Rz. 55

Zu den beratenden Berufen gehört die Tätigkeit der Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, der Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und der beratenden Volks- und Betriebswirte, der vereidigten Buchprüfer und der Steuerbevollmächtigten.

 

Rz. 56

Rechtsanwälte, Patentanwälte und Notare üben ihre Tätigkeit als unabhängige Organe der Rechtspflege aus.[1] Die Tätigkeit des Rechtsanwalts besteht in der Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten, die des Patentanwalts in der Beratung und Vertretung auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes. Notare üben ein öffentliches Amt aus; ihre Tätigkeit besteht in der vorsorgenden Rechtspflege. Die freiberufliche Tätigkeit der Anwälte und Notare umfasst alle berufstypischen Tätigkeiten. Zur typisch anwaltlichen Tätigkeit gehört neben der Rechtsberatung und -vertretung auch die als Treuhänder und als Vormund oder Pfleger, wenn der Anwalt in seiner beruflichen Eigenschaft hierzu bestellt worden ist.[2] Nicht alles, was berufsrechtlich zulässig ist, führt automatisch zu freiberuflichen Einkünften nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG. Eine Tätigkeit als "Spielervermittler" im Profifußball mag mit dem Berufsrecht vereinbar sein, gehört aber nicht zur berufstypischen Tätigkeit eines Rechtsanwalts und führt deshalb zu gewerblichen Einkünften.[3] Die Tätigkeit eines Insolvenz-, Zwangs- und Vergleichsverwalters ist nach ständiger Rspr. des BFH eine vermögensverwaltende i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und keine freiberufliche Tätigkeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG (Rz. 96).[4] Zu den berufstypischen Tätigkeiten eines Anwalts zählt ebenfalls nicht die Führung von Geschäften eines Unternehmensverbands[5], die Prozessfinanzierung gegen Erfolgsbeteiligung[6] oder eine Tätigkeit als externer Datenschutzbeauftragter, selbst dann nicht, wenn dieser zugleich als Rechtsanwalt zugelassen ist.[7] Auch wer als Rechtsanwalt ein sog. Mengen-Inkasso betreibt, indem er massenhaft standardisierte Mahnschreiben mittels seiner Büroorganisation und mithin ohne rechtliche Prüfung der einzelnen einzuziehenden Forderungen durch den Anwalt selbst versendet, erzielt keine freiberuflichen Einkünfte. Es fehlt dann an der für einen freien Beruf typischen persönlichen Arbeitsleistung.[8] Standeswidriges Verhalten an sich führt aber nicht automatisch zu einer Umqualifizierung der Einkünfte.[9] Rechtsanwälte, die gemeinsam mit Dozenten anderer Fachrichtungen im Rahmen einer GbR auf das Wirtschaftsprüfer-Examen vorbereiten, sind nicht aufgrund eigener Fachkenntnisse eigenverantwortlich (freiberuflich) tätig, wenn ihre Unterrichtsleistung nur einen relativ kleinen Teil des gesamten Lehrstoffs ausmacht.[10] Zu den Auswirkungen der Mitarbeit eines angestellten (Syndikus-) Rechtsanwalts in einer Rechtsanwaltskanzlei s. Rz. 88. Entschädigungen für die ehrenamtliche Mitarbeit in der Rechtsanwaltskammer können gem. § 3 Nr. 12 S. 2 EStG steuerfrei sein.[11]

 

Rz. 57

Die Tätigkeit der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer ist in der Wirtschaftsprüferordnung v. 5.11.1975[12], die der Steuerberater und Steuerbevollmächtigten im SteuerberatungsG. v. 4.11.1975[13] geregelt. Nur wer entsprechend der berufsrechtlichen Bestimmungen bestallt ist, kann Einkünfte gem. § 18 Abs. 1 EStG erzielen. Zur berufstypischen Tätigkeit der Wirtschaftsprüfer und der vereidigten Buchprüfer gehören betriebswirtschaftliche Prüfungen, Prüfungen des Rechnungswesens sowie der Jahresabschlüsse. Ferner gehört dazu die Beratung und Vertretung in steuerlichen Angelegenheiten und die Beratung in wirtschaftlichen Angelegenheiten, mit der insbesondere die aus den Prüfungen gewonnenen Erkenntnisse zum Nutzen der Betriebe verwertet werden sollen. Eine über die wirtschaftsberatende Tätigkeit hinausgehende Betätigung, die sich als Teilhabe an der Führung von Geschäften oder an der Wahrnehmung von Vermögensverwaltungen darstellt, gehört jedoch nicht mehr zur berufstypischen Tätigkeit. Die beratende Tätigkeit wird begrenzt durch die Gewährung einer Entscheidungshilfe. Die eigene Entscheidung des Beratenen darf hierdurch nicht ersetzt werden. Geht die Entscheidung als solche dagegen auf den Berater über, ist damit der Bereich der beratenden Tätigkeit überschritten.[14] Der berufstypische Bereich des Wirtschaftsprüfers ist z. B. dann verlassen, wenn er als Mitglied des Verwaltungsrats einer Gesellschaft über die Beratung hinausgehend an der Entscheidungsfindung dieses Gremiums unmittelbar beteiligt ist und auf diese Weise an der Willensbildung der Gesellschaft mitwirkt.[15]

 

Rz. 58

Das Berufsbild der Steuerberater hat sich im Laufe der Zeit stark verändert. Eine Reihe gewerblicher Tätigkeiten sind entweder erlaubt oder genehmigungsfähig (§ 57 Abs. 3 und 4 StBerG). Deshalb stellt sich hier die Frage, ob berufsrechtlich zulässige Tätigkeiten auch zu freiberuflichen Einkünften führen.[16] So sind Tätigkeiten als Datenschutz- oder Geldwäschebeauftragte berufsrechtlich für Steuerberater zulässig, führen aber zu gewerblichen Einkünften.[17] Die Führung von Büche...

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