der zu hohe Einkaufszwischengewinn wird durch die Einbuchung eines laufenden Ertrags von 5 EUR korrigiert. Da das Veräußerungsergebnis i. S. d. § 8 Abs. 5 InvStG um 5 EUR zu hoch ist, erfolgt die Korrektur durch Einbuchung eines allgemeinen Verlustes von 5 EUR.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 4 zu § 43a Abs. 3 S. 7 EStG

Wie Beispiel 3. Allerdings wird im Jahr 02 der Zwischengewinn auf 20 EUR erhöht. Die Fondsan...

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