Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftungsbescheid

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

 

Tatbestand

Streitig ist; ob die Klägerin für Steuerrückstände der Firma … § 75 AO (Betriebsübernahme) haftet.

Die Klägerin, die zum … Konzern gehört, betreibt einen Groß- und Einzelhandel mit hochwertigen Herrenkonfektionsartikeln. Sie unterhält im Gebiet der Bundesrepublik mehr als 40 Verkaufsläden. Ende der 80er Jahre begann die Klägerin, einzelne Filialgeschäfte zu verselbständigen und zwar in der Regel in der Rechtsform der GmbH & Co. KG, wobei die Klägerin in der Regel 50 % der Geschäftsanteile hielt, während die übrigen Anteile jeweils von einem fremden Partner gehalten wurden, der auch zum Geschäftsführer bestellt wurde. Die so verselbständigten Geschäfte wurden vertraglich in das Franchise-System der Klägerin eingebunden. Auf diese Weise sollte ein einheitliches Auftreten am Markt und ein weitgehend zentralisierter Wareneinkauf sichergestellt werden.

Einige der selbständigen Filialen wurden Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre liquidiert. Das Finanzamt … –Großbetriebsprüfung– hat im Anschluß an eine bei der Klägerin durchgeführte Betriebsprüfung für die Veranlagungszeiträume 1989 bis 1992 folgende grundsätzliche Feststellungen getroffen (Anschreiben an den Beklagten vom 21. Oktober 1994):

„Die Bp hat während der noch laufenden Prüfung festgestellt, daß einige der selbständigen Filialen im Prüfungszeitraum und auch danach liquidiert wurden. Die Franchise-KG's erklären nach einer längeren Verlustphase und eingetretener Überschuldung die Einstellung der aktiven Tätigkeit als Einzelhändler und liquidieren das Vermögen.

Die Bank stellt zu diesem Zeitpunkt sämtliche Darlehen und Kredite fällig. Die Gläubigerbank hat sich bereits zuvor das Sicherungseigentum an den Warenbeständen und der Ladeneinrichtungen einräumen lassen. Zudem bestehen oft bereits Bürgschaften der Gesellschafter und Rangrücktrittserklärungen.

Die NS-KG führt dieses Geschäft ab diesem Datum wieder als nichtselbständige Filiale in den gleichen Räumen mit dem gleichen Warenbestand und der gleichen Ladeneinrichtung fort. Den Wert der übernommenen Einrichtung (Buchwert), und des Warenbestands (Einkaufspreis) zu diesem Zeitpunkt teilt die NS-KG der Bank mit und bittet die Bank diese Wirtschaftsgüter der NS-KG in Rechnung zu stellen. Daraufhin erteilt die Bank der Franchise-KG eine Gutschrift für die Übernahme der Wirtschaftsgüter mit gleichem Wert. Die NS-KG erhält die angeforderte Ausgangsrechnung. Gutschrift und Rechnung werden mit MwSt. ausgestellt. Die Bank verrechnet die von der NS-KG eingehenden Zahlungen mit den Darlehen. Sofern der Wert der abgerechneten Wirtschaftsgüter die Schulden übersteigt, schreibt die Bank die eingehenden Zahlungen der Franchise-KG gut oder die NS-KG braucht diese Beträge nicht an die Bank zu bezahlen und verrechnet mit offenen Forderungen ggü. der Franchise-KG, offenbar ungeachtet etwaiger Rangrücktritte. Der die Schulden übersteigende Veräußerungserlös aus der Verwertung des Sicherungsgutes fließt i.R.d. Liquidation der NS-KG zu. Dadurch verbleiben der Franchise-KG i.d.R. keine Mittel, Rückstände bei anderen Gläubigern zu befriedigen.”

Dem vorliegenden Streitverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Bei der Firma …andelt es sich um ein verselbständigtes Filialgeschäft der Klägerin im Franchise-Verbund. Beteiligt an der Firma … waren zu je 50 v.H. die Kommanditisten … sowie die Klägerin – die Komplementär-GmbH war nicht beteiligt. Die Firma … betrieb ihr Ladenlokal in Koblenz im sog. …, die Geschäftsräume waren ihr von der Klägerin untervermietet. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten übereignete die Firma … mäß Sicherungsvertrag vom 4. Juli 1985 der … ihre gesamte Ladeneinrichtung, Geschäfts- und Waren. Der Geschäftsbetrieb wurde zum 31. Dezember 1989 beim Gewerbeamt der Stadt … abgemeldet. Das der … sicherungsübereignete Anlagevermögen ist in der Schlußbilanz der Firma … Dezember 1989 aufgeführt.

Gemäß zweier Rechnungen vom 7. Februar 1990 kaufte die Klägerin von der … die Ladeneinrichtung und Geschäftsausstattung (Gesamtkaufpreis 120.128,64 DM incl. 14 % MWST) sowie die Warenausstattung (362.433,90 DM incl. 14 % MWST) der sich in Liquidation befindlichen Firma …um Gesamtkaufpreis von insgesamt 423.399,47 DM zzgl. 14 % MWST in Höhe von 59.262,07 DM. Rein faktisch hatte die Klägerin zu diesem Zeitpunkt die Geschäfte der Firma … bereits übernommen und zwar seit dem 1. Januar 1990, wobei die Übernahme ohne Unterbrechnung des Geschäftsbetriebes und ohne nennenswerte Änderungen vonstatten ging. Zur Fortführung der Geschäfte der Firma … mußte die Klägerin keine erheblichen finanziellen Aufwendungen tätigen. Ein schriftlicher Übergabevertrag zwischen der Klägerin und der Firma … zu keinem Zeitpunkt geschlossen worden. Eine Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1990 für den übernommenen Betrieb in Koblenz hat die Klägerin nicht erstellt, da es sich bei dem Betrieb nicht mehr um ein selbständiges...

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