Rz. 177ah

Sind die Voraussetzungen einer Realteilung erfüllt, sind zwingend die Buchwerte fortzuführen. Mit der Buchwertfortführung wird bei der Realteilung – obwohl sie als Betriebsaufgabe der Mitunternehmerschaft angesehen wird – grundsätzlich systemwidrig, jedoch durch Wertung der Realteilung als Umstrukturierungsmaßnahme (Fortsetzung des unternehmerischen Engagements in anderer Form) gerechtfertigt, – auf die bei der Betriebsaufgabe und -veräußerung zwingende Aufdeckung der stillen Reserven verzichtet, soweit diese weiterhin steuerlich verhaftet sind (Steuerstundungseffekt). Zudem wird durch eine Behaltensfrist vermieden, dass die steuerliche Begünstigung der Realteilung zur Vorbereitung einer Veräußerung oder Entnahme missbraucht wird. Durch die Angleichung an § 6 Abs. 5 S. 4, 5 EStG i. d. F. des Gesetzes v. 23.10.2000[1] wird die Steuerneutralität der Übertragung eingeschränkt, soweit KSt-Subjekte wie Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen in die Realteilung involviert sind[2].

 

Rz. 177 ai

Ein Wahlrecht, wie z. B. in der thematisch nahestehenden Regelung des § 24 UmwStG, wird den Realteilern nicht eingeräumt, wenn die Voraussetzungen einer Realteilung vorliegen. In der Gesetzesbegründung[3] sind keine Argumente für die Einführung eines Zwangs zur Buchwertfortführung enthalten; erkennbar ist allenfalls, dass mit der Neuregelung der Realteilung eine weitgehende inhaltliche Übereinstimmung mit § 6 Abs. 5 S. 3 EStG erreicht werden sollte, die ebenso wie die vorliegende Norm als "Umstrukturierungsmaßnahme" gesehen wird[4]. Allerdings erscheint auch für § 6 Abs. 5 S. 3 EStG ein Zwang zur Buchwertfortführung sachgesetzlich nicht zwingend[5], weil mit der Anordnung der Steuerneutralität der Realteilung die Systematik des § 16 EStG verlassen wird, die darin besteht, die stillen Reserven einer Gewinnerzielungseinheit bei deren Veräußerung oder Aufgabe steuerlich zu erfassen.

 

Rz. 177aj

Damit entsteht auf der Ebene der Mitunternehmerschaft bei der Übertragung in ein Betriebsvermögen des Realteilers i. d. R. kein Aufgabegewinn; denn in der Teilungsbilanz sind die Wirtschaftsgüter nach § 16 Abs. 3 S. 2 EStG "mit den Werten anzusetzen, die sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergeben", also mit den Buchwerten. Werden Wirtschaftsgüter in das Privatvermögen übernommen, so tritt insoweit nicht die Rechtsfolge der Buchwertfortführung ein, vielmehr stellen sie Entnahmen der Gemeinschaft der Realteiler dar[6]. Gleiches gilt, wenn der Realteiler die übernommenen Wirtschaftsgüter nicht in ein eigenes, sondern in ein fremdes Betriebsvermögen überträgt. Ein fremdes, d. h. nicht unmittelbar dem Realteiler zuzurechnendes Betriebsvermögen, ist das Betriebsvermögen einer anderen Mitunternehmerschaft. Dies gilt auch dann, wenn die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten geschieht, der Realteiler also das übernommene Betriebsvermögen weiterhin zu einer unternehmerischen Tätigkeit einsetzt. Hier muss zur Ermöglichung der Steuerneutralität der Umweg über das Sonderbetriebsvermögen gewählt werden, ggf. verbunden mit einer Verpachtung an die Mitunternehmerschaft.

 

Rz. 177ak

Werden von einem Realteiler bei der Übernahme der ihm zufallenden Wirtschaftsgüter alle stillen Reserven aufgedeckt, kann für ihn ein nach § 16 Abs. 4, § 34 EStG begünstigter Betriebsaufgabegewinn entstehen. Obwohl dieser einheitlich bei der Mitunternehmerschaft entsteht und dort auf die einzelnen Mitunternehmer zu verteilen ist, bemisst sich die Qualität des Aufgabegewinns jedes einzelnen Mitunternehmers danach, ob bei dem auf ihn entfallenden Aufgabegewinn alle stillen Reserven aufgelöst werden oder nicht.

[1] BGBl I 2000, 1433.
[2] BT-Drs. 14/6882, 34.
[3] BT-Drs. 14/6882, 34.
[4] So explizit und auch hinsichtlich Sperrfrist und Körperschaftsklausel BT-Drs. 14/6882, 34 a. E.
[5] Ebenso Crezelius, in Westermann, Handbuch der Personengesellschaften, Rz. II 837.

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