Rz. 64

§ 32d Abs. 2 Nr. 4 Halbs. 1 EStG bestimmt, dass für Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 9 EStG nicht der proportionale Sondertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG, sondern der progressive Normaltarif i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG zur Anwendung kommt, soweit sie das Einkommen der leistenden Körperschaft gemindert haben. Dies gilt nach § 32d Abs. 2 Nr. 4 Halbs. 2 EStG nicht, soweit eine vGA das Einkommen einer dem Stpfl. nahestehenden Person erhöht hat und § 32a KStG auf die Veranlagung dieser nahestehenden Person keine Anwendung findet. § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG soll im Sinn einer materiell-rechtlichen Korrespondenz sicherstellen, dass der proportionale Sondertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG für Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 9 EStG nur Anwendung findet, soweit diese das Einkommen der ausschüttenden Körperschaft nicht gemindert haben. Anderenfalls soll es bei der Anwendung des progressiven Normaltarifs i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG bleiben.[1] Das Abzugsverbot für Werbungskosten i. S. d. § 20 Abs. 9 EStG und das Verlustverrechnungsverbot i. S. d. § 20 Abs. 6 EStG werden durch § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG nicht berührt. Der Sparer-Pauschbetrag i. H. v. 1.000 EUR kann abgezogen werden. Die Anrechnung ausl. Quellensteuern richtet sich in den Fällen des § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG abweichend von § 32d Abs. 5 EStG nach § 34c EStG.

 

Rz. 65

§ 32d Abs. 2 Nr. 4 Halbs. 1 EStG gilt nur für Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 u. 9 EStG. Erfasst sind alle Arten von Einnahmen, die unter diese Tatbestände fallen. Die zunächst vorgesehene Beschränkung auf vGA wurde nicht beibehalten. Voraussetzung für die Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG ist, dass die Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 9 EStG das Einkommen der leistenden Körperschaft entgegen § 8 Abs. 3 S. 1 u. 2 KStG gemindert haben. Ist dies der Fall, sind die Kapitalerträge nicht mit KSt vorbelastet und es findet nach § 32d Abs. 2 Nr. 4 Halbs. 1 EStG der progressive Normaltarif i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG Anwendung. Haben die Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 9 EStG das Einkommen der Körperschaft dagegen nicht gemindert, sodass eine Vorbelastung mit KSt besteht, kommt der proportionale Sondertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG zur Anwendung. Durch § 32d Abs. 2 Nr. 4 Halbs. 1 EStG wird damit gewährleistet, dass der proportionale Sondertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG für Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 9 EStG nur Anwendung findet, soweit diese das Einkommen der ausschüttenden Körperschaft nicht gemindert haben. Anderenfalls bleibt es bei der Anwendung des progressiven Normaltarifs i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG.

Vergleichbare Regelungen finden sich für das Teileinkünfteverfahren in § 3 Nr. 40 Buchst. d) S. 2 EStG und für das Beteiligungsprivileg in § 8b Abs. 1 S. 2 KStG. Keine Anwendung findet § 32d Abs. 2 Nr. 4 Halbs. 1 EStG nach § 32d Abs. 2 Nr. 4 Halbs. 2 EStG, soweit eine vGA das Einkommen einer dem Stpfl. nahestehenden Person erhöht hat und § 32a KStG auf die Veranlagung dieser nahestehenden Person keine Anwendung findet. In diesem Fall wird die fehlende Vorbelastung mit KSt bereits durch eine nicht nach § 32a KStG korrigierbare Einkommenserhöhung bei der nahestehenden Person berücksichtigt, sodass eine zusätzliche Belastung des Stpfl. nicht gerechtfertigt ist.[2] Für den Begriff des Nahestehens i. S. d. § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG gelten die zu § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a) EStG entwickelten Grundsätze entsprechend, s. dazu die Ausführungen unter Rz. 34ff.

 

Ausschüttungen von Körperschaften[3]

Sachverhalt:

Anleger A ist an der X-AG beteiligt. Am 1.1.2015 überlässt die X-AG dem A mit Rücksicht auf seine Gesellschafterstellung ein Gemälde, das sich bisher im Eigentum der Gesellschaft befunden hat. Eine Gegenleistung hat A hierfür nicht zu entrichten. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte für das Gemälde eine angemessene Gegenleistung gefordert. Der Wert des Gemäldes beträgt 10.000 EUR.

Lösung:

Der Vorgang führt bei A zu einer vGA i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Falls die vGA das Einkommen der X-AG nicht gemindert hat, hat A den Wert des Gemäldes nach § 32d Abs. 1 EStG mit dem proportionalen Sondertarif i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG zu versteuern. Anderenfalls unterliegt der Wert des Gemäldes bei A nach § 32d Abs. 2 Nr. 4 EStG dem progressiven Normaltarif i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG.

Rz. 66 einstweilen frei

[1] BT-Drs. 17/2249, 55.
[2] Werth, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 32d EStG Rz. 96.
[3] Nach Jachmann/Strohm, Abgeltungsteuer, 2011, 153.

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