Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur steuerlichen Berücksichtigung von Strafverteidigungskosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Kosten der Strafverteidigung sind nur dann - ausnahmsweise - als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Steuerpflichtige zur Wehr setzt, durch sein berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist. Die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat muss ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein.

2. Das Fahren mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit an unübersichtlicher Stelle ist auch im Zusammenhang mit einer Dienstreise nicht in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen, sondern findet seine Ursache in einer (privaten) rücksichtslosen Verkehrsgesinnung.

3. Kosten der Strafverteidigung, die einem wegen einer vorsätzlichen Tat verurteilten Steuerpflichtigen entstanden sind, sind nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Sie sind nicht aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen, da die Straftat selbst nicht unausweichlich, vielmehr verboten war.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 33 Abs. 1, 2 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Strafverteidigungskosten.

Nach Ergehen eines Schätzungsbescheides (Bl. 16 ff. der Rechtsbehelfsakte - RBA -) reichten die verheirateten Kläger am 27.08.2013 die ausstehende Einkommensteuererklärung für 2011 bei dem Beklagten ein, wobei sie Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und Einkünfte aus Kapitalvermögen erklärten. Außerdem machten sie einen Betrag in Höhe von … €, der sich aus der Summe der drei beigefügten Rechtsanwaltsrechnungen aus dem Jahre 2011 errechnete (Bl. 8 ff. RBA), als außergewöhnliche Belastungen geltend (Rückseite Bl. 2 RBA). Auf Nachfrage teilten die Kläger mit, dass es sich um Kosten im Zusammenhang mit einem mehrjährigen Strafprozess gegen den Kläger wegen eines Verkehrsunfalls (Anklage u.a. wegen fahrlässiger Tötung) handele (Bl. 14 EStA).

In dem gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2011 vom 11. November 2013 ließ der Beklagte die Rechtsanwaltskosten unberücksichtigt (Bl. 21 ff. RBA).

Gegen diesen Bescheid legten die Kläger am 02.12.2013 Einspruch ein, den sie damit begründeten, der Kläger habe sich wegen eines Verkehrsunfalls in einem Strafprozess durch einen Rechtsbeistand verteidigen lassen (Bl. 27 RBA).

In jenem Verfahren war der Kläger mit - nach Maßgabe des rechtskräftigen Urteils des Landgerichts vom … (Bl. 70 ff. der Prozessakte - PA -) - rechtskräftigem Urteil des AG vom … im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall vom … wegen fahrlässiger Tötung, tateinheitlich begangen mit fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung (bei fahrlässiger Verursachung der Gefahr) zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt worden (Bl. 46 ff. RBA). Infolge des Unfalls hatte eine Person ihr Leben verloren und eine weitere eine Querschnittslähmung erlitten. Der in Rechtskraft erwachsenen strafgerichtlichen Entscheidung waren mehrere Berufungs- und Revisionsverfahren vorausgegangen (Bl. 72 f. PA).

Den Einspruch der Kläger wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 2. April 2014 als unbegründet zurück (Bl. 74 RBA), da Strafprozesskosten - im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung - die Folge eines festgestellten sozial inadäquaten Verhaltens und mithin nicht zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen seien. Sie würden nach ständiger BFH-Rechtsprechung nicht als außergewöhnliche Belastung anerkannt. Im Übrigen fehle es an der Unausweichlichkeit der Aufwendungen, da die zu Grunde liegende Straftat nicht unausweichlich gewesen sei. Die Einspruchsentscheidung wurde am 03.04.2014 zugestellt (Bl. 80 RBA).

Die Kläger haben am 29.04.2014 Klage erhoben (Bl. 3 PA), die sie zunächst nur mit der Nichtanerkennung der Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastungen begründet haben (Bl. 3 f. PA).

Zum Sachverhalt trägt ihre Prozessbevollmächtigte ergänzend vor, dem Ausgangsurteil des AG habe sich unter anderem ein Rechtsmittelverfahren angeschlossen, in welchem sich die Staatsanwaltschaft gegen die Aussetzung der Freiheitsstrafe des Klägers zur Bewährung gewandt habe. Letztendlich sei das erstinstanzliche Urteil in seinen wesentlichen Teilen (mit Ausnahme der Verkürzung der Sperrfrist für die Wiedererlangung der Fahrerlaubnis) bestätigt worden (Bl. 30 PA).

In rechtlicher Hinsicht sei darauf hinzuweisen, dass sich der vorliegende Fall von dem Sachverhalt, der dem vom Beklagten angeführten BFH-Urteil vom 16. April 2013 (- IX R 5/12 -) zu Grunde liege, unterscheide. Die Ablehnung der steuerlichen Berücksichtigung könne nur für das erstinstanzliche Verfahren gelten, das der Kläger möglicherweise durch sein Verhalten selbst herbeigeführt habe. Die nachfolgenden Berufungs- und Revisionsverfahren seien aber von ihm nicht verursacht worden, was sich daraus ergebe, dass er insoweit erf...

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