Leitsatz

Ein Mietverhältnis zwischen nahen Angehörigen entspricht nicht den Kriterien des Fremdvergleichs, wenn es in zahlreichen Punkten von den zwischen fremden Dritten üblichen Vertragsinhalten abweicht.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 12, EStG, § 530, § 535, § 558, § 566a, § 573c BGB

 

Sachverhalt

Der Sachverhalt ergibt sich aus den Praxis-Hinweisen.

 

Entscheidung

Der BFH hat die erforderliche Gesamtwürdigung auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG selbst vorgenommen. Zwar obliegt die Tatsachenwürdigung an sich dem FG. Der BFH nimmt sie jedoch aus prozessökonomischen Gründen selbst wahr, wenn das FG die Tatsachen vollständig festgestellt hat und wenn die zutreffende Würdigung – wie im Streitfall – hinreichend eindeutig ist.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall betrifft eine bewusste Sachverhaltsgestaltung und ist vielleicht deshalb von Interesse:

1. Der Kläger vermietete eine Doppelhaushälfte an seine Mutter. Die Miete und die Nebenkosten sollten jährlich nachschüssig entrichtet werden. Die Mutter schenkte dem Kläger einen größeren Geldbetrag und behielt sich den Widerruf der Schenkung bis zur Höhe von 10.000 EUR p.a. vor. Ergänzend vereinbarten der Kläger und seine Mutter, dass die Miete und die Nebenkosten mit den Ansprüchen der Mutter auf Rückgewähr der widerrufenen Schenkung verrechnet werden sollten.

2. Das FA vertrat zuletzt die Auffassung, das Mietverhältnis halte dem Fremdvergleich nicht stand. Es berücksichtigte deshalb die erklärten WK-Überschüsse nicht. Das FG hat der Klage stattgegeben. Der Mietvertrag weiche zwar vom Üblichen ab, die Hauptpflichten seien aber wirksam vereinbart und durchgeführt worden. Die nachschüssige Zahlung der Miete und der Nebenkosten durch Verrechnung ändere daran nichts. Das FG ist davon ausgegangen, dass der Mietvertrag unabhängig von der Schenkung zu beurteilen sei. Es hat allerdings die Revision zugelassen zur Klärung der Frage, wie sich der Widerruf einer Schenkung auf die Anerkennung eines Mietverhältnisses auswirke.

3. Auf die Revision des FA hat der BFH das FG-Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

a) Anders als das FG geht der BFH (ohne nähere Begründung) davon aus, dass der Mietvertrag und die widerrufliche Schenkung als Einheit anzusehen seien (so wohl auch Hennigfeld, EFG 2016, 1612). Er prüft deshalb im Rahmen des Fremdvergleichs auch die Üblichkeit der Schenkungsabrede und der Verknüpfung einer Wohnraumüberlassung mit einer voraussetzungslos widerruflichen Schenkung als Zahlungsvereinbarung.

b) Der BFH hält schon eine voraussetzungslos widerrufbare Schenkung für unüblich.

c) Unüblich sei auch das "Vertragsgeflecht" zwischen Mietvertrag und Schenkung. Ein fremder Mieter würde seinem Vermieter keinen höheren Geldbetrag unter Widerrufsvorbehalt schenken.

d) Auch der Mietvertrag enthalte unübliche Vereinbarungen zur nachschüssigen Zahlung der Miete und der Nebenkosten. Diese beträfen entgegen der Annahme des FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1.10.2015, 7 K 7216/13, Haufe-Index 9691574, EFG 2016, 1609) Hauptleistungspflichten des Mieters.

e) Schließlich seien die Verträge auch nicht wie vereinbart durchgeführt worden (wird ausgeführt).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 04.10.2016, IX R 8/16BFH, Urteil vom 4.10.2016 – IX R 8/16

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