Rz. 6

Aufgrund der gesetzlichen Anordnung in § 33 Abs. 2 EStG scheidet eine Berücksichtigung von Aufwendungen aus, sofern diese als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben abgezogen werden können. Ein Abzug als außergewöhnliche Belastung erfolgt auch dann nicht, sofern Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht abzugsfähig sind (z. B. aufgrund eines Abzugsverbots nach § 4 Abs. 5 oder § 3c EStG). Allerdings können Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und Schulgeldzahlungen i. S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, soweit diese nicht vom Sonderausgabenabzug erfasst werden und die Voraussetzungen des § 33 EStG erfüllen. Ferner ist der Abzug von Kosten ausgeschlossen, für die das Kindergeld gezahlt wird. Derartige Aufwendungen sind bereits mit Auszahlung des Kindergelds abgegolten.[1]

Während der Abzug von Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung nur in Ausnahmefällen eine außergewöhnliche Belastung darstellen dürfte, hängt die Qualifizierung von Aufwendungen für den Schulbesuch eines Kindes regelmäßig davon ab, ob es sich um krankheitsbedingte Kosten handelt. Eine Erfassung im Rahmen der Sonderausgaben scheidet typischerweise dann aus, soweit die in § 10 EStG genannten Abzugsgrenzen überschritten werden.

 

Rz. 7

Explizit ausgenommen sind ferner Aufwendungen für Diätverpflegung (Rz. 92).

 

Rz. 8

Ebenso wurde der Abzug von Aufwendungen für Prozesskosten stark eingeschränkt (Rz. 106). Die Regelung wurde als Reaktion auf die geänderte Rspr. des BFH[2] durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz[3] eingeführt. Im ursprünglichen Gesetzesentwurf war die Regelung nicht enthalten[4]; diese wurde erst im Rahmen der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses hinzugefügt.[5] Für Zwecke der Auslegung ist deshalb keine Gesetzesbegründung vorhanden. Eine ähnliche Regelung war zwar schon in der Stellungnahme des Bundesrates zu dem – in dieser Form nicht realisierten – JStG 2013 enthalten[6]; gegen die Verwendung der für diese Vorschrift ergangenen Gesetzesbegründung spricht jedoch zum einen, dass der tatsächlich realisierte Wortlaut von dem Vorschlag des Bundesrates in der Gegenäußerung abweicht. Zum anderen verweist die Begründung pauschal darauf, dass ein Abzug von Zivilprozesskosten nicht den sonst bei außergewöhnlichen Belastungen geltenden Grundsätzen der Zwangsläufigkeit und Außergewöhnlichkeit entsprechen würde. Dies steht der Urteilsbegründung des BFH jedoch gerade diametral entgegen.[7] Die bloße Behauptung, Zivilprozesskosten würden keine außergewöhnliche Belastung darstellen, ohne auf die in der Urteilsbegründung aufgeworfenen Argumente des erkennenden Senats einzugehen, ist zur Auslegung der Norm indes wenig hilfreich. Die Zwangsläufigkeit der Kosten ist aus tatsächlichen Gründen gegeben, da eine Durchsetzung berechtigter Ansprüche im Rechtsstaat aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols nur durch die Beschreitung des Rechtswegs möglich ist.[8] Für die Außergewöhnlichkeit der Kosten hat der BFH zudem den Grundsatz aufgestellt, dass eine Prozessführung nicht mutwillig oder leichtfertig erfolgt. Dies ist jedenfalls dann erfüllt, wenn ein Obsiegen im Prozess nicht aussichtslos erscheint und andere zumutbare Maßnahmen ausgeschöpft worden sind.

 

Rz. 8a

Nach der Neuregelung können Zivilprozesskosten nur dann als außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden, wenn der Stpfl. ohne Vornahme des Prozesses "Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können." Der Gesetzgeber wollte erkennbar die Rechtslage vor Änderung der Rspr. des BFH wiederherstellen und hat den Wortlaut aus älteren Urteilen hierzu entnommen.[9]

Der Begriff der Prozesskosten ist weit auszulegen und umfasst nicht nur gerichtliche, sondern auch außergerichtliche Verfahren der Mediation und Schlichtung, sofern diese als Ersatz für gerichtliche Verfahren heranzuziehen sind.[10]

In Bezug auf die Gefahr des Stpfl., seine Existenzgrundlage zu verlieren, ist auf das für den Prozess ursächliche Ereignis abzustellen und nicht auf die Erfolgsaussichten des Prozesses selbst.[11] Dieses Ereignis muss

  • einen existenziellen Bereich des Stpfl. betreffen (z. B. die Wohnsituation)[12],
  • vom Stpfl. unverschuldet eingetreten sein und
  • es dürfen keine Ersatzansprüche gegenüber Dritten vorhanden sein.[13]

Sofern Ersatzansprüche gegenüber Dritten vorhanden sind, diese jedoch nur durch ein Gerichtsverfahren geltend gemacht werden können, sollten die Kosten entsprechend als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein.

M. E. ist insbesondere auf die Zwangsläufigkeit des Prozesses abzustellen, wobei die "freiwillige Begründung" des Ereignisses, das ursächlich für den Prozess ist, nicht überwertet werden darf. Es ist zwar richtig, dass schuldrechtliche Verträge vom Stpfl. freiwillig abgeschlossen werden; eine Klage wird m. E. jedoch in den seltensten Fällen "freiwillig" bzw. nicht ohne eine besondere Zwangs...

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