Rz. 33

Der Begriff des Sanierungsertrags ist in § 3a Abs. 1 S. 1 EStG definiert. Hierunter fallen Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung nach § 3a Abs. 2 EStG.

 

Rz. 34

Durch das Abstellen auf "Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass" kann abgeleitet werden, dass ein Sanierungsertrag i. S. d. § 3a EStG letztlich auf einen (ertragswirksamen) Vorgang, der die Verbindlichkeiten bzw. die Passivseite der Bilanz des zu sanierenden Unternehmens betrifft, zurückgeführt werden muss.

Maßnahmen im Rahmen einer Sanierung, die zu Erträgen aufgrund ihrer Auswirkungen auf der Aktivseite der Bilanz des zu sanierenden Unternehmen führen (z. B. Aufdeckung von stillen Reserven durch Verwertung von Vermögensgegenständen), fallen nicht darunter.[1]

Hiervon geht auch der Gesetzgeber aus, da er einen Sanierungsertrag umschreibt als betrieblich veranlasste Erhöhung des Betriebsvermögens, die dadurch entsteht, dass Schulden zum Zwecke der Sanierung durch die vorhandenen Gläubiger (Gläubigerakkord) ganz oder teilweise erlassen werden.[2]

Letzteres zeigt dies auch in Übereinstimmung mit § 3a Abs. 2 EStG, dass nur betrieblich begründete Schuldenerlasse begünstigt sein sollen.[3]

Betriebsvermögensmehrungen, die durch ein Gesellschafterverhältnis veranlasst sind, sollen nicht von § 3a EStG erfasst werden.[4] In Fällen, in denen der Gläubiger zugleich auch Anteilseigner oder eine ihm nahestehende Personen ist, muss daher auf diesen Aspekt unter Umständen besonders geachtet und ggf. eine Nachweisfürsorge mit Fremdvergleichsanforderungen getroffen werden.[5] Im Fall des Gläubigerakkords sollte die erforderliche Sanierungsabsicht und die betriebliche Veranlassung des Schuldenerlasses regelmäßig gegeben sein.[6] Dies kann ggf. auch bei einem Bündel unterschiedlicher Maßnahmen der Fall sein.[7]

Inwieweit durch einen Schuldenerlass, der durch einen Gesellschafter des Schuldners bewirkt wird, überhaupt Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen beim Schuldner entstehen, muss im jeweiligen Einzelfall geprüft werden. Handelt es sich bei dem Schuldner um eine Kapitalgesellschaft, ist z. B. die Werthaltigkeit der Gläubigerforderung von Bedeutung und ggf. müssen auch die Bestimmungen in § 8 Abs. 3 S. 4ff. KStG beachtet werden. Ist der Schuldner eine Mitunternehmerschaft i. S. d. § 15 EStG, sollte regelmäßig § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG auf einen Forderungsverzicht anzuwenden sein.[8]

 

Rz. 35

Nach der Intention des Gesetzgebers sollen insbesondere folgende Maßnahmen unter das Tatbestandsmerkmal des Schuldenerlasses zu fassen sein:

Gerade die letztgenannte Maßnahme zeigt, dass der Gesetzgeber den Begriff des Schuldenerlasses nicht streng zivilrechtlich verstanden wissen will, da der Forderungsverzicht im Insolvenzplanverfahren nicht untergeht, sondern nur die Nichterzwingbarkeit bzw. Nichtdurchsetzbarkeit der Forderung die Folge ist.[10]

Hierdurch wird jedenfalls bewirkt, dass der Schuldner wirtschaftlich entlastet, die entsprechende Verbindlichkeit für bilanzielle Zwecke wegfällt, was zu einem Ertrag führt. Diese Aspekte sollten daher für die Begrifflichkeit des "Schuldenerlasses" entscheidend sein.[11]

Entsprechend sollten z. B. die folgenden Maßnahmen unter die Begrifflichkeit subsumiert werden können:

  • Schuldenerlass gegen Besserungsschein bzw. Besserungsabrede[12] – was sich u. a. aus einem Umkehrschluss aus § 3c Abs. 4 S. 3 EStG ableiten lässt.
  • Erlass zukünftiger Verbindlichkeiten, wenn hierfür Rückstellen gebildet und diese sanierungsbedingt ganz oder in Teilen aufgelöst werden müssen.[13]
  • "Debt-Buy-Back" bzw. Schuldenrückkauf[14]: Dadurch, dass der Schuldner dem Gläubiger seine Forderung unterhalb des Nennwerts abkauft, entsteht ein Konfusionsgewinn in Höhe der Differenz zwischen Kaufpreis und dem passivierten Wert der Verbindlichkeit beim Schuldner; auch wenn im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die Einbeziehung von Konfusionsgewinnen mitunter kritisch gewürdigt worden ist[15], ist vorliegend zu berücksichtigen, dass dem Verkauf unterhalb des Forderungsnennwerts letztlich ein implizierter Gläubigerverzicht zugrunde liegt.[16]
  • Daneben sollte auch ein sog. "Debt-Equity-Swap" als Schuldenerlass i. S. d. § 3a EStG anzusehen sein.[17] Vereinfacht dargestellt, wird im Rahmen eines sog. "Debt-Equity-Swap "die Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner in eine Beteiligung des Gläubigers am Schuldner umgewandelt: "Technisch" bringt der Gläubiger die Forderung entweder in das Schuldnerunternehmen ein, was zu ihrem Untergang durch Konfusion führt, oder verzichtet bzw. erlässt die Forderung. Soweit die erlassene oder eingebrachte Forderung des Gläubigers für steuerbilanzielle Zwecke mangels Werthaltigkeit nicht in...

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