Entscheidungsstichwort (Thema)

Vermögensübertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gegen wiederkehrende Leistungen: Sonderausgabenabzug als Rente oder dauernde Last

 

Leitsatz (amtlich)

Die wiederkehrenden Leistungen sind dann nicht als Leibrente, sondern als dauernde Last anzusehen, wenn ein Abänderungsverlangen lediglich nicht auf einen Mehrbedarf des Vermögensübergebers in Folge einer Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim gestützt werden kann und gleichzeitig keine Verpflichtung des Übernehmers zur Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen vereinbart wurde.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1a; ZPO § 323

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.06.2021; Aktenzeichen X R 31/20)

 

Tatbestand

Die Kläger, in den Streitjahren (2012 bis 2014) zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Ehegatten, begehren die vollumfängliche Abzugsfähigkeit von an die Eltern des Klägers gezahlten Bezügen als dauernde Lasten i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes i.d.F. vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2008 (BGBl I 2007, 3150, - EStG a.F. -).

Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus einer Tätigkeit als Winzer. Mit notarieller Urkunde vom 29. April 2004 (Blatt 1 ff. der Vertragsakte), die auch von den zwei Geschwistern des Kläger unterzeichnet wurde, übertrugen die in den Jahren 1939 und 1940 geborenen Eltern des Klägers dem Kläger im Wege der vorweggenommenen Erbfolge verschiedene als Weingarten, Ackerland, Landwirtschaftsfläche, Hof- und Gebäudefläche und Erholungsfläche bezeichnete Grundstücke sowie den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb "mit allen Aktiven und Passiven, Maschinen, Geräten und Einrichtungen" mit Wirkung zum 1. Juli 2004. Unter der mit "Weitere Vertragsbedingungen" überschriebenen Ziffer IV. des Vertrags bestellte der Kläger seinen Eltern als Gesamtberechtigte nach § 428 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und dem Längstlebenden von ihnen allein als beschränkte persönliche Dienstbarkeit ein Wohnungs- und "Mitbenützungsrecht" an der Hof- und Gebäudefläche. Weiter vereinbarten die Parteien:

2)

Schuldrechtlich wird vereinbart, dass der Erwerber für seine Eltern und dem Längstlebenden von ihnen allein bezahlt

  • die Kosten der gewöhnlichen Unterhaltung der für das Wohnungsrecht bestimmten Räume,
  • die Kosten für Heizung, Strom, Telefon, Wasser, Abwasser und Müllabfuhr.

3)

Der Erwerber verpflichtet sich an seine Eltern als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB und an den Längstlebenden von ihnen allein als dauernde Last monatlich einen Betrag von 1.000,-- Euro zu bezahlen. […]

Der vorstehend vereinbarte Betrag soll seinem inneren Wert nach beständig sein. Deshalb vereinbaren die Vertragsteile ergänzend:

Verändert sich der vom statistischen Bundesamt veröffentlichte Verbraucherindex für Deutschland auf der Basis 2000 ist 100 gegenüber dem Stand vom Juli 2004 an um mehr als 10%, so ist von dem Monat an, zudem die zehn prozentige Änderung erstmals eintritt, der monatlich zu zahlende Geldbetrag entsprechend zu erhöhen bzw. zu verringern. Nach einer erfolgten Anpassung gilt die vorstehende Anpassungsklausel nach einer jeweiligen erneuten zehn prozentigen Änderung der Verhältnisse entsprechend mit der Maßgabe, daß die Indexzahl, die für die letzte Wertanpassung maßgeblich war, für die Berechnung der zehn prozentigen Veränderung maßgebend ist.

Zur Sicherung der monatlich zu zahlenden wertgesicherten Beträge in Höhe von 1.000,-- Euro bestellt der Erwerber seinen Eltern als Gesamtberechtigte nach § 428 BGB und dem Längstlebenden von ihnen allein an dem übertragenen Grundbesitz eine Reallast. […]

Lediglich schuldrechtlich, also nicht als Inhalt der nachstehend bewilligten Reallast, wird folgendes vereinbart:

Unbeschadet der vorstehenden Wertsicherung gilt für den zu zahlenden Geldbetrag § 323 ZPO nach seinem materiellen Gehalt. Verändern sich danach die Verhältnisse, die für die Berechnung der monatlichen Leistungen maßgeblich waren, im wesentlichen Umfang, ist jeder Vertragsteil berechtigt, im Wege der Klage eine entsprechende Abänderung des Geldbetrages zu verlangen. Maßgeblich sind insbesondere die Leistungsfähigkeit des Erwerbers und die Bedürftigkeit der Eltern oder des Längstlebenden von ihnen. Änderungen in der Bedürftigkeit der Eltern oder des Längstlebenden, die durch Wegzug aus ihrer Wohnung bedingt sind, bleiben außer Betracht. […]

5)

Eine Warte und Pflege durch den Erwerber für seine Eltern soll nicht vereinbart werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die notarielle Urkunde vom 29. April 2004 (Blatt 1 ff. der Vertragsakte).

Mit Datum vom 18. November 2011 schlossen der Kläger und seine Eltern eine Änderungsvereinbarung (Blatt 41 der Gerichtsakte), wonach der bisher auf die aus dem Wegzug aus der Wohnung folgende Bedürftigkeit beschränkte Ausschluss der Abänderungsmöglichkeit wie folgt gefasst wurde:

Änderungen in der Bedürftigkeit der Eltern oder des Längstlebenden, die durch Unterbringung im Alten- oder Pflegeheim bedingt sind, bleiben außer Betracht.

In den Streitjahren z...

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