Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerbare sonstige Leistung gegen Entgelt in "Gutscheinfällen"

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Einlösung von Werbegutscheinen in Form von Freimünzungen führt zu umsatzsteuerbaren Erlösen eines Geldspielgerätebetreibers.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 9b

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.11.2014; Aktenzeichen V R 55/13)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Einlösung von Werbegutscheinen in Form von Freimünzungen zu umsatzsteuerbaren Erlösen des Geldspielgerätebetreibers führt, oder ob dieser damit lediglich unentgeltliche sonstige Leistungen erbringt, die nicht der Umsatzsteuer unterliegen.

Die Klägerin betreibt mehrere Spielhallen, in denen auch Geldspielgeräte stehen. Die Umsätze versteuert sie nach vereinbarten Entgelten.

Erstmals im Jahr 2007 verteilte sie anlässlich der Neueröffnung einer Spielhalle über Zeitungsanzeigen und Auslage in Geschäften an künftige Kunden "Test Coupons" i.H.v. jeweils 100 €. Der Flyer zeigt eine Fotomontage mit drei Spielwürfeln und einer Roulettescheibe, darüber der Text: "Spielotheken · Billard-Cafe · Internet Cafe · Jetzt neu eröffnet H/L · M · Casino B · Öffnungszeiten (...)· Täglich warm-kaltes Buffet", darunter der Test Coupon. Der Text des Coupon-Abschnittes lautet wie folgt: "TEST COUPON 100,- EURO CASINO B. · Täglich nur 10,- Euro einlösbar · Pro Person nur 1 Coupon · Gültig bis 31.03.2007 oder bis auf Widerruf · Keine Barauszahlung · Nur zur Freimünzung an Geldspielgeräten bei Vorlage dieses Coupons · Für alle ab 18 Jahren!!!"

Die Einlösung der Coupons ging wie folgt vonstatten: Nach Ausweiskontrolle wurde der Betrag von 100 € einem auf den Namen des Kunden eingerichteten Konto gutgeschrieben und eine Kundenkarte ausgegeben. Pro Tag und Kunde konnte unter Vorlage der Kundenkarte nur ein Betrag von 10 € abgerufen werden. Der Kunde bestätigte jeweils schriftlich den Erhalt des Gutscheinbetrages von 10 €. Sodann wurde das vom Kunden gewählte Gerät i.H.v. 10 € "freigemünzt", indem ein Mitarbeiter der Klägerin einen entsprechenden Geldbetrag in den Automaten einwarf.

In der als Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung geltenden Umsatzsteuererklärung 2007 vom 28.11.2008 erklärte die Klägerin u.a. Erlöse aus den Geldspielgeräten i.H.v. 1.682.512,35 € und machte "Erlösschmälerungen" i.H.v. 642.488,79 € geltend. Die Umsatzsteuer errechnete sie mit ./. 2.084,67 € (vgl. auch Anlage zur Umsatzsteuererklärung 2007 vom 28.11.2008).

Aufgrund der Feststellungen einer für 2007 durchgeführten Außenprüfung (Bericht vom 13.11.2009) setzte das Finanzamt mit nach § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid vom 22.12.2009 die Umsatzsteuer 2007 auf 119.426,05 € herauf und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Die Änderung beruhte im Wesentlichen darauf, dass die von der Klägerin vorgenommenen Erlösschmälerungen i.H.v. 637.386 € nicht anerkannt wurden (vgl. Tz. 4.2 Prüfungsbericht). Dabei handelte es sich um Erlöse aus den eingelösten Gutscheinen, die nach Meinung des Prüfers die Bemessungsgrundlage der Geldspielumsätze nicht minderten, weil sie nicht in direktem Zusammenhang mit einem konkreten Spiel stünden (OFD Koblenz, Verfügung vom 14.07.2008).

Vom Zeitpunkt des Geldeinwurfs an liege es in der Hand des Kunden, wie er mit dem Geld verfahre. Er könne sich das Guthaben auszahlen lassen, er könne damit an einem anderen Automaten weiterspielen, er könne gewinnen und sich das Guthaben auszahlen lassen. Eine Überwachung durch das Aufsichtspersonal sei nicht möglich.

Die ertragsteuerliche Behandlung dieser Gelder als Betriebsausgaben ("Werbeaufwand") blieb unverändert.

Nicht streitig sind weitere 1.016 € versehentlich nicht gebuchte Einnahmen.

Die Umsatzsteuer 2008 wurde zuletzt mit Bescheid vom 23.02.2010 – entsprechend der ursprünglichen Erklärung – i.H.v. 196.643,48 € festgesetzt. Die auf der Einlösung der Gutscheine beruhenden Freimünzungen i.H.v. 218.261 € wurden in voller Höhe als steuerpflichtiges Entgelt behandelt. Die Erlöse aus den Geldspielbeträgen betrugen insgesamt 1.916.646,08 €. Der Bescheid stand unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

Die Klägerin legte sowohl gegen den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 22.12.2009 als auch gegen den geänderten Bescheid 2008 vom 23.02.2010 wegen der Behandlung der Beträge aus der Einlösung der Werbegutscheine jeweils fristgerecht Einspruch ein.

Sie vertrat die Auffassung, die vom Finanzamt angeführte Verfügung der OFD Koblenz betreffe nur Spielbanken. Die Art des Geldgewinnspiels in Spielbanken sei mit der in Spielhallen betriebenen nicht vergleichbar.

Mit Einlösung der Gutscheine habe sie eine nicht steuerbare unentgeltliche sonstige Leistung erbracht. Der Kunde habe den Gutscheinbetrag nie ausgehändigt bekommen. Er habe ihn sich auch nicht direkt nach Spielbeginn vom Personal unbemerkt auszahlen lassen können. Das eingeworfene Geld werde vom Automaten zuerst in Punkte umgebucht. Die einzelnen Spiele liefen ausschließlich auf Punkteebene ab. Wenn ein Spieler das Spiel beenden möchte, müsse er die erspielten Punkt...

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