Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufnahme des Kindes in den Haushalt des Kindergeldberechtigten

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Im Rahmen des örtlichen Elements gehört zur Haushaltsaufnahme grds. das räumliche Zusammenleben zwischen Kind und Berechtigtem.
  2. Leben Berechtigter und Kind zusammen in einem Einfamilienhaus (vor Trennung der Eltern Familienwohnsitz), so muss die Haushaltsaufnahme des Kindes nicht daran scheitern, dass das Kind in dem Einfamilienhaus eine voll ausgestattete Dachgeschoßwohnung bewohnt, die mit einer Abschlusstür versehen ist. Es sind immer die Umstände des Einzelfalls entscheidend.
 

Normenkette

EStG § 64 Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob im Streitjahr 1996 die Tochter der Klägerin in deren Haushalt aufgenommen war.

Die Klägerin ist mit dem Beigeladenen verheiratet; die Eheleute leben seit vielen Jahren getrennt. Aus der Ehe ist die gemeinsame Tochter ... (geb. am ... 73) hervorgegangen, die ihr Lehramtsstudium mit dem ersten Staatsexamen abgeschlossen und im Herbst 1998 ihr Referendariat begonnen hat; sie ist derzeit in einer Aushilfsstelle als Lehrerin tätig. Die Tochter wohnt im selben Haus wie die Klägerin; es handelt sich dabei um das frühere gemeinsame Familienwohnhaus, das der Beigeladene vor Jahren aus Anlass der Trennung verlassen hat.

Unter dem 27. November 1996 stellte die Klägerin beim Beklagten Antrag auf Zahlung von Kindergeld. Dieser Antrag wurde mit Bescheiden vom 11. April und 27. Mai 1997 abgelehnt. Der hiergegen am 9. Mai 1997 eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 1997 abgewiesen mit der Begründung, die Klägerin habe die Tochter nicht in ihrem Haushalt aufgenommen, die Tochter führe vielmehr in dem Haus einen eigenen Hausstand. Ein Anspruch gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 bestehe daher nicht. Da der Kindesvater den überwiegenden Unterhalt zahle, stehe ihm das Kindergeld gemäß § 64 Abs. 3 EStG zu.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 11. November 1997 bei Gericht eingegangenen Klage. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor: Zutreffend sei zwar, dass der Kindsvater an die Tochter einen monatlichen Barunterhalt in Höhe von 600,-- DM leistet, die Klägerin dagegen lediglich einen Betrag in Höhe von 400,-- DM. Entgegen der Auffassung des Beklagten habe sie, die Klägerin, die gemeinsame Tochter aber im Streitjahr in ihren Haushalt aufgenommen, so dass das Kindergeld gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG an sie zu zahlen sei. Entgegen der Auffassung des Beklagten, die auf entsprechenden Angaben des Beigeladenen basierten, handele es sich bei der Wohnung der Tochter im Dachgeschoß des Hauses nicht um eine abgeschlossene Wohnung. Im übrigen enthalte die Dachgeschoßwohnung keine Küche, sondern lediglich eine Küchenzeile im Wohnzimmer, die wegen defekter einzelner Geräte auch nur eingeschränkt genutzt werden könne. Heißes Wasser stehe nicht zur Verfügung. Sie, die Klägerin, komme auch für Strom- und Wasserkosten auf; die Tochter erhalte von ihr außerdem je nach Bedarf einen finanziellen Zuschuss für Kleidung, Möbel, Haushaltsgegenstände, Urlaub und Studienmaterial. Auch habe sie der Tochter den Musikunterricht sowie einen Computer finanziert. Außerdem komme sie, die Klägerin, für die gemeinsamen Mahlzeiten auf.

Sie lasse ihrer Tochter auch ihre Fürsorge zukommen; sie mache ihre Wäsche und versorge sie mit Mahlzeiten. Darüber hinaus hole sich die Tochter sehr häufig bei ihr Rat und bespreche mit ihr sämtliche Probleme.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, unter Aufhebung der Bescheide vom 11. April und 27. Mai 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 1997 den Antrag der Klägerin auf Auszahlung des Kindergeldes für das Kind ... ab Mai 1996 bis Dezember 1996 positiv zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte nimmt klageerwidernd Bezug auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 1997.

Mit Beschluss vom 18. Februar 2000 hat der Senat den Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 FGO auf den Einzelrichter übertragen.

Mit Beschluss vom 10. April 2000 hat das Gericht folgenden Beweisbeschluss erlassen: Es soll Beweis erhoben werden über die Frage, ob im Streitjahr 1996 die Tochter der Klägerin ... in den Haushalt der Mutter aufgenommen worden ist, durch Vernehmung der Tochter. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftliche Sitzungsniederschrift verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage führt auch in der Sache zum Erfolg. Die Klägerin hat gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG für den streitbefangenen Zeitraum einen Anspruch auf Kindergeld. Sie hat die gemeinsame Tochter ... in ihren Haushalt aufgenommen.

§ 64 EStG regelt das Zusammentreffen mehrerer Ansprüche. § 64 Abs. 1 EStG enthält dazu zunächst den Grundsätzen der Vermeidung von Doppelleistung. Danach wird für jedes Kind nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt; dies entspricht der in § 31 beschriebenen Zielsetzung der Kindergeldgewährung, durch die ein Betrag in Höhe des Existenzminimums des Kindes - und zwar nur einmal...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge