1 Einleitung

 

Rz. 1

Factoring und Asset-Backed-Securities (ABS) sind 2 Finanzierungsinstrumente, die eine Alternative zum klassischen Bankkredit darstellen. Sowohl für den deutschen Mittelstand als auch für Großunternehmen bieten Factoring und ABS gute Möglichkeiten, sich den nötigen finanziellen Spielraum für Investitionen zu verschaffen. Dabei hat vor allem das Image von ABS-Papieren seit der Finanzkrise im Jahr 2007 erheblich gelitten. Diese galten als deren Auslöser, da Risiken ohne entsprechende Aufsicht auf andere Finanzpartner ausgelagert wurden. Zwischenzeitlich hat sich der Markt für ABS-Papiere wieder erholt.

 

Rz. 2

Weder die bilanzielle Behandlung von Factoring noch die von ABS ist im deutschen Handelsgesetzbuch explizit geregelt. Dabei gehen die Literaturmeinungen zur Bilanzierung der Forderungsverkäufe vor allem beim unechten Factoring und bei ABS-Finanzierungen zum Teil diametral auseinander. Das verwundert besonders beim Factoring, da die ersten Transaktionen schon Mitte der 1950erJahre in Deutschland durchgeführt wurden und der Factoring-Markt ein Umsatzwachstum auf rund 276 Mrd. EUR im Jahr 2019 verzeichnet hat.[1] Auch der Markt für Verbriefungen mittels ABS ist in den Jahren nach der Finanzkrise wieder gewachsen.

Gerade durch die immense Bedeutung der ABS in den USA ist die bilanzielle Behandlung des Forderungsverkaufs dort ausführlich geregelt. Diese Bilanzierungsregeln lassen sich jedoch nur bedingt auf die handelsrechtliche Rechnungslegung übertragen. In IAS 39 war die Bilanzierung von Finanzinstrumenten nach IFRS (International Financial Reporting Standards) geregelt – hierunter fallen auch die Forderungen. Für den IAS 39 existiert ein Nachfolgestandard – IFRS 9 –, der am 24.7.2014 vom International Accounting Standard Board (IASB) veröffentlicht wurde und für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1.1.2018 anzuwenden ist. Die Übernahmeverordnung vom 22.11.2016 wurde am 29.11.2016 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Auch das Institut der Wirtschaftsprüfer hat sich in einer Stellungnahme mit der Bilanzierung von ABS-Transaktionen nach deutschem Handelsrecht auseinander gesetzt.

Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich ausschließlich mit der Bilanzierung von Factoring und ABS beim Veräußerer der Forderungen. Dabei wird vor allem auf die handelsbilanzielle Rechnungslegungsmethode eingegangen. Die steuerliche Beurteilung der Transaktionen wird nicht betrachtet. Die Ausführungen beschränken sich auf die in der Praxis häufig vorkommenden Grundformen dieser Finanzierungen. Sonderfälle sind nicht Gegenstand dieses Beitrags.

[1] Kumulierter Umsatz der Verbandsmitglieder des Deutschen Factoring Verbandes e. V., die ca. 90 % des Factoring-Marktes in Deutschland repräsentieren. Deutscher Factoring-Verband e. V., Jahresbericht 2019, S. 6 f.

2 Factoring

2.1 Entstehung des Factorings

 

Rz. 3

Der Grundgedanke des Factoring-Geschäfts – der Forderungsverkauf – wurde von Historikern schon bis 3000 v. Chr. nachgewiesen, als babylonische Händler ihre Forderungen aus Warenverkäufen abgetreten haben.[1]

Der Begriff des Factors wurde in den USA geprägt. Vor allem europäische Textilfabrikanten verkauften ihre Waren in den USA Ende des 19. Jahrhunderts auf Kommissionsbasis und bedienten sich dabei der Kenntnisse des Marktes einheimischer Geschäftsleute.[2] Diese einheimischen Unternehmer wurden als Factor bezeichnet. Neben der anfänglichen Funktion des Vertriebs der Waren übernahmen die Kommissionäre in der Folge auch eine Finanzierungsfunktion, indem sie die Waren vor dem eigentlichen Verkauf bezahlten.[3] Ab dem Jahre 1890 wurden in den USA Zölle erhoben, um die eigenen Waren zu schützen. Diese Zölle in Höhe von 49,5 %[4] stellten für die europäischen Produzenten eine hohe Markteintrittsbarriere dar. Somit musste sich auch der amerikanische Factor umorientieren. Amerikanische Textilfabrikanten kannten zwar den eigenen Markt, konnten aber von der Finanzkraft und speziellen Kenntnissen des Factors über Zahlungsfähigkeit der Kunden profitieren, indem sie die Warenforderungen an den Factor veräußerten.[5] Vor allem die Finanzierungsfunktion gehört heute noch zu den wichtigsten Aufgaben des Factorings.

Das erste Factoring-Geschäft kam in Deutschland erst relativ spät zustande. Die verhaltene Entwicklung lässt sich zum Teil mit schwierigen rechtlichen Rahmenbedingungen sowie den großen Unterschieden zwischen dem deutschen und internationalen Bankensystem erklären.[6] Im Jahre 1958 führte die Mittelrheinische Kreditbank Dr. Hornbach & Co. KG das erste Factoring in Deutschland durch.[7]

[1] Schwarz, Factoring, 4. Aufl. 2002, S. 17.
[2] Bette, Praxis und Rechtsnatur des Factoring-Geschäfts, Diss., 1971, S. 21.
[3] Bette, Praxis und Rechtsnatur des Factoring-Geschäfts, Diss., 1971, S. 21.
[4] Schwarz, Factoring, 4. Aufl. 2002, S. 17.
[5] Bette, Praxis und Rechtsnatur des Factoring-Geschäfts, Diss., 1971, S. 21.
[6] Kaufhold, Der deutsche Factoringmarkt, in Hagenmüller/Sommer/Brink, Handbuch des nationalen und internationalen Factoring, 3. Aufl. 1997, S. 58.
[7] Bette, Das Factoringgeschäft in Deu...

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