Rz. 40a

Die Tatsache, dass die Kapitalerträge von einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zumindest zu 10 % an der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft beteiligt ist, genügt nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) EStG noch nicht für einen Ausschluss des proportionalen Sondertarifs i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG. Erforderlich ist darüber hinaus aufgrund einer entsprechenden Änderung im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2020 v. 21.12.2020[1], dass die den Kapitalerträgen entsprechenden Aufwendungen beim Schuldner Betriebsausgaben oder Werbungskosten im Zusammenhang mit Einkünften sind, die der inländischen Besteuerung unterliegen und § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 2 EStG keine Anwendung findet. Dieses einschränkende Erfordernis ist sachgerecht, da eine Verlagerung von Einkünften aus den hoch besteuerten anderen Einkunftsarten in die niedrig besteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG nur möglich ist, wenn die Kapitalerträge beim Schuldner als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sind. Verwendet der Schuldner das überlassene Kapitalvermögen außerhalb des steuerbaren Bereichs, etwa für die Errichtung eines selbstgenutzten privaten Eigenheims, scheidet eine Einkünfteverlagerung aus, sodass ein Ausschluss des proportionalen Sondertarifs i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG nicht gerechtfertigt ist. Entsprechendes gilt, wenn die vom Schuldner erzielten Einkünfte im Inland keiner Besteuerung unterliegen, da es auch in diesem Fall zu keiner Verminderung deutschen Steuersubstrats kommt. Auch die Bezugnahme auf das Abzugsverbot für Werbungskosten i. S. d. § 20 Abs. 9 S. 1 Halbs. 2 EStG ist vor diesem Hintergrund zu sehen. Der Verweis betrifft Konstellationen, in denen der Schuldner mithilfe des überlassenen Kapitalvermögens seinerseits Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 EStG erzielt. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) EStG findet in diesem Fall nur dann Anwendung, wenn der Schuldner die Kapitalerträge ausnahmsweise als Werbungskosten abziehen kann. Dies ist nur in den Fällen des § 32d Abs. 2 Nr. 1 u. 3 EStG möglich. Bei laufenden Kapitalerträgen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7 EStG wird der geforderte Nachweis von Betriebsausgaben oder Werbungskosten beim Schuldner der Kapitalerträge in der Regel keine Probleme aufwerfen. Im Fall von Veräußerungsgewinnen bzw. -verlusten i. S. d. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und 7 EStG kann ein entsprechender Nachweis dagegen mit Schwierigkeiten verbunden sein. Gelingt der Nachweis nicht, bleibt es bei der Anwendung des proportionalen Sondertarifs i. S. d. § 32d Abs. 1 EStG.[2]

 

Rz. 41

Gesellschafter-Fremdfinanzierung

 

Gesellschafter-Fremdfinanzierung[3]

Sachverhalt:

Anleger A ist zu 10 % an der X-AG beteiligt. Am 1.1.2015 gewährt A der X-AG aufgrund eines dringenden Finanzbedarfs ein Darlehen i. H. v. 500.000 EUR, das mit 2 % laufend verzinst wird und eine Laufzeit bis zum 1.1.2020 hat. Der Darlehensvertrag hält dem Fremdvergleich stand. Am 1.1.2020 wird das Darlehen zurückgezahlt. A erhält einen Betrag i. H. v. 500.000 EUR ausbezahlt, was von Anfang an vereinbart war.

Lösung:

Die laufenden Zinsen führen bei A zu Einkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Die X-AG kann die Zinsen als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb i. S. d. § 8 Abs. 2 KStG i. V. m. § 15 EStG abziehen. Da A zu mindestens 10 % an der X-AG beteiligt ist, findet auf die Zinsen nach § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) EStG der progressive Normaltarif i. S. d. § 32a Abs. 1 EStG i. H. v. bis zu 45 % Anwendung.

Rz. 42 einstweilen frei

[1] BGBl I 2020, 3096; zur zeitlichen Anwendung s. § 52 Abs. 33b EStG i. d. F. d. JStG 2020 v. 21.12.2020; zur Rechtslage vor der Änderung s. BFH v. 30.11.2022, VIII R 15/19, BFH/NV 2023, 653, BStBl II 2023, 632; BFH v. 30.11.2022, VIII R 30/20, BFH/NV 2023, 658, BStBl II 2023, 638; BFH v. 30.11.2022, VIII R 27/19, BFH/NV 2023, 444, BStBl II 2023, 330; BFH v. 16.2.2023, VIII R 36/19, BFH/NV 2023, 808; BFH v. 20.6.2023, IX R 2/22, BFH/NV 2023, 1257; BFH v. 27.6.2023, VIII R 15/21, BFH/NV 2023, 1261; zu einzelnen Fallgruppen s. BMF v. 7.6.2022, IV C 6 – S 2244/20/10001:00, Rz. 26ff., BStBl I 2022, 897.
[2] BT-Drs. 19/22850, 84.
[3] Nach Jachmann/Strohm, Abgeltungsteuer, 2011, 147.

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