Rz. 16

Steuerlich ist der der Betriebsstätte zuzurechnende Gewinn, von dem durch die Tätigkeit des Stammhauses erzielten Gewinn abzugrenzen.

Diese Gewinnabgrenzung hat ihre wesentliche Bedeutung bei Bestehen eines DBA, da dann der der Betriebsstätte zuzuordnende Gewinn, regelmäßig nur im Betriebsstättenstaat besteuert werden kann, während er im Staat des Stammhauses (Ansässigkeitsstaat) regelmäßig von der Besteuerung freigestellt wird.

Aber auch bei Fehlen eines DBA ist die Gewinnabgrenzung von Bedeutung. Zwar wird dann der Gewinn der Betriebsstätte im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses aufgrund des Welteinkommensprinzips in die Besteuerung einbezogen, sodass insoweit für den Ansässigkeitsstaat des Stammhauses eine Gewinnabgrenzung überflüssig wird. Diese ist jedoch erforderlich für die Besteuerung des Gewinns der Betriebsstätte im Betriebsstättenstaat. Außerdem wird der Ansässigkeitsstaat des Stammhauses die im Betriebsstättenstaat gezahlte Steuer regelmäßig anrechnen, wobei die Anrechnung auf die Steuer begrenzt ist, die im Ansässigkeitsstaat auf den Gewinn der Betriebsstätte entfällt. Um die Höhe der anzurechnenden Steuer festzustellen, muss daher auch der Ansässigkeitsstaat des Stammhauses den auf die Betriebsstätte entfallenden Gewinn abgrenzen.

 

Rz. 17

Die Gewinnabgrenzung hat zu berücksichtigen, dass Stammhaus und Betriebsstätte keine unterschiedlichen Rechtssubjekte sind und daher vertraglich zwischen ihnen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben nicht entstehen können. Grundsätzlich kann es daher keine Gewinn- oder Verlustrealisierung im Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte (oder zwischen zwei Betriebsstätten des gleichen Stammhauses) geben. Stattdessen erfolgt eine verursachungsgerechte Zuordnung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, die im Verhältnis zu Dritten entstanden sind. Im Ergebnis wird in einem ersten Schritt ein Gewinn der Gesamteinheit, d. h. des Stammhauses und der Betriebsstätte, ermittelt (d. h. das erste der genannten Prinzipien angewandt), und dann in einem zweiten Schritt der Gewinn auf Stammhaus und Betriebsstätte nach dem arm’s-length-Prinzip (nach Art. 7 Abs. 2 OECD-MA) verteilt. Diese Aufteilung erfolgt nach der wirtschaftlichen Funktion, die das Stammhaus bzw. die Betriebsstätte erfüllt. Unbeachtlich ist dagegen, ob die Betriebseinnahmen oder Betriebsausgaben in dem Ansässigkeitsstaat des Stammhauses oder in dem Staat der Betriebsstätte anfallen[1].

Dieses bisherige Verständnis dürfte durch § 4 Abs. 1 S. 3 und 7 EStG in den dort geregelten Fällen aufgebrochen worden sein, indem man die Rechtsbeziehungen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte stets unter dem Gesichtspunkt der Entnahme und Einlage zu beurteilen hat (Rz. 22ff.).

Der Gesetzgeber hat in § 1 Abs. 5 AStG[2] eine ausdrückliche Regelung für das Verhältnis zwischen Stammhaus und Betriebsstätte geschaffen, in dem auch in diesem Verhältnis Geschäftsbeziehungen bestehen können, die dem Fremdvergleichsgrundsatz genügen müssen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich damit den Ansätzen der OECD angeschlossen. § 1 Abs. 6 AStG i. d. F. des AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013[3] enthält die Ermächtigung des BMF zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes, die sich über die bisherige Ermächtigung in § 1 Abs. 3 S. 13 AStG hinaus auch auf die Einkünfteaufteilung bzw. Einkünfteermittlung in grenzüberschreitenden Betriebsstättenfällen erstreckt.

Am 17.10.2014 wurde die "Betriebsstättengewinnaufteilungsverordnung" (BsGaV) v. 13.10.2015 veröffentlicht.[4] Die Unternehmen müssen für jede Betriebsstätte eine sog. Hilfs- und Nebenrechnung anlegen, mit der personeller Aufwand, Ressourcen und Leistungserbringung der Betriebsstätte gesondert erfasst werden.

Dementsprechend wird in § 1 BsGaV formuliert, dass die Betriebsstätte steuerlich wie ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen zu behandeln ist, wenn es darum geht, die Einkünfte zuzurechnen. Hierzu muss im ersten Schritt eine Funktions- und Risikoanalyse der Geschäftstätigkeiten durchgeführt sowie in einem zweiten Schritt im Rahmen einer Vergleichbarkeitsanalyse der Geschäftstätigkeiten der jeweilige Verrechnungspreis bestimmt werden. Ausschlaggebendes Kriterium ist eine sog. Personalfunktion, die durch eine Geschäftstätigkeit gekennzeichnet ist, die von eigenem Personal des Unternehmers für das Unternehmen ausgeführt wird (§ 2 Abs. 3 BsGaV); damit wird weiterhin auf die "people function" abgestellt, obwohl vor dem Hintergrund von Server-Aktivitäten und dem Internet-Business dies infrage gestellt wurde. Ausgeklammert aus der Personalfunktion werden nach § 2 Abs. 4 BsGaV Tätigkeiten von untergeordneter Bedeutung, die nur unterstützenden Charakter haben (z. B. die rein administrative Verbuchung in Buchungs- und Verwaltungssystemen), oder solche, die ausschließlich die allgemeine Geschäftspolitik des Unternehmens betreffen (z. B. Entscheidung eines Vorstands, soweit das Geschäft ein vorher bestimmtes Volumen überschreitet). Ausgehend von den Personalfun...

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