Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld: Berechnung des Grenzbetrages nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Prüfung, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Jahresgrenzbetrag überschreiten, sind die Einkünfte weder um die einbehaltene Lohnsteuer und den Solidaritätszuschlag noch um Beiträge für vermögenswirksame Leistungen oder Aufwendungen für die sog. Riesterrente zu kürzen.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 2; GG Art. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 14.07.2009; Aktenzeichen III B 82/08)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Kläger Kindergeld für das Kind A für den Zeitraum Januar bis Dezember 2005 deswegen nicht zusteht, weil der Jahresgrenzbetrag des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten ist.

Der Kläger bezog für seinen Sohn A (geb. XX.12.1983), der sich in der Zeit vom 16.09.2002 bis 16.02.2006 in Berufsausbildung zum Kommunikationselektroniker befand, Kindergeld. Mit Bescheid vom 24.04.2003 wurde die Bewilligung von Kindergeld im Rahmen einer Prognoseentscheidung ab Januar 2003 aufgehoben, weil die Einkünfte und Bezüge von A voraussichtlich den Jahresgrenzbetrag übersteigen werden. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

In Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.01.2005 – 2 BvR 167/02 wurde dem Kläger mit Bescheid vom 16.05.2006 Kindergeld für A für den Zeitpunkt der Berufsausbildung mit Ausnahme des Kalenderjahrs 2005 bewilligt, weil die Einkünfte und Bezüge von A im Kalenderjahr 2005 auch nach Berücksichtigung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 11.01.2005 den Jahresgrenzbetrag überstiegen. Nach der von der Beklagten durchgeführten Berechnung der Einkünfte und Bezüge für 2005 ergab sich eine Gesamtsumme i.H.v. 7.684,34 €.

Der dagegen eingelegte Einspruch, der im Wesentlichen damit begründet wurde, dass § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG dem Proportionalitätsgebot des Artikel 3 GG nicht entspreche (Fallbeilwirkung), hatte keinen Erfolg. Die Beklagte führte in der Einspruchsentscheidung vom 31.07.2007 dazu aus, dass es sich bei dem Jahresgrenzbetrag nicht um einen Freibetrag, sondern um eine Freigrenze handele. Damit führe bereits ein geringfügiges Überschreiten des Grenzbetrages zur vollumfänglichen Versagung des Kindergelds.

Mit seiner Klage beantragt der Kläger, die Beklagte zu verpflichten, den Teilbewilligungsbescheid vom 16.05.2006 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 31.07.2007 dahin abzuändern, dass Kindergeld für A auch für den Zeitraum Januar bis Dezember 2005 bewilligt wird.

Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein Vorbringen im Einspruchsverfahren. Weiter trägt er vor, bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge seien auch die von A im Jahr 2005 entrichteten Zahlungen auf eine Kapitallebensversicherung i.H.v. 419 € sowie die gezahlte Lohnsteuer und der Solidaritätszuschlag i.H.v. 4 € zu berücksichtigen. Darüber hinaus seien im Jahr 2005 vermögenswirksame Leistungen i.H.v. 480 € geleistet worden. Auch die Aufwendungen für die sogenannte Riesterrente i.H.v. 134,16 € seien zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, die Einkünfte und Bezüge von A überstiegen im Streitjahr den Jahresgrenzbetrag. Die sogenannte Fallbeilwirkung des Jahresgrenzbetrages habe der Bundesfinanzhof bereits mit Urteil vom 21.07.2000 VI R 153/99 für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten. Eine gegen dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde sei vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen worden. Der BFH habe die von ihm damals vertretene Rechtsauffassung im Übrigen mit Beschluss vom 01.03.2002 VIII B 156/01 erneut bestätigt.

Selbst wenn eine Übergangsregelung zur Vermeidung der Fallbeilwirkung verfassungsrechtlich geboten wäre, würde dies noch nicht zwingend zu einem Kindergeldanspruch des Klägers führen (vgl. Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 18.12.2006 VI 305/2006, EFG 2007, 1339). Denn eine Übergangsregelung könne bereits vor Erreichen des Grenzbetrags eingreifen, weil bei Erreichen des Grenzbetrags keine Unterhaltsleistungen der Eltern mehr erforderlich sei.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Für den Zeitraum Januar bis Dezember 2005 scheitert die Bewilligung von Kindergeld für A an der Überschreitung des Jahresgrenzbetrags des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG.

  1. Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG besteht u.a. Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind für einen Beruf ausgebildet wird (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG). Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG wird es allerdings nur berücksichtigt, wenn die Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder zur Berufsausbildung bestimmt sind, den Jahresgrenzbetrag bzw. den anteiligen Jahresgrenzbetrag im Jahr 2005 nicht überschreiten.
  2. Die berücksichtigungspflichtigen Einkünfte und Bezüge des Sohnes A im Kalenderjahr 2005 übersteigen den Jahresgrenzbetrag von 7.680 €.

    Der Kläger kann sich bei seinem Sachvortrag, auch sonstige von A getragene Sonderausgaben seien nicht in die Bemessungsgröße des Jahresgren...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge