Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerfreiheit von Heilbehandlungen

 

Leitsatz (amtlich)

Leistungen, die eine Kosmetikerin an einen Arzt dadurch erbringt, dass sie an dessen Patienten auf dessen Anordnung Aknebehandlungen vornimmt und die der Arzt der Kosmetikerin vergütet, sind umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG, wenn es sich dem Grunde nach um von den gesetzlichen Krankenkassen erstattungsfähige Heilbehandlungen handelt.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14 S. 1; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 02.09.2010; Aktenzeichen V R 47/09)

 

Tatbestand

Strittig ist die Umsatzsteuerfreiheit von Leistungen einer Kosmetikerin gegenüber Patienten eines Arztes auf dessen Anordnung. Die Klägerin als Kosmetikerin selbständig tätig. Sie versteuert die Umsätze mit ihrem Kosmetikstudio nach den allgemeinen Regeln. Mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2006 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Änderung der gem. §§ 164, 168 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerfestsetzungen ab 2000, da sie Umsätze aus der Behandlung von an Akne erkrankten Patienten des Herrn Dr. G in dessen Praxis der Umsatzsteuer unterworfen hätte, diese aber umsatzsteuerfrei wären (Blatt 60 der Umsatzsteuerakte). Nach den Feststellungen des Beklagten waren die strittigen Umsätze in den Jahresabschlüssen der Klägerin gesondert aufgeführt (Blatt 61 der Umsatzsteuerakte). Der Arzt Dr. G sei Facharzt für Hautkrankheiten und an einem Tag in der Woche würde sie in seiner Praxis und auf seine Anordnung an Patienten eine "manuelle Akne-Therapie" vornehmen. Dies würde sich aus der Bestätigung des Herrn Dr. G vom 12. Januar 2007 ergeben (Blatt 70 der Umsatzsteuerakte). Sie sei hierzu auf Grund einer Zusatzausbildung in Dermatologie befähigt, was ihr mit Urkunde der Chemisch-Pharmazeutischen Fabrik Dr. A. W. KG vom 22. September 1978 bestätigt worden sei (Blatt 71 der Umsatzsteuerakte). Aus der Bescheinigung des Herrn Dr. G vom 13. August 2007 ergebe sich weiterhin, dass es sich hierbei um eine wissenschaftlich anerkannte und empfohlene Zusatztherapie handle, die sie unter seinen Vorgaben und unter seiner Aufsicht ausführe, wobei die Therapiemaßnahmen gemäß der gültigen Gebührenordnung für Ärzte nach den Ziffern 209 GOÄ, 523 GOÄ, 530 GOÄ, 743 GOÄ und 758 GOÄ von Herrn Dr. G abgerechnet und von den Beihilfestellen und den privaten Krankenkassen erstattet würden (Blatt 101 der Umsatzsteuerakte). Die Erstattung der ärztlichen Leistung würde sich beispielhaft aus der Leistungsabrechnung der DKV vom 12. Dezember 2007 auf die Rechnung des Herrn Dr. G vom 29. November 2007 ergeben (Blatt 115, 116 der Umsatzsteuerakte). Sie erhalte von Herrn Dr. G für diese Leistung einen Pauschalbetrag von 30 € je Patient. Der Beklagte folgte der Auffassung der Klägerin nicht und lehnte die Änderung der Umsatzsteuerfestsetzungen 2000 bis 2004 mit Bescheid vom 9. März 2007 ab. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren erläuterte die Klägerin ergänzend, dass zwischen ihr und Herrn Dr. G kein schriftlicher Vertrag über die freiberufliche Mitarbeit geschlossen worden sei, sondern die Vereinbarungen mündlich gefasst worden wären. Es würde auch keine Rechnungsstellung über die einzelnen Behandlungen erfolgen, sondern sie würde Herrn Dr. G jeweils am Monatsende die Anzahl der von ihr behandelten Patienten mitteilen. Den Pauschalbetrag von 30 € je Patient erhalte sie dann als Gutschrift auf ihr Konto. Da Herr Dr. G nicht über eine Kassenzulassung verfüge, würden in seiner Praxis nur Privatpatienten behandelt, eine Erstattung der Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen sei aber grundsätzlich möglich (Blatt 103 der Umsatzsteuerakte). Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 30. November 2007 zurückgewiesen. Die Klägerin trägt vor, sie würde über ausreichende Kenntnisse verfügen, um die Heilbehandlung unter Aufsicht ausführen zu dürfen. Die Aufwendungen für ihre Heilbehandlungen würden den Patienten des Herrn Dr. G von deren Krankenversicherung erstattet werden. Die Leistungen seien nicht im Heilmittel-Katalog aufgeführt, da es sich um ärztliche Leistungen handeln würde, welche von den gesetzlichen Krankenkassen nach den Bestimmungen des "einheitlichen Bewertungsmaßstabes -EBM-" erstattet würden. Der EBM sei ein Verzeichnis nach dem vertragsärztlich erbrachte ambulante Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung unter anderer Bezifferung abgerechnet würden. Die von Herrn Dr. G abgerechneten Leistungen wären von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen worden, da die einzelnen Leistungen im einheitlichen Bewertungsmaßstab aufgeführt seien (vgl. Blatt 69 bis 77 und Blatt 229 bis 235 der Prozessakte). Es sei im Streitfall nicht von Bedeutung, dass die Leistungen zwar gegenüber Patienten erbracht, ihr aber von dem Arzt der Patientinnen bezahlt worden seien. Es handle sich bei den Behandlungen auch nicht um kosmetische Maßnahmen, die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen wären, sondern um Heilbehandl...

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