Revision eingelegt (BFH X R 14/20)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerliche Berücksichtigung von in einem EU-Mitgliedstaat gezahlten Pflegeversicherungsbeiträgen als Sonderausgaben im Inland Kein nochmaliger Sonderausgabenabzug für in einem EU-Mitgliedstaat entrichtete und dort steuerlich berücksichtigte Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge im Inland

 

Leitsatz (amtlich)

Während dem Abzug luxemburgischer Pflegeversicherungsbeiträge als Sonderausgaben im Inland bei europarechtlich orientiertem Verständnis die gesetzliche (Neu-)Regelung des § 10 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1c) EStG nicht entgegensteht, ergibt sich kein Anspruch auf doppelte Berücksichtigung gezahlter Kranken- und Rentenversicherungsbeiträge im Tätigkeits- und zudem im Wohnsitzstaat.

 

Normenkette

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 3, § 10 Nr. 3a Abs. 2 S. 1, § 10 Abs. 2 S. 1; DBA Luxemburg Art. 14 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 10.11.2021; Aktenzeichen X R 14-16/20)

BFH (Urteil vom 10.11.2021; Aktenzeichen X R 14/20)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob in Luxemburg vom Arbeitslohn einbehaltene Sozialversicherungsbeiträge im Inland als Sonderausgaben zu berücksichtigen sind.

Der Kläger ist verheiratet. Er wird für die Streitjahre 2013 und 2016 antragsgemäß einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Seinen Beruf als Steuerberater übte er teilweise im Inland im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit aus, teilweise in Luxemburg im Rahmen einer nichtselbständigen Tätigkeit. Die in Luxemburg erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit sind im Inland steuerfrei und unterliegen lediglich dem Progressionsvorbehalt. Ausweislich der vom luxemburgischen Arbeitgeber des Klägers erstellten Lohnbescheinigungen wurden bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für den Lohnsteuerabzug "Sozialbeiträge" iHv 12.403,66 € (2013) und 12.634,51 € (2016) in Abzug gebracht (s. Bl. 65, 218 Einkommensteuerakte).

Die Einkommensteuer 2013 wurde mit Bescheid vom 15. Dezember 2014 antragsgemäß, aber unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem.§ 164 AO festgesetzt. Am 22. Mai 2016 beantragte der Kläger, den Steuerbescheid 2013 dahingehend zu ändern, dass nachfolgende luxemburgische Sozialversicherungsbeiträge berücksichtigt werden sollten:

Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung

9.052,34 €

Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung

3.168,32 €

Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung

1.658,97 €

13.879,63 €

Zur Begründung verwies er auf den Vorlagebeschluss desBFH vom 16. September 2015 I R 62/13 (BStBl II 2016, 205) und beantragte, das Verfahren bis zur Entscheidung des EuGH ruhen zu lassen. Der Beklagte lehnte am 15. Juni 2016 die Änderung des Einkommensteuerbescheids 2013 ab. Hiergegen erhob der Kläger am 25. Juni 2016 Einspruch.

In der Einkommensteuererklärung 2016 wurde der Sonderausgabenabzug für nachfolgende luxemburgischen Sozialversicherungsbeiträge beantragt:

Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung

9.214,00 €

Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung

3.422,00 €

Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung

1.594,00 €

14.230,00 €

Mit Bescheid vom 20. Dezember 2017 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2016 ohne Berücksichtigung der luxemburgischen Sozialversicherungsbeiträge fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO. Am 29. Dezember 2017 beantragte der Kläger die Änderung des Bescheids unter Berücksichtigung der deklarierten Sozialversicherungsbeiträge. Er verwies darauf, dass der EuGH im Urteil vom 22. Juni 2017 C-20/16 ("Bechtel"; BStBl II 2017, 1271) entschieden habe, dass das Abzugsverbot für ausländische Sozialversicherungsbeiträge europarechtswidrig sei. Der Beklagte lehnte die Änderung am 8. Februar 2018 ab. Hiergegen erhob der Kläger am 12. März 2018 Einspruch.

Zur Begründung der Einsprüche trug er vor, dass der EuGH im Urteil vom 22. Juni 2017 C-20/16 (a.a.O.) die vom BFH gestellten Rechtsfragen eindeutig beantwortet habe. Vor dem Hintergrund der Ausführungen des EuGH werde deutlich, dass die im BMF-Schreiben vom 11. Dezember 2017 IV C 3-S 2221/14/10005 (BStBl I 2017, 1624) genannte Voraussetzung für einen Sonderausgabenabzug in Deutschland, dass der Beschäftigungsstaat keinerlei Abzug der mit den steuerfreien Einnahmen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Beiträge im Besteuerungsverfahren zulasse, dem EuGH-Urteil offensichtlich widerspreche bzw. diesem nicht zu entnehmen sei. Außerdem sei zu beachten, dass im Beschäftigungsstaat Luxemburg Beiträge zur Pflegeversicherung überhaupt nicht steuerlich abzugsfähig seien. Diese Beiträge seien daher nach dem EuGH-Urteil zwingend und ohne Einschränkungen in Deutschland als Sonderausgaben abzugsfähig, damit sie sich wenigstens einmal steuerlich auswirkten. Sowohl das o.a. BMF-Schreiben als auch das Jahressteuergesetz 2018 entsprächen nicht der EuGH- bzw. BFH-Rechtsprechung. Der BFH halte auch eine doppelte Berücksichtigung durchaus für möglich. Hierzu habe der EuGH sich - noch - nicht geäußert, was aber keineswegs automatisch bedeute, dass er einen doppelten Abzug ablehne. Zudem widerspreche es o...

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