Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzicht auf einen Teil des Arbeitsentgeltes

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Verzicht auf einen Teil des Arbeitsentgelts liegt nicht vor, wenn von vornherein mit dem Arbeitgeber ein entsprechend niedrigerer Betrag vereinbart worden ist. Die IHK hatte die Ausbildungsvergütung bei dem Wechsel zwar im 3. Ausbildungsjahr erhöht. Es war der Auszubildenden aber aufgrund der außerordentlichen Umstände nicht zumutbar, den möglichen Anspruch einzuklagen.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 8

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Tochter ... auf einen Teil ihres Arbeitsentgeltes verzichtet hat.

Die Klägerin hat unter anderem die Tochter ..., geboren am ... November ... Bianca hat bis zum Juni 1993 die ... Schule in ... besucht. Vom 1. August 1993 bis 31. Juli 1994 hat sie ein Vorpraktikum für den Beruf der Erzieherin bei der katholischen Kirchengemeinde in ... absolviert. Da sie keinen Ausbildungsplatz für Erzieherin bekommen hat, hat sie zunächst ab 1. September 1994 als Bürohilfe gearbeitet. Am 29. Juni 1995 hat sie einen Berufsausbildungsvertrag mit der Firma ... GmbH in ... abgeschlossen für die Ausbildung als Bürokauffrau. Die Ausbildung sollte vom 1. August 1995 bis 31. Juli 1998 dauern. Für die einzelnen Ausbildungsjahre war eine Vergütung von 515,00, 630,00 und 763,00 DM vorgesehen. Dieser Vertrag wurde von der Industrie- und Handelskammer genehmigt. Durch die Insolvenz der Ausbildungsfirma wurde ... arbeitslos und konnte ihre Ausbildung in diesem Betrieb nicht fortsetzen. Sie hat versucht, eine neue Ausbildungsstelle zu finden. Am 13. Oktober 1997 hat sie mit ... einen Ausbildungsvertrag abgeschlossen vom 15. September 1997 bis 31. Juli 1998. Als Ausbildungsvergütung war vereinbart 610,00 DM. Dieser Betrag wurde von der Industrie- und Handelskammer abgeändert in 1.305,00 DM mit dem Stempel: Änderung nach Rücksprache mit Ausbildungsbetrieb und dem Vermerk "Einzelhandel". Daraufhin hat der Beklagte mit Bescheid vom 27. Mai 1999 die Festsetzung des Kindergeldes für ... ab Januar 1998 aufgehoben und das Kindergeld für die Zeit von Januar bis Juli 1998 in Höhe von insgesamt 1.540,00 DM zurückgefordert.

Hiergegen hat die Klägerin Einspruch eingelegt und im Einspruchsverfahren ein Schreiben der ... vorgelegt, in dem diese bestätigten, dass ... Herrn ... gebeten hat, in seinem Betrieb die Ausbildung zu beenden. Es sei eine Ausbildungsvergütung auf der Basis eines 630,00 DM-Jobs vereinbart worden. Laut Lohnsteuerkarte 1998 hat ... vom 1. Januar bis 22. Juli einen Arbeitslohn von 5.348,13 DM erhalten. Mit Einspruchsentscheidung vom 11. August 1999 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage trägt die Klägerin vor, dass die ... nur bereit gewesen sei, die Tochter ... auf der Basis eines 630,00 DM-Jobs weiter auszubilden. Um die Fortführung und Beendigung der Ausbildung nicht zu gefährden, sei die Tochter bereit gewesen, auf der Basis von 630,00 DM ihre Ausbildung bei der Firma ... fortzusetzen. Sie habe in dieser Zeit auch nur einen Bruttoarbeitslohn von 5.348,13 DM erhalten, wie sich aus der Lohnsteuerkarte ergebe. Zwischen dem Ausbildungsbetrieb und ... sei gerade keine Ausbildungsvergütung von 1.305,00 DM vereinbart worden, es handele sich nicht um einen Fall, in dem nachträglich die Ausbildungsvergütung auf 630,00 DM abgeändert worden sei. Somit sei ein Verzicht nicht gegeben. Die Änderung des Ausbildungsvertrages auf 1.305,00 DM sei auf Veranlassung der Industrie- und Handelskammer erfolgt. Im übrigen sei nach dem ersten Ausbildungsvertrag für das dritte Ausbildungsjahr lediglich eine Vergütung von 763,00 DM vorgesehen gewesen. Der Beklagte könne deshalb nicht argumentieren, ... habe ungeachtet der vertraglich vereinbarten Ausbildungsvergütung einen niedrigeren Betrag akzeptiert. Der Hinweis des Beklagten, dass auf tarifliche Ansprüche nicht verzichtet werden könne, sei zwar grundsätzlich zutreffend, im vorliegenden Fall aber nicht anwendbar. Gemäß § 7 des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz könnten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in begründeten Fällen auf geringfügige Entgeltansprüche verzichten. Ein begründeter Fall läge im Streitfall deshalb vor, da die Firma ... nur bereit gewesen sei, zu der geringeren Ausbildungsvergütung das Ausbildungsverhältnis fortzusetzen und dem Kind ... die Möglichkeit zu geben, die Ausbildung erfolgreich zum Abschluß zu bringen.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid über die Aufhebung / Rückforderung des Kindergeldes vom 27. Mai 1999 und die Einspruchsentscheidung vom 11. August 1999 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Zur Begründung führt er aus, dass nach § 32 Abs. 4 Satz 8 Einkommensteuergesetz - EStG - ... nicht auf Teile der ihr zustehenden Einkünfte habe verzichten können. Weiterhin ergebe sich aus dem Berufsbildungsgesetz, dass der Berufsausbildungsvertrag Angaben über die Höhe der Ausbildungsvergütung enthalten müsse. Aus § 10 Abs. 1 gehe hervor, dass der Ausbildende ...

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