Rz. 66

Zivilrechtlicher Eigentümer einer Kapitalanlage ist diejenige Person, der die infrage stehende Kapitalanlage nach Maßgabe des Zivilrechts zuzurechnen ist. Bei zivilrechtlichen Fragestellungen wird es häufig darauf ankommen, ob das der betreffenden Kapitalanlage zugrunde liegende materielle Recht in einem Wertpapier verbrieft ist. Für Zwecke der Besteuerung hat die Verbriefung indes keine Bedeutung. Übt eine andere Person als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über eine Kapitalanlage in der Weise aus, dass sie den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall auf Dauer von der Einwirkung auf die Kapitalanlage wirtschaftlich ausschließen kann, wird diese Person als wirtschaftlicher Eigentümer bezeichnet.[1] Ein wirtschaftlicher Ausschluss i. d. S. liegt vor, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers besteht oder dem Herausgabeanspruch keine wirtschaftliche Bedeutung zukommt.[2] Kennzeichnend für die Rechtsstellung als wirtschaftlicher Eigentümer ist, dass Besitz und Gefahr, Nutzen und Lasten, insbesondere die Chancen auf eine Wertsteigerung und das Risiko einer Wertminderung bei der betreffenden Person liegen.[3] Unter diesen Voraussetzungen können auch Beteiligungen an Kapitalgesellschaften Gegenstand wirtschaftlichen Eigentums sein. Letzteres ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Inhaber der Beteiligung alle mit ihr verbundenen wesentlichen Rechte ausüben kann. Zu diesen Rechten zählen namentlich das Gewinnbezugsrecht nach § 29 GmbHG, das Stimmrecht nach § 47 GmbHG und die Auskunfts- und Einsichtsrechte nach § 51a GmbHG.[4]

 

Rz. 67

Für Zwecke der Besteuerung sind die laufenden Erträge einer Kapitalanlage i. S. d. § 20 Abs. 1 EStG dem zivilrechtlichen Eigentümer der Kapitalanlage zuzurechnen, falls zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum in einer Person zusammenfallen.[5] Fallen zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum auseinander, sind die laufenden Erträge der Kapitalanlage dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.[6] Für die Zurechnung der laufenden Erträge einer Kapitalanlage kommt es damit letztlich allein auf das Innehaben des wirtschaftlichen Eigentums an. Das zivilrechtliche Eigentum hat für die Zurechnung der laufenden Erträge keine Bedeutung. Für die Einkünfte i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG wird dies in § 20 Abs. 5 S. 1 und 2 EStG ausdrücklich klargestellt.

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