Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Geldspeicher eines Geldeinwurfautomaten stellt im Zeitpunkt der Entleerung eine Kasse dar; die Kasseneinnahmen sind zeitgerecht aufzuzeichnen.

 

Normenkette

AO §§ 146, 158, 162

 

Tatbestand

Streitig sind Gewinnerhöhungen aufgrund von Zuschätzungen wegen nicht ordnungsgemäßer Kassen- und Buchführung.

Der Kläger betreibt mehrere Erotikmärkte unter dem einheitlichen Namen „Markt“, darunter seit November 2000 den „Markt 1“, 1. In dem Markt gibt es einen Verkaufsbereich, in dem Filme, ehehygienische Artikel etc. verkauft werden und einen weiteren Bereich mit Erotik-Kino (2 Kleinkinos) und 9 DVD-Kabinen. Dieser Markt wurde zum 01.02.2005 an Frau Z unter zeitgleichem Abschluss eines Franchise-Vertrages verkauft.

Für das Streitjahr 2004 erklärte der Kläger in der Erklärung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 77.101 €; mit Feststellungsbescheid vom 27.03.2006, der gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, stellte das Finanzamt die Einkünfte erklärungsgemäß fest. Nach Abgabe einer berichtigten Erklärung erließ das Finanzamt am 21.12.2006 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheid, in dem es die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erklärungsgemäß i.H.v. 79.797 € feststellte; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Für das Streitjahr 2005 erklärte der Kläger in der Erklärung über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 13.664 €; mit Feststellungsbescheid vom 26.02.2007, der nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, stellte das Finanzamt die Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 631.438 € fest; hierbei entfielen 13.664 € auf laufende Einkünfte und 617.774 € auf vom Kläger mitgeteilte Veräußerungsgewinne.

Mit Bescheid für 2004 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 07.04.2006, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO erging, wurde der Gewerbesteuermessbetrag auf 1.480 € festgesetzt. Mit gemäß § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 21.12.2006 wurde der Gewerbesteuermessbetrag auf 1.615 € festgesetzt; der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Für das Streitjahr 2005 erließ das Finanzamt am 26.02.2007 einen Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag, der nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, in dem es den Gewerbesteuermessbetrag auf 0 € festsetzte.

Das Finanzamt führte von Oktober 2008 bis September 2009 beim Kläger eine Außenprüfung für die Streitjahre durch. Nach den Feststellungen des Prüfers im Betriebsprüfungsbericht vom 02.11.2009 wurden die Einnahmen aus dem Verkaufsbereich von Fremdpersonal in eine Registrierkasse eingegeben und die Tageseinnahmen mittels Tagesendsummenbons festgehalten. Die Kinokasse und die Videokabinenkassen seien vom Kläger in unregelmäßigen Abständen, maximal einmal wöchentlich geleert worden. Nach Auskunft des Klägers seien die Geldscheine und Münzen bei der Bank – ohne eigene Zählung – abgeliefert worden mit anschließender Bankgutschrift. Unterschiedliche Beträge für betriebliche Zwecke seien hiervon bezahlt worden. Durch Addition der vorgenannten Beträge sei die Summe der Einnahmen ermittelt worden d.h. die Ermittlung des Kassenbestandes sei nur rechnerisch, nicht durch Zählen und nur in größeren Zeitabständen, erfolgt. Der Klägervertreter habe während der Betriebsprüfung zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger die Kassen selbst leere, damit niemand – auch kein Mitarbeiter – wisse, wie viel Geld sich in den Kassen befinde. Ihm sei nicht zuzumuten, das jeden Tag zu tun.

Jeder Automat stelle eine in sich geschlossene Kasse dar, deren Ergebnis gesondert ermittelt und aufgezeichnet werden müsse. In einigen Fällen seien gleiche Einnahmebeträge aufgezeichnet worden. Eine getrennte Aufzeichnung der einzelnen Kassen (für jede einzelne Videokabine bzw. für das Kino) sei nicht erfolgt; die Bareinnahmen aus diesem Bereich seien nicht zeitnah ermittelt worden. Eine Kassensturzfähigkeit sei nicht gegeben gewesen, tägliche Kassenberichte seien nicht geführt worden. Aufgrund dieser Mängel könne die Buchführung nicht als ordnungsmäßig angesehen werden; es sei eine Einnahmezuschätzung vorzunehmen für 2004 von 16.500 € brutto und für 2005 von 1.300 € brutto. Hierbei handele es sich um eine Zuschätzung i.H.v. 10 % der erklärten Umsätze aus dem Bereich Kino/Video-Kabinen.

Das Finanzamt folgte dieser und weiteren Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ am 16.03.2010 gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Feststellungsbescheide 2004 und 2005, in denen es für 2004 die Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.H.v. 92.161 € und für 2005 i.H.v. 556.257 €, welche sämtlich den laufenden Einkünften zugeordnet wurden, feststellte.

Ferner erließ das Finanzamt am 16.03.2010 gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag: für 2004 wurde der Gewerbesteuermessbetrag i.H.v. 2.235 € und für 2005 i.H.v. 25....

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