Rz. 121

Die Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ist gegeben bei entgeltlichem Gesellschafterein- oder -austritt bei einer bestehenden Mitunternehmerschaft. Bei der Aufnahme eines Sozius in eine Einzelpraxis ist die Tarifbegünstigung des § 24 Abs. 3 S. 2 UmwStG i. V. m. §§ 16 Abs. 4, 18 Abs. 3, 34 Abs. 1 EStG bei einer Einbringung zu Teilwerten auch insoweit anzuwenden, als eine Zuzahlung in das Privatvermögen des Einbringenden vorgenommen wird.[1] Die Tarifbegünstigung des § 24 Abs. 3 UmwStG setzt nicht voraus, dass für die Einbringung des Betriebs ausschließlich Gesellschaftsrechte gewährt werden. Da durch die Einbringung des freiberuflichen Betriebs die stillen Reserven bereits aufgedeckt werden, entspricht der Buchwert bei der Sozietät dem Teilwert, sodass die anschließende Veräußerung nicht mehr zu einem Gewinn führt. Der BFH geht somit von einem logischen Vorrang der Einbringung vor der nachfolgenden Veräußerung aus. Die Begünstigung der Teilanteilsveräußerung nach § 34 Abs. 1, 2 Nr. 1 EStG kommt aber nur in Betracht, wenn zugleich auch die quotale Mitveräußerung des (wesentlichen) Sonderbetriebsvermögens erfolgt. Anderenfalls wird nämlich kein vollständiger Teilanteil veräußert.[2] § 24 UmwStG ist aber nicht anwendbar, soweit der Neugesellschafter ein Entgelt an den Altgesellschafter entrichtet und somit die Einbringung nicht auf Rechnung des Einbringenden, sondern auf Rechnung des Neugesellschafters erfolgt.[3]

 

Rz. 122

Erfolgt die Einbringung der freiberuflichen Praxis zu Buch- oder Zwischenwerten und erhält der Einbringende von dem neu aufgenommenen Sozius eine Zuzahlung in das Privatvermögen, so liegt nach Auffassung des BFH[4] keine steuerbegünstigte Veräußerung vor. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 18 Abs. 3 S. 1 EStG seien nicht erfüllt, denn vor Aufnahme des Sozius bestehe kein veräußerbarer Mitunternehmeranteil des aufnehmenden Partners. Der BFH ist allerdings davon ausgegangen, dass die Veräußerung des Mitunternehmeranteils erst nach der Einbringung erfolgt.[5] Im Ergebnis ist dem Großen Senat des BFH zuzustimmen, da die stillen Reserven in diesem Fall nicht vollständig aufgedeckt werden, sodass ein steuerbegünstigter Veräußerungsgewinn gem. § 24 Abs. 3 S. 2 UmwStG nicht in Betracht kommt.

 

Rz. 123

Die Gestaltungsmöglichkeit des sog. Zweistufenmodells (Stufe 1: Minimalbeteiligung des neuen Gesellschafters gegen geringe Ausgleichszahlung an den bisherigen Einzelunternehmer; Stufe 2: Veräußerung eines Bruchteils des für den früheren Einzelunternehmer entstandenen Mitunternehmeranteils an den neuen Gesellschafter)[6] ist nach der Neuregelung in § 16 Abs. 1 S. 2 EStG durch das UntStG v. 20.12.2001[7] nicht mehr möglich: Gewinne aus der Veräußerung von freiberuflichen Teil-Mitunternehmeranteilen sind nicht mehr tarifbegünstigt (§ 16 EStG Rz. 124ff.). Mit der Änderung des § 16 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 1 S. 2 EStG ist nun klargestellt, dass nur noch die entgeltliche Übertragung ganzer Praxisanteile nach §§ 16, 34 EStG begünstigt sind.[8]

 

Rz. 123a

Soll eine Liquidation der Freiberuflerpraxis vermieden werden, kommt eine Realteilung als Sonderfall einer Betriebsaufgabe[9] in Betracht, bei der die Gesellschafter die Tätigkeit jeweils als Einzelunternehmer fortsetzen. Die neuere Rspr. des BFH zur Realteilung hat die Möglichkeiten des steuerneutralen Ausscheidens von Mitunternehmern erweitert. Werden im Zuge einer Realteilung einer Mitunternehmerschaft Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile oder einzelne Wirtschaftsgüter in das jeweilige Betriebsvermögen der einzelnen Mitunternehmer übertragen, so gilt § 16 Abs. 3 S. 2 EStG. Das setzt eine Auflösung der Mitunternehmerschaft nicht zwingend voraus. Eine Realteilung liegt auch bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehenden Gesellschaft vor, wenn ein weiterhin zum Betriebsvermögen des Ausgeschiedenen gehörender Teilbetrieb mitgenommen wird.[10]

Eine Tarifbegünstigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG setzt voraus, dass alle auf einen Realteiler entfallenden stillen Reserven auf einmal und in einem wirtschaftlichen Vorgang vollständig aufgedeckt und die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen der freiberuflichen Tätigkeit aufgegeben werden. Eine mehraktige Gestaltung (z. B. durch Übertragung der stillen Reserven zunächst auf eine Nachfolge-GbR, aus der der Realteiler anschließend gegen Abfindung ausscheidet) verbietet sich deshalb.[11]

 

Rz. 124

Wird eine freiberufliche Praxis in eine Kapitalgesellschaft als Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten eingebracht, ist für Einbringungen ab dem 1.1.2002 (vgl. § 27 Abs. 4c S. 2 UmwStG) § 20 Abs. 5 UmwStG i. d. F. des UntStFG zu beachten: Danach werden der Freibetrag nach § 16 Abs. 4 EStG und die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 u. Abs. 3 EStG nur noch gewährt, wenn das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Teilwert angesetzt wird und es sich nicht um Teile eines Mitunternehmeranteils handelt.

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