Zusammenfassung

 
Begriff

Die Motive für die Gründung einer Gemeinschaftspraxis oder Sozietät sind vielfältig. Eine Freiberufler-Sozietät oder Gemeinschaftspraxis ermöglicht eine Spezialisierung der Partner, den kollegialen Meinungs- und Erfahrungsaustausch, eine bessere Kapitalausstattung, eine bessere Ausstattung mit Personal und technischen Hilfsmitteln sowie eine bessere Versorgungsmöglichkeit der Partner.

Architekten und Statiker bilden Arbeitsgemeinschaften, um gemeinsam an größeren Aufträgen beteiligt zu werden. Ärzte gründen Apparate-, Labor- oder Praxisgemeinschaften, um teure Apparate und Geräte besser auslasten zu können und/oder Kosten zu sparen. Während bei solchen Zusammenschlüssen jeder Beteiligte nach außen seine berufliche Selbstständigkeit behält, werden die Gemeinschaftspraxen von Ärzten und die Sozietäten von Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern zur gemeinsamen Berufsausübung und auf gemeinsame Rechnung betrieben.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Gesetzliche Regelungen zur Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts finden sich in §§ 705ff. BGB. Die Rechtsgrundlagen zu Partnerschaftsgesellschaften sind in §§ 1-11 PartGG aufgeführt. Regelungen zur Errichtung einer GmbH sind in §§ 1-12 GmbHG enthalten.

Steuergesetzliche Regelungen enthalten die §§ 6, 15, 16, 18 EStG, §§ 1, 2 und § 24 UmwStG. Verwaltungsseitige Erläuterungen finden sich in R 18.3 EStÄR 2012 und H 18.3 EStH sowie in Abschn. 1.6 und 2.2 UStAE.

Einkommensteuer

1 Erscheinungsformen

1.1 Überblick

Der Zusammenschluss von Angehörigen der freien Berufe reicht von losen, gelegentlich sogar zeitlich befristeten, bis zu vornherein auf Dauer angelegten Vereinigungen. Man unterscheidet im Bereich der freiberuflichen Zusammenschlüsse zwischen Berufsausübungsgesellschaften, also mitunternehmerischen Funktionseinheiten, z. B. Sozietät und Gemeinschaftspraxis, und bloßen Kooperationsformen, z. B. Apparate- und Laborgemeinschaften, Arbeitsgemeinschaften und Büro- oder Praxisgemeinschaften.[1] Alle genannten Formen haben entweder die Rechtsform einer GbR oder – sofern sie eine Berufsausübungsgesellschaft sind – die Rechtsform einer Partnerschaftsgesellschaft.

Letztere ist eine speziell für die freien Berufe geschaffene Personengesellschaft, die unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, klagen und verklagt werden kann. Sie bietet den Vorteil, dass die Haftung für Berufsausübungsfehler nach § 8 Abs. 2 PartGG beim jeweils handelnden Partner konzentriert ist.[2]

[1] Vgl. K. Schmidt, NJW 1995 S. 1, 2; zur Neuregelung der interprofessionellen Berufsausübung für Rechtsanwälte, Steuerberater und Patentanwälte vgl. Kilian, NJW 2022 S. 2577; zu dem am 1.8.2022 in Kraft getretenen Gesetz zur Neuregelung des Berufsrechts der anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften sowie zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe vgl. Willerscheid, DStR 2022 S. 1924.
[2] Vgl. Potsch, KÖSDI 2012 S. 18177 unter Hinweis auf BGH, Urteil v. 19.11.2009, IX R 12/09, NJW 2010 S. 1360.

1.2 Sozietäten

Schließen sich Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Architekten oder Ingenieure usw. zur gemeinsamen Berufsausübung in der Rechtsform einer GbR oder Partnerschaftsgesellschaft zusammen, spricht man von einer Sozietät.[1] Entscheidendes Merkmal einer echten Sozietät ist, dass die Sozien nicht nur ein gemeinsames Büro haben, sondern ihren Beruf im Interesse und auf Rechnung aller Mitglieder unter Benutzung ihrer gemeinsamen Einrichtung gemeinsam, als Einheit, ausüben. Die Kriterien für die Annahme einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft unterscheiden sich nicht von denen einer gewerblichen Mitunternehmerschaft.

[2]  Ausdruck des gemeinsamen Betriebs ist eine gemeinschaftliche Gewinnerzielungsabsicht auf der "Ebene der Gesellschaft".

[1] Zu Berufsausübungsgesellschaften z. B. zwischen Steuerberatern oder Steuerberatern mit Angehörigen anderer Berufe vgl. §§ 49, 50 StBerG; zu Rechtsanwaltsgesellschaften vgl. § 59p BRAO.
[2] BFH, Urteil v. 8.4.2008, VIII R 73/05, BStBl 2008 II S. 681; FG Münster, Urteil v. 26.11.2021, 11 K 1193/18, G, F, EFG 2022 S. 41 Rn. 41; zu den Kriterien für das Vorliegen einer Mitunternehmerstellung im Rahmen einer Freiberuflerpraxis vgl. BFH, Urteil v. 3.11.2015, VIII R 62/13, BStBl 2016 II S. 381 sowie BFH, Urteil v. 3.11.2015, VIII R 63/13, BStBl 2016 II S. 383.

1.3 Gemeinschaftspraxen

Von einer Gemeinschaftspraxis spricht man, wenn sich Ärzte in Form einer GbR oder Partnerschaftsgesellschaft zum gemeinsamen Betrieb einer Arztpraxis zusammenschließen. Die GbR oder Partnerschaftsgesellschaft tritt nach außen in Erscheinung und wird daher auch als Außengesellschaft bezeichnet. Bei der Gemeinschaftspraxis tritt der Patient im Allgemeinen nicht mit einem bestimmten Arzt in Rechtsbeziehungen, sondern mit der GbR. Das zeigt sich rein äußerlich z. B. darin, dass das Praxisschild und die Rechnungs- und Rezeptformulare auf das Bestehen einer Gemeinschaftspraxis hinweisen.

Im Innenverhältnis bleiben die beteiligten Ärzte jedoch selbstständig. Weisungsbefugnisse bestehen n...

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