Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungsbescheid 1994

 

Tenor

I. Die Einspruchsentscheidung des Beklagten vom 30. März 1995 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte wird verpflichtet, den Einspruch der Klägerin vom 26. Oktober 1994 gegen den Haftungsbescheid vom 26. September 1994 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

III. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

IV. Wegen der vom Beklagten zu tragenden Kosten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin als Gesellschafterin-Geschäftsführerin der Fa. … für deren Steuerschulden haftet.

Die Fa. … wurde am 18. Dezember 1985 mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag gegründet und am 28. Februar 1986 in das Handelsregister beim Amtsgericht … eingetragen. Die Firma firmierte zunächst unter dem Namen „…” und wurde später wegen einer in … ansässigen Firma in „…” umbenannt. Die in … ansässige Firma betrieb nach § 2 ihres Gesellschaftsvertrages die Betreuung und Beratung medizinischer Praxen und den Vertrieb medizinisch-technischer Geräte nebst allen hiermit im Zusammenhang stehenden Geschäften. Das Stammkapital beträgt 51.000,– DM, das zu gleichen Teilen gehalten wird von den Eheleuten … und … sowie …. Zur Geschäftsführerin wurde die Klägerin, die Gesellschafterin … bestellt, die dieses Amt vom 18. Dezember 1985 bis zum 11. Januar 1994 inne hatte. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte das beklagte Finanzamt Koblenz fest, daß die an eine in … ansässige Domizilgesellschaft namens … gezahlten Provisionen nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen waren und änderte zunächst die entsprechenden Körperschaftsteuerbescheide der Kalenderjahre 1986 bis 1989 jeweils mit Bescheid vom 2. Januar 1992. In den folgenden Kalenderjahren führte der gleiche Sachverhalt ebenfalls zu Steuerbescheiden, abweichend von den jeweiligen Erklärungen. Gegen die Steuerbescheide der Jahre 1986 bis 1989 legte die Fa. … fristgerecht Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 16. April 1993 zurückgewiesen wurde. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ebenso erfolglos wie ein entsprechender Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO. Der Senat wies den Antrag der GmbH mit Beschluß vom 12. Oktober 1993 und die Klage mit rechtskräftigem Urteil vom 6. Juni 1994 ab (5 K 1720/93).

Am 3. Februar 1994 wurde die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der … beantragt, das Verfahren aber gemäß Beschluß des zuständigen Amtsgerichts … vom 28. April 1994 nicht eröffnet. Beitreibungsmaßnahmen gegenüber der Fa. … blieben aussichtslos, nachdem alle Pfandgegenstände verwertet wurden. Der Beklagte nahm daher die Klägerin als Haftungsschuldnerin mit Bescheid vom 26. September 1994 in Anspruch in einer Höhe von insgesamt 540.027,– DM. Dem Haftungsbescheid liegt folgende Berechnung zugrunde:

1. Summe der Verbindlichkeiten im Haftungszeitraum

DM

DM

Verbindlichkeiten zu Beginn des Haftungszeitraums (ohne Steuern)

536.218,–

Zugang an Verbindlichkeiten (ohne Steuern) im Haftungszeitraum 3.229.225,–

3.765.443,–

Steuerrückstände zu Beginn des Haftungszeitraums

374.685,–

Zugang an Steuerrückständen bis zum Ende des Haftungszeitraumes

527.336,–

902.021,–

Summe der Verbindlichkeiten im Haftungszeitraum (ohne darauf geleistete Zahlungen)

4.667.462,–

Verhältnis der Steuerrückstände (902.021,– DM) zu den Gesamtverbindlichkeiten (4.667.462,– DM) =

19,33 v.H.

2. Verwendung der Mittel im Haftungszeitraum

DM

Zahlungen auf die Verbindlichkeiten gegenüber privaten Gläubigern

3.358.692,–

Zahlungen auf die Steuerrückstände

135.178,–

Summe der Zahlungen auf die Gesamtverbindlichkeiten

3.493.870,–

3. Haftungssumme

19,33 v.H. von 3.493.870,– DM

675.365,–

Tatsächliche Zahlungen auf die Steuerrückstände

135.178,–

Fehlbetrag = Haftungssumme

540.027,–

Mit ihrem Einspruch vom 26. Oktober 1994 trug die Klägerin vor, bei der Haftungsquote sei der Zeitpunkt der Ablösung als Geschäftsführerin, nämlich der 11. Januar 1994, nicht berücksichtigt und die Quote sei falsch ermittelt worden. Schließlich treffe sie kein Verschulden, weil der Rechtsstreit frühestens am 12. Oktober 1993 beendet worden sei. Demzufolge beantragte sie die Aufhebung des Haftungsbescheides. Mit Einspruchsentscheidung vom 30. März 1995 änderte der Beklagte den angefochtenen Haftungsbescheid insoweit, als die Haftung für die Körperschaftsteuer 1986 infolge Verwertung von Pfändungsgegenständen auf nunmehr 4.122,85 DM festgesetzt wurde (statt ursprünglich 6.357,85 DM gemäß dem geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1986). Gemäß dem geänderten Körperschaftsteuerbescheid 1987 wurde ein entsprechender Haftungsbetrag von 68.830,– DM festgesetzt.

Gegen diese Teilgeltendmachung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 2. Mai 1995 bei Gericht eingegangenen Klage. Zur Begründung trägt die Klägerin im wesentlich...

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