Rz. 87

Ziel des § 35 EStG ist es, eine weitgehende Entlastung von der GewSt zu erreichen. Hieraus folgt, dass die Frage der (Nicht)Abzugsfähigkeit dieser Steuer als Betriebsausgabe große Bedeutung hat. Folglich ist zeitlich danach zu differenzieren, ob ein solcher Abzug zulässig war. Hinzu kommen weitere Auswirkungen infolge des ­Unternehmenssteuerreformgesetzes 2008[1].

 

Rz. 88

Die Verhältnismäßigkeitsrechnung nimmt eine Begrenzung der Anrechnung auf die Einkommensteuer vor, die auf die gewerblichen Einkünfte entfällt. Dies geschieht grundsätzlich dadurch, dass die zu zahlende ESt mit dem Anteil der gewerblichen Einkünfte multipliziert wird. Dieser ergibt sich grds. aus dem Verhältnis der begünstigten gewerblichen Einkünfte zur Summe der Einkünfte. Der Gesetzgeber verfolgt hiermit das Ziel, eine Entlastung der Einkünfte nicht zu gewähren, wenn diese nicht tatsächlich sowohl mit GewSt als auch mit ESt doppelt besteuert werden. Die Gesetzesbegründung stellt darauf ab, dass eine Ermäßigung vorzunehmen ist, ohne dass die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte mit GewSt belastet wären[2]. Zugleich sollte damit vermieden werden, dass bei einer niedrigen, auf die gewerblichen Einkünfte entfallenden anteiligen ESt-Schuld eine auf gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen beruhende höhere GewSt-Schuld nicht mit der gesamten ESt-Schuld verrechnet werden könne[3].

 

Rz. 89

Bei beschränkt Stpfl. sind gewerbliche Einkünfte nur solche, für die die Bundesrepublik Deutschland tatsächlich ein Besteuerungsrecht hat. Steht diesem etwa ein DBA entgegen, obwohl nach nationalem Recht ein solches bestünde, darf Deutschland insoweit keine Besteuerung vornehmen, sodass eine Anrechnung ausscheidet. Dies gilt unabhängig davon, ob das DBA auch für die GewSt gilt. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, läge keine inländische Doppelbesteuerung vor. Hindert das DBA eine Besteuerung mit der deutschen GewSt nicht, läge gleichwohl keine inländische Doppelbelastung vor.

 

Beispiel: Ausländischer Einzelunternehmer mit Warenlager in Deutschland

Eine natürliche Person P, die im Ausland als Einzelunternehmer tätig ist, unterhält in Deutschland ein Warenlager. Dies begründet nach § 12 S. 2 Nr. 5 EStG eine Betriebsstätte im Inland, die nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) i. V. m. § 1 Abs. 4 EStG zur beschränkten ESt-Stpfl. des P in Deutschland führt. Das DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat des P entspricht inhaltlich dem Art. 5 OECD-MA. Danach gelten Lager als eine reine Hilfstätigkeit, die keine abkommensrechtliche Betriebsstätte begründen. Folglich stehen die Vorgaben des DBA einer deutschen Besteuerung entgegen. Zu prüfen ist, für welche Steuern das Abkommen diese Schrankenwirkung entfaltet.

 

Rz. 90

Da eine Anwendung des § 35 EStG grundsätzlich auch auf beschränkt Stpfl. erfolgen kann, stellt sich die Frage, wie das z. v. E. zu bestimmen ist. Denkbar wäre hier, auf die weltweiten Einkünfte des Stpfl. abzustellen. Dies wäre jedoch sowohl vor dem Hintergrund der Prinzipien zum Internationalen Steuerrecht als auch aufgrund des Sinn und Zwecks des § 35 EStG nicht sachgerecht. Bei beschränkt Stpfl. unterliegen die inländischen Einkünfte i. S. v. § 49 EStG der beschränkten Steuerpflicht. Insoweit können auch nur diese im Rahmen der Formel berücksichtigt werden, weil nur insoweit ein deutsches Besteuerungsrecht besteht. Da mit § 35 EStG der Zweck verfolgt wird, die Doppelbelastung mit ESt und GewSt – mehr oder weniger vollständig – zu beseitigen, würde ein Ansatz des Welteinkommens zu einer systematischen Beschränkung der Anrechnungsmöglichkeit führen, weil regelmäßig nur ein kleiner Teil des dem Stpfl. zugewiesenen Entlastungsbetrags berücksichtigt werden könnte. Zugleich würde damit den Beschränkungen, die sich aus möglichen Doppelbesteuerungsabkommen ergeben, nicht ausreichend Rechnung getragen.

[1] UntStRefG 2008 v. 14.8.2007, BGBl I 2007,1912.
[2] BT-Drs. 14/3366, 119.
[3] BT-Drs. 14/3366, 113, 119.

4.3.1 Regelung für Vz 2001 bis 2007

 

Rz. 91

Streitig ist, wie die anteilige ESt zu bestimmen ist. Der Gesetzeswortlaut spricht von der "anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte" entfallende Steuer. Die Finanzverwaltung[1] stellt auf das Verhältnis der gewerblichen Einkünfte zur Summe der Einkünfte ab. Dabei sollen in Verlustfällen die Regelungen des § 2 Abs. 3 EStG a. F. analog anzuwenden sein. Im Schrifttum wird teilweise statt der tariflichen ESt auf die um Steuerermäßigungen geminderte tarifliche ESt abgestellt[2] oder das Verhältnis der gewerblichen Einkünfte zur Summe der Einkünfte herangezogen[3]. M. E. ist dem nicht zu folgen, sondern auf den Gesetzeswortlaut abzustellen. Die sog. anteilige Steuer ergibt sich danach nach folgender Formel[4]:

 
Anteilige Steuer = enthaltene gewerbliche Einkünfte × tarifliche Steuer
zu versteuerndes Einkommen

Hierbei ist zu beachten, dass die gewerblichen Einkünfte nicht steuerfrei sein dürfen und durch einen evtl. Verlustausgleich oder -abzug verringert wurden. Liegen Verluste vor, die unter die Mindestbes...

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