14.1 Allgemeines

 

Rz. 82

Voraussetzung für die Verwirklichung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis im Erhebungsverfahren ist nach § 218 Abs. 1 AO die Festsetzung der ESt durch Steuerbescheid, die im Rahmen des Festsetzungsverfahrens erfolgt.

§ 36 Abs. 4 EStG regelt, wie die nach der Abrechnung verbleibende ESt durch Abschlusszahlung durch den Stpfl. zu tilgen bzw. ein sich aus der Abrechnung ergebender Überschuss durch das FA zu erstatten ist.

14.2 Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen (§ 233a AO)

 

Rz. 83

Nach § 233a AO ist der Unterschiedsbetrag, der sich bei der Festsetzung der ESt als Steuernachforderung (Mehrsoll) bzw. als Steuererstattung (Mindersoll) ergibt, mit 0,5 % für jeden vollen Monat zu verzinsen. Eine Aussetzung der Vollziehung wegen verfassungsrechtlicher Zweifel am Zinssatz von 6 % nach § 238 AO kommt wegen des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltsführung nicht in Betracht.[1]

Der Zinslauf beginnt im Regelfall nach einer Karenzzeit von 15 Monaten (bzw. wenn die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft überwiegen – von 21 Monaten) nach Ablauf des Kj., in dem die Steuer entstanden ist. Er endet am Tag der Bekanntmachung des Steuerbescheids (§ 124 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 122 Abs. 2 AO).[2]

Soweit die Steuerfestsetzung aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO oder aufgrund eines Verlustabzugs nach § 10d Abs. 1 EStG erfolgt, beginnt der Zinslauf dagegen erst nach Ablauf des Kj., in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten oder der Verlust entstanden ist (§ 233a Abs. 2a AO).[3]

 
Hinweis

Höhe des Nachzahlungszinssatzes ist verfassungswidrig

§ 233a i. V. m. § 238 Abs. 1 S. AO ist lt. BVerfG mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2014 ein Zinssatz von 0,5 % für jeden Monat zugrunde gelegt wird. Das bisherige Recht ist bis einschließlich 2018 weiter anwendbar. Der Gesetzgeber muss bis zum 31.7.2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung ab Vz 2019 treffen.[4]

[1] FG Köln v. 29.1.2018, 15 V 3279/17; s. aber auch FG Münster v. 17.8.2017, 10 K 2472/16, EFG 2017, 1638, BFH v. 19.11.2018, III R 25/17: Ruhen des Verfahrens; das Verfahren erhält nach Fortführung/Wiederaufnahme ein neues Aktenzeichen.
[2] Für Vz 2019 und Vz. 2020 gelten Sonderregelungen aufgrund der Corona-Pandemie gem. Art. 97 § 36 Abs. 2 und 3 EGAO.
[4] BVerfG v. 8.7.2021, 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17; Baum, NWB 2021, 2580; Hiller, NWB 2021, 2561; Stahlschmidt, StB 2021, Heft 9, Umschlagteil, I; BMF v. 17.9.2021, IV A 3 – S 0338/19/10004:005: Vorläufige Festsetzung (§ 165 Abs. 1 S, 2 Nr. 2 AO) und Aussetzung der Festsetzung von Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 (§ 165 Abs. 1 S. 4 i. V. m. S. 2 Nr. 2 AO); Aussetzung der Vollziehung und Ruhen von Rechtsbehelfsverfahren.

14.3 Abschlusszahlung (Satz 1)

 

Rz. 84

Führt die Abrechnung im Abrechnungsteil des Steuerbescheids (die Abrechnung gehört bereits zum Erhebungsverfahren) dazu, dass der Stpfl. eine Abschlusszahlung zu leisten hat, erlässt das FA ein Leistungsgebot (§ 254 AO).

 

Rz. 85

Ergibt die Abrechnung der ESt einen Überschuss zuungunsten des Stpfl., d. h., hat der Stpfl. eine Abschlusszahlung zu leisten, dann ist diese Abschlusszahlung innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Steuerbescheids zu entrichten.

 

Rz. 86

Wird die Abschlusszahlung nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstags entrichtet, so ist nach § 240 Abs. 1 AO für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 % des rückständigen, auf volle 50 EUR nach unten abgerundeten Steuerbetrags zu entrichten. Bei einer Säumnis bis zu  3 Tagen (sog. Schonfrist) wird ein Säumniszuschlag allerdings nicht erhoben. Für Scheckzahlungen wird eine Schonfrist nicht gewährt (§ 240 Abs. 3 AO).

Der Säumniszuschlag entsteht kraft Gesetzes nach fruchtlosem Ablauf des Fälligkeitstags allein durch Zeitablauf, ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Stpfl. (vgl. AEAO zu § 240 AO, Tz. 5).

14.4 Kleinbetragsregelung für das Erhebungsverfahren

 

Rz. 87

Bei der Erhebung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis, d. h. auch für die Abschlusszahlung bei der Einkommensteuer, gilt eine Kleinbetragsregelung (wegen Einzelheiten vgl. Art. 26 StEugIG v. 19.12.2000, BStBl I 2001, 3, 18 und BMF v. 22.3.2001, IV A 4 – S 0512 – 2/01, BStBl I 2001, 242.

14.5 Auszahlung eines Überschusses (Satz 2)

14.5.1 Allgemeines

 

Rz. 88

Ergibt die Abrechnung der ESt einen Überschuss zugunsten des Stpfl., wird dieser dem Stpfl. nach Bekanntgabe des Steuerbescheids ausgezahlt. Die Auszahlung erfolgt von Amts wegen.

In der Vorschrift wird der Begriff "Auszahlung" verwendet. Das schließt aber die Aufrechnung, Gutschrift oder Verrechnung des überzahlten Betrags nicht aus.

 

Rz. 89

Nach § 224 Abs. 3 AO sind Zahlungen der Finanzbehörden grundsätzlich unbar zu leisten. Hat der Zahlungsempfänger kein Bank- oder Postscheckkonto, wird ihm der Erstattungsbetrag über eine Zahlungsanweisung durch den Geldzusteller der Deutsche Post AG zugestellt.

Im Regelfall trägt die Finanzbehörde bei Giroüberweisung die Verlustgefahr.[1] Erst mit der Gutschrift ...

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