Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen des Vertrauensschutzes bei Täuschung über den Abnehmer innergemeinschaftlicher Lieferungen

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 6 Abs. 4 UStG gewährt keinen Vertrauensschutz für die Annahme, dass der angebliche Abnehmer mit dem wirklichen Abnehmer identisch ist.

Der Nachweis der Verbringung ins übrige Gemeinschaftsgebiet durch Bestätigung der dortigen Zulassung der gelieferten Fahrzeuge ist nicht ausreichend, wenn aufgrund der Täuschung über den tatsächlichen Abnehmer nicht festgestellt werden kann, dass der wirkliche Abnehmer Unternehmer ist.

 

Normenkette

UStG § 6a Abs. 4; UStDV §§ 17a, 17c

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Lieferungen von 8 gebrauchten Kraftfahrzeugen als innergemeinschaftliche Lieferungen gemäß § 4 Nr. 1 b i.V.m. § 6 a Umsatzsteuergesetz (UStG) steuerfrei sind.

Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft, betreibt den Handel mit Kraftfahrzeugen. In der Umsatzsteuererklärung 1999 erklärte sie steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen gemäß § 4 Nr. 1 b UStG in Höhe von 14.156.611,- DM. Der Beklagte stimmte der Umsatzsteuererklärung zu, das Guthaben wurde erstattet.

Eine auf Bitten der Klägerin im Januar 2000 für die Monate September und Oktober 1999 durchgeführte Umsatzsteuer-Sonderprüfung führte zu folgenden Feststellungen:

Die Klägerin hat im Prüfungszeitraum bei sechs Verkaufsvorgängen insgesamt acht Gebrauchtfahrzeuge nach Italien, vermeintlich an die Firma O, verkauft. Der für die Firma O aufgetretene Aufkäufer, der der Klägerin nur unter dem Namen "R" bekannt ist, hatte die Fahrzeuge jeweils ausgesucht und den Preis verhandelt. Die Pkw wurden dann - gegen Barzahlung - zu vereinbarten Terminen von einer vom Abnehmer beauftragten ausländischen Spedition in P bzw. auf einer Raststätte in der Nähe von K auf einen Transporter geladen. Herrn "R" wurde von der Klägerin bei Kaufabschluss die Ausgangsrechnung und eine von der Klägerin vorgefertigte Bescheinigung ausgehändigt (vgl. Muster FG-Akte, Bl. 45). Darin sollte der Käufer durch Unterschrift bescheinigen, dass er bzw. sein Beauftragter das jeweilige Fahrzeug in Empfang genommen habe, das Fahrzeug ins übrige Gemeinschaftsgebiet befördert und dort ordnungsgemäß versteuert werde. Diese Bescheinigungen wurden vom vermeintlichen Empfänger unterschrieben und per Fax an die Klägerin zurückgeschickt. Die zurückgesandte Bescheinigung enthielt folgenden Stempelaufdruck:

"O SPA, Straße, PLZ Ort, IVA Nummer" (s. z.B. FG-Akte, Bl. 48)

Neben dem Stempelaufdruck ist eine Unterschrift des Käufers sowie eine Unterschrift des Beauftragten angebracht. Die Faxe enthalten jedoch keine Fax-Kennung des Absenders (vgl. Bl. 44 ff FG-Akte).

Bei der letzten Pkw-Lieferung wurde dem Aufkäufer ("R") versehentlich keine vorgefertigte Bescheinigung mitgegeben. Die Klägerin brachte über die Auslandsauskunft die Telefon- und Fax-Nummer der Firma O in Erfahrung und übersandte am 2. Dezember 1999 die vorgefertigte Bescheinigung. Mit Antwortschreiben vom 6. Dezember 1999 teilte die Firma O mit, dass keine Geschäftsbeziehung zur Klägerin bestünde und ihr weder die Person des Beauftragten noch die Unterschrift bekannt sei.

Der Aufkäufer "R" konnte bei seinem letzten Besuch bei der Klägerin entkommen, ohne dass seine Personalien festgestellt werden konnten.

Aufgrund der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 21. März 2001 (USt-Akte 1999, Bl. 8) einen geänderten Umsatzsteuerbescheid 1999, in dem die Lieferungen der 8 Kfz als steuerpflichtige Lieferungen behandelt und die steuerpflichtigen Umsätze um insgesamt 149.500,- DM erhöht wurden. Die von der Klägerin geforderte USt-Nachzahlung beträgt 20.620,50 DM.

Mit dem hiergegen erhobenen Einspruch wandte die Klägerin ein, im Streitfall sei die Vertrauensschutzregelung des § 6 a Abs. 4 UStG anzuwenden. Die USt-IdNr. der Firma O habe sie sich durch das Bundesamt für Finanzen bestätigen lassen (USt-Akte, Bl. 17). Für sie habe kein Grund bestanden, an der Gültigkeit der angegebenen IdNr. zu zweifeln. Die buch- und belegmäßigen Nachweispflichten seien allesamt erfüllt. Die unrichtigen Angaben des Abnehmers hätten trotz Beachtung der notwendigen Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht erkannt werden können. Die Umsatzsteuer werde vom Abnehmer, der von der Klägerin mit seinem Fahrzeug zumindest fotografiert worden sei, geschuldet.

Mit Entscheidung vom 31. August 2001 (USt-Akte 1999, Bl. 18 ff) wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin könne sich nicht auf die Vertrauensschutzregelung des § 6 a Abs. 4 UStG berufen, da sie die ihr obliegende Sorgfaltspflicht nicht eingehalten habe. Da es sich um einen der Klägerin zuvor nicht bekannten Abnehmer und zudem um Barzahlungsgeschäfte gehandelt habe, sei die Klägerin verpflichtet gewesen, die Identität des auftretenden "R" und seine Berechtigung zum Handeln für die Firma O zu überprüfen. Tatsächlich habe sie jedoch lediglich die USt-IdNr. durch das Bundesamt für Finanzen überprüfen lassen. Die Auskunft habe im Übrigen ergeben, ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge