Rz. 792

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind abzugsfähig, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Es ist ausdrücklich auf das Vorhandensein eines anderen Arbeitsplatzes abzustellen und nicht auf die Möglichkeit, einen solchen einzurichten.[1] Der andere Arbeitsplatz muss alle arbeitsrechtlichen Vorgaben einhalten, damit in ihm der regelmäßigen Arbeit nachgegangen werden kann. Wird der andere Arbeitsplatz diesen Anforderungen nicht gerecht, so steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung.

Es ist für einen beschränkten Abzug gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 EStG nicht erforderlich, dass mehr als 50 % der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit in dem Arbeitszimmer absolviert werden, für einen unbeschränkten Abzug gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 Halb. 2 EStG ist der Mittelpunkt jedoch weiterhin essenziell. Es ist aber zwingend, dass die Tätigkeit tatsächlich im häuslichen Arbeitszimmer durchgeführt wird.

 

Rz. 792a

Maßgebend ist, ob ein anderer Arbeitsplatz vorhanden ist, der für alle infrage kommenden Tätigkeiten geeignet ist. Geeignetheit nur für einen Teil der Tätigkeiten reicht nicht aus.[2] Es genügt, dass die im Arbeitszimmer zu erbringende Tätigkeit zu der betrieblichen bzw. beruflichen Tätigkeit gehört und zur ordnungsgemäßen Durchführung dieser Tätigkeit erledigt werden muss. Auf eine "Gewichtigkeit" dieser Tätigkeit im Verhältnis zu den übrigen Teilen der Tätigkeit kommt es nicht an; es kann auch keine "Parallelwertung" zum Umfang von 50 % vorgenommen werden.[3]

 

Rz. 792b

Da es bei dem "Arbeitszimmer" um ein büromäßig ausgestattetes Zimmer geht (Rz. 765), ist ein Arbeitsplatz nur dann "geeignet", wenn er büromäßig ausgestattet ist, es sich also um einen Schreibtischarbeitsplatz handelt. Überhaupt ein Platz zum Arbeiten, der aber nicht büromäßig ausgestattet ist, genügt somit nicht. Bei Lehrern ist daher das Klassenzimmer kein "geeigneter Arbeitsplatz".[4] Für einen Hochschuldozenten ist zur Vorbereitung der Unterrichtsstunden sowie der Klausuren ein Drucker sowie Scanner zwingend erforderlich, weshalb ein Fehlen dieser Geräte zur Qualifizierung des Zimmers als "objektiv nicht geeignet" führt.[5]

 

Rz. 792c

Nach dem Wortlaut des Gesetzes muss nur ein anderer "Arbeitsplatz" vorhanden sein, kein anderes "Arbeitszimmer". Abgeschlossenheit des Arbeitsplatzes i. S. eines eigenen Zimmers ist nicht erforderlich; es genügt ein geeigneter Arbeitsplatz in einem Großraumbüro.[6] Allerdings ist der notwendige Zugang zu diesem Büro erforderlich.[7] Darüber hinaus muss der andere Arbeitsplatz derart beschaffen sein, dass der Stpfl. auf ein weiteres Arbeitszimmer nicht angewiesen ist und die Arbeit in vollem Umfang und der notwendigen Art und Weise im anderen Arbeitszimmer verrichten kann.[8] Ob z. B. die Räumlichkeiten einer Praxis außerhalb der Geschäftszeiten anstelle eines häuslichen Arbeitszimmers für einen Selbstständigen zu nutzen seien, ist nicht abschließend geklärt.[9] M. E. kann in einem solchen Fall auf einen anderen Arbeitsplatz zurückgegriffen werden, solange dieser den Kriterien eines "anderen Arbeitsplatzes" gerecht wird.

 

Rz. 792d

Es kommt nur auf die faktische Nutzungsmöglichkeit an.[10] Der BFH[11] hat entschieden, dass einem Schulleiter das Dienstzimmer nur für die Verwaltungstätigkeit, nicht für die Unterrichtstätigkeit zur Verfügung stünde. M. E. ist diese Entscheidung nicht mehr nachzuvollziehen, da die Schulverwaltung sicherlich nicht gegen eine Nutzung des Dienstzimmers für die Unterrichtsvorbereitung einschreiten würde; dem Schulleiter steht das Dienstzimmer, jedenfalls während der Öffnung des Schulgebäudes, daher tatsächlich für Unterrichtsvorbereitungen zur Verfügung. Für die (weiter nicht begründete) Aussage des BFH, einem Schulleiter sei das Dienstzimmer durch den Dienstherrn nur für die Verwaltungstätigkeit, nicht für die Unterrichtsvorbereitung zur Verfügung gestellt, fehlt jede tatsächliche Grundlage.

 

Rz. 792e

Auffallend ist auch die Wertungsdiskrepanz zu einer weiteren Entscheidung des BFH[12]; danach soll für einen Filialleiter ein Arbeitsplatz in der Schalterhalle ein "anderer Arbeitsplatz" sein, während einem Schulleiter die Arbeit in seinem Büro, in dem auch die Sekretärin arbeitet, nicht zumutbar sein soll.[13]

 

Rz. 793

Ein Büroarbeitsplatz eines Arztes in einer Praxisgemeinschaft ist ein angemessener anderer Arbeitsplatz.[14] Kein angemessener anderer Arbeitsplatz liegt jedoch vor, wenn der vorhandene Arbeitsplatz von mehreren Mitarbeitern genutzt wird.[15]

 

Rz. 794

Entscheidend ist, ob objektiv eine Nutzungsmöglichkeit für einen Arbeitsplatz während der üblichen Bürozeiten besteht[16]; die subjektive Einstellung des Stpfl. (z. B. gegen einen Arbeitsplatz in einem Großraumbüro) ist nicht maßgebend.[17] Daher ist auch nicht maßgebend, ob dem Stpfl. ein eigener Arbeitsplatz zugewiesen ist, wenn er nur überhaupt die Möglichkeit hat, (irgendeinen) Arbeitsplatz zu nutzen. Ein Arbeitsplatz in einem Großraumbüro ohn...

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