4.1 Ganzheitliche Betrachtung der Finance-Prozesse

Finance-Jahreskalender

Da Prozesse füreinander Input und Output darstellen, ist es wichtig, dass diese zeitlich optimal aufeinander abgestimmt sind, um Fristen zur Zufriedenheit – sowohl interner als auch externer – Lieferanten und Kunden zu wahren. Hierfür empfiehlt sich die Aufstellung aller Meilensteine mit wesentlichen Aufgaben bzw. Aktivitäten in einem Finance-Jahreskalender (vgl. Abb. 14). Der Jahreskalender kann die Kommunikation von Aktivitäten und Aufgaben des Finanzbereichs im gesamten Unternehmen erleichtern und vor allem dabei helfen, zeitliche Engpässe und Unstimmigkeiten zu vermeiden.

Im Gegenteil zum Controlling findet ein solcher Jahreskalender im Finance eher selten Anwendung.[1] Vielmehr orientiert man sich im Finance an den zu erstellenden (Monats-/Quartals-/Jahres-)Abschlüssen, oftmals in Form von Abschluss-Checklisten, die die Abschlussmeilensteine ebenso listen wie Verantwortlichkeiten und benötigte Zulieferungen ("Wer macht was, wann und wie?").

Abb. 14: Beispiel für einen Finance-Jahreskalender

Strukturierter Projektzeitplan

Die meisten Finance-Prozesse weisen wiederkehrende Start- und Endpunkte auf. So beginnen die Hauptaktivitäten im Prozess der Kreditorenbuchhaltung repetitiv, nachdem das Unternehmen die Lieferantenrechnung erhalten hat, was im Jahresverlauf i. d. R. zu einer gleichbleibend hohen Arbeitsbelastung führt. Andere Prozesse hingegen zeigen zu bestimmten Zeitpunkten deutliche Auslastungsspitzen. Am Beispiel der Hauptbuchhaltung lässt sich erkennen, dass zu bestimmten Terminen – hier zu den Abschlussstichtagen (Monats-, Quartals- bzw. Jahresabschluss) – eine signifikant höhere Beanspruchung der Ressourcen erforderlich werden kann. Diese gilt es frühzeitig einzuplanen und zu berücksichtigen. Die Anforderungen, die sich an die Finance-Prozesse stellen, gestalten sich dabei unternehmensindividuell. So sind diese unter anderem von der Größe, der Internationalität, der Branche, aber auch von Faktoren wie Börsennotierung oder anzuwendendem Rechnungslegungsstandard abhängig. Daher gibt es keine generellen Empfehlungen für die Gestaltung eines Abschluss-Kalenders, sondern lediglich den Hinweis die Ausgestaltung des Finance-Kalenders an die jeweilige Unternehmenssituation anzupassen. Der Finanzbereich hat dabei insbesondere die Ansprüche der externen Stakeholder wie Kapitalgeber und Aktionäre zu berücksichtigen und muss eine fristgerechte Erstellung der Abschlüsse sicherstellen.

Der abgebildete Jahreskalender dient als Muster bzw. Vorlage, den eigenen Ablaufplan nach unternehmensspezifischen Maßgaben zu gestalten. Daraus ergibt sich ein zeitlich und inhaltlich strukturierter Arbeitsplan für den Finanzbereich, der an Führungskräfte und "zuliefernde" Einheiten wie Controlling, HR oder Vertrieb gerichtet ist.

[1] Vgl. IGC, 2011, S. 49 f.

4.2 Organisation von Finance-Prozessen

Effizienz der Finance-Prozesse

Die Frage, wie die Finance-Prozesse innerhalb eines Unternehmens zu organisieren sind, gewinnt in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. So rücken gerade die Finance-Prozesse verstärkt in den Fokus von Optimierungs- und Effizienzprojekten.

Bei Betrachtung der Horváth & Partners CFO-Studie 2014 wird deutlich, dass diese Entwicklung längst noch nicht abgeschlossen ist. Über 80 % der befragten Unternehmen erwarten in diesem Bereich eine weitere Neuausrichtung und Reorganisation der Prozesse. Fokus-Themen sind laut Studie weiterhin die Zentralisierung und Bündelung von Prozessen in Shared Service Center bzw. die Optimierung und Weiterentwicklung von bestehenden SSC-Strukturen.[1]

Bei der Betrachtung der organisatorischen Abbildung der definierten Finance-Prozesse gilt es im Wesentlichen zwei Fragen zu beantworten.

  1. Wie sind die Finance-Prozesse organisiert? Diese Frage zielt auf den Zentralisierungsgrad der Prozesse innerhalb des Unternehmens ab.
  2. Wo werden die Finance-Prozesse ausgeführt? Diese Frage hat die lokale oder räumliche Verankerung der Prozesse im Fokus.

Zentralisierungsgrad der Finance-Prozesse

In Bezug auf den Zentralisierungsgrad gibt es grundsätzlich drei Organisationsformen. Es besteht die Möglichkeit,

  • die Finance-Prozesse verteilt auf mehrere Einheiten im Unternehmen abzuwickeln ("in-house fragmentiert"),
  • diese in einem eigenen organisatorischen Verantwortungsbereich als Dienstleistung zu zentralisieren ("in-house zentralisiert") oder
  • die Prozessausübung gar an einen externen Drittanbieter zu verlagern ("outsourced").

Ort der Leistungserbringung

Bei der Frage nach dem "Wo?" ergeben sich ebenfalls drei generelle Varianten. Finance-Prozesse können

  • im Herkunftsland des Unternehmens durchgeführt werden ("onshore"),
  • in nahen, kontinentalen Ländern beheimatet sein ("nearshore") oder
  • aus weit entfernten Ländern, z. B. Übersee ("offshore"),

bedient werden.

Betrachtet man die organisatorische Ausgestaltung der einzelnen Prozesse in Bezug auf Zentralisierung und Lokalität, sollte dabei zwischen den Service- bzw. transaktionalen, wiederkehrenden Prozessen und den sog. Management-Prozessen unterschieden werden. Service-Prozesse ze...

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