Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansatz von Gerichtskosten bei angezeigter Masseunzulänglichkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegen den Insolvenzverwalter können nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit Gerichtskosten nicht angesetzt werden, solange die Quote nicht feststeht.

2. Wendet der Insolvenzverwalter im Insolvenzfeststellungsverfahren nach § 179 Abs. 1 InsO erneut Masseunzulänglichkeit ein, besteht ein Vollstrekkungsverbot. Dies schließt einen Anspruch auf Zahlung der gesamten Gerichtskosten aus.

3. Eine Kostenrechnung kann in einem solchen Fall nicht ergehen. Die Gerichtskosten sind lediglich festzustellen.

 

Normenkette

JBeitrO § 8 Abs. 1 S. 1; GKG § 66 Abs. 1, § 54 Nr. 1; InsO § 55 Abs. 1 Nrn. 1-2, Abs. 2 Nrn. 1-3, §§ 60, 208, 209 Abs. 1 Nrn. 1-3, § 210

 

Tatbestand

I.

Mit seiner Klage (3 K 2415/06) vom 16.10.2006 begehrte Herr S.I. die Aufhebung eines Haftungsbescheides des Finanzamts über 803.024,57 €. Während des Rechtsstreits wurde am 9.02.2007 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn S.I. eröffnet und der Erinnerungsführer zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit Beschluss vom 28.02.2007 stellte das Finanzgericht Rheinland-Pfalz fest, dass das Klageverfahren (3 K 2415/06) kraft Gesetzes unterbrochen ist.

Am 10.4.2007 meldete das Finanzamt seine Forderungen zur Insolvenztabelle an. Am 23.05.2007 teilte der Erinnerungsführer dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz mit, er werde das unterbrochene Verfahren nicht aufnehmen. Nach einer Mitteilung des Amtsgerichts vom 14.5.2007 bestritt der Erinnerungsführer diese Forderungen "vorläufig". Am 06.07.2007 zeigte der Erinnerungsführer gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit an.

Am 3.2.2010 beantragte das Finanzamt, das Verfahren als Insolvenzfeststellungsverfahren aufzunehmen und den Erinnerungsführer zu verurteilen, die Forderung zur Insolvenztabelle festzustellen. Das ursprüngliche (unterbrochene) Verfahren 3 K 2415/06 wurde daraufhin unter dem Aktenzeichen 3 K 1876/10 fortgeführt. Mit Schreiben vom 26.2.2010 teilte der Erinnerungsführer dem Finanzamt mit, dass die Forderung von ihm in angemeldeter Höhe zur Tabelle festgestellt werde. Im Anschluss daran erklärten der Erinnerungsführer und das Finanzamt den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.

Am 18.8.2010 erging ein Beschluss des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz, wonach der Erinnerungsführer nach § 138 Abs. 1 FGO die Kosten des Verfahrens zu tragen habe. Mit weiterem Beschluss vom 2.9.2010 wurde der Streitwert nach § 52 Abs. 4 GKG auf den Mindeststreitwert in Höhe von 1.000,- € und der Verfahrensstreitwert des ursprünglichen Klageverfahrens (3 K 2415/06) gem. § 63 Abs. 2 i.V.m. § 52 GKG auf 803.035,- € fest-gesetzt. Am 15.09.2010 erfolgte ein Kostenansatz über 110,50 €. Am 17.09.2010 erging eine entsprechende Kostenrechnung an den Erinnerungsführer. Am 22.10.2010 teilte die Landesjustizkasse Mainz (LJK) mit, die Forderung gegen den Insolvenzverwalter sei unbefristet niedergeschlagen worden. Mit Schreiben vom 08.11.2010 fragte die Kostenbeamtin des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz bei der LJK an, aus welchen Gründen die Forderung niedergeschlagen worden sei, der Insolvenzverwalter hafte für die Gerichtskosten persönlich. Daraufhin teilte die LJK unter dem 22.11.2010 mit, der Erinnerungsführer habe die Kosten als Masseverbindlichkeit anerkannt, eine Erfüllung könne aber erst nach Berichtigung der Verfahrenskosten zum Abschluss des Insolvenzverfahrens erfolgen, infolge dessen sei die Forderung niedergeschlagen worden. Unter dem 19.01.2011 fragte die Kostenbeamtin des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz bei der LJK an, ob die Gerichtskostenforderung in Höhe von 110,50 € mittlerweile bezahlt sei.

In einem Schreiben an die LJK vom 19.1.2011 führte der Erinnerungsführer unter Bezugnahme auf ein Schreiben der LJK vom 10.01.2011 aus, es sei für ihn nicht nachvollziehbar, weshalb es sich bei der Kostenrechnung nicht um eine gewöhnliche sonstige Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO handeln solle. Er sei lediglich in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter Partei des Rechtsstreits. Es handele sich daher um eine durch Handlungen von ihm als Insolvenzverwalter oder in anderer Weise durch die Verwaltung der Insolvenzmasse begründete Verbindlichkeit. Bereits am 6.7.2007 sei gegenüber dem Insolvenzgericht die Anzeige der Masseunzulänglichkeit erfolgt. Die Rechtsfolgen daraus ergäben sich aus den §§ 208 ff. InsO. Insbesondere könnten gem. § 209 InsO sonstige Masseverbindlichkeiten erst nach den Kosten des Insolvenzverfahrens berichtigt werden.

Dieses ihm von der LJK zugeleitete Schreiben des Erinnerungsführers vom 19.1.2011 sah das Finanzgericht Rheinland-Pfalz als Erinnerung gegen die Kostenrechnung an und gab die Prozessakte an den Bezirksrevisor für die Finanzgerichtsbarkeit zur Überprüfung des Kostenansatzes ab. Unter dem 10.2.2011 teilte der Bezirksrevisor mit, die Gebühren seien richtig berechnet worden und die Kostenbehandlung sei nicht zu beanstanden. Auf dieses ihm zur Kenntnis zugeleitete Schreiben, ve...

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