rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

1. Zur Bedeutung sog. kritischer Betriebsausgaben i.S.v. § 4 Abs. 5 EStG - 2. Zur Abgrenzung des Typus „häusliches Arbeitszimmer“ vom Typus „ häusliche Betriebsstätte“ - 3. Zur Beurteilung des häuslichen Arbeitszimmers als Mittelpunkt einer beratenden und unterweisenden Tätigkeit („Coaching“) - 4. Zu den Voraussetzungen der Anerkennung betrieblich oder beruflich veranlasster Arbeitsverhältnisse bei der Beschäftigung der Eltern

 

Leitsatz (amtlich)

zu 1.) § 4 Abs. 5 EStG will sicherstellen, dass Aufwendungen, die auch die private Lebenssphäre des Steuerpflichtigen berühren können, nicht oder nicht in vollem Umfang als Betriebsausgaben anzusetzen sind (sog. kritische Betriebsausgaben).

zu 2.) Eine häusliche Betriebsstätte liegt nicht vor, wenn eine genaue Abgrenzung der beruflichen und privaten Bereiche mit ausreichenden Kontrollmöglichkeiten aufgrund der Zugangsmöglichkeit vom Wohnbereich wie etwa in einer Maisonette- Wohnung nicht gegeben ist.

Die konzeptionelle Vor- und Nachbereitung von Schulungseinheiten mit Videoanalysen am Computer sind büromäßige Tätigkeiten und nicht den handwerklichen Tätigkeiten in einem Werkstattbetrieb vergleichbar. Die Beschäftigung der Eltern in den Büroräumen hebt wegen des besonderen Näheverhältnisses die Zuordnung der Räume zur privaten Sphäre nicht auf.

zu 3.) Bei Personalcoaching vor Ort beim Kunden oder in angemieteten Schulungsräumen bildet das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung, selbst wenn dort die wesentlichen gedanklichen und handwerklichen Vor- und Nachbereitungsarbeiten ausgeführt werden.

zu 4.) Die steuerliche Berücksichtigung von Lohnaufwendungen aufgrund der Beschäftigung der Eltern kommt nicht in Betracht, wenn die tatsächlichen Zahlungen nicht mit den gebuchten Zahlungen in Einklang stehen und die tatsächliche Erfüllung der Zahlungspflichten nicht dem entspricht, was zwischen fremden Dritten üblich ist.

 

Normenkette

EStG §§ 4 Abs. 4, 4 Abs. 5, 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, 4 Abs. 5 S. 3, 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Fragen, ob der Kläger berechtigt ist, Kosten für die berufliche Nutzung von Räumen in seiner privaten Wohnung und vereinbarte Zuwendungen an seine Eltern für deren Mitarbeit in seinem Unternehmen als Betriebsausgaben anzusetzen.

Der Kläger ist heilpraktischer Psychotherapeut und diplomierter Sozialpädagoge. Er meldete zum 01.12.2000 eine selbständige Tätigkeit als Unternehmensberater unter der Bezeichnung A in Z an. Seine Arbeit bestand im Wesentlichen in der Schulung von Mitarbeitern der Niederlassungen von P . Zudem erstellte er Seminarkonzeptionen für P und für andere Firmen. Die Schulungen führte er in den P -Niederlassungen oder in angemieteten Tagungsräumen durch. Die Vorbereitungen der Schulungen und die Nachbereitung der Seminare erledigte er in den Streitjahren zunächst in einer kleinen Drei-Zimmer-Wohnung in Z mit ca. 58 qm. Am 14.08.2002 bezog er eine Wohnung in X , die sich maisonetteartig über zwei Stockwerke (insg. 101 qm) erstreckte. In zwei Räumen des oberen Geschosses ("Loggia", insg. 27 qm), die über eine Treppe von den übrigen Wohnräumen des unteren Geschosses aus erreichbar, die aber auch über einen eigenen Eingang vom Treppenhaus her zugänglich waren, hatte er sein Büro eingerichtet. Diese als Arbeitsräume genutzten Zimmer stattete der Kläger für die Zwecke seiner Unternehmung aus, renovierte sie entsprechend und bestückte sie mit Schreibtischen, Aktenschränken und insbesondere mit PC-Anlagen.

In seinem Unternehmen beschäftigte der Kläger ab den Jahren 2001 seine Eltern. Die Mutter, von Beruf Handwerksmeisterin (geb. 11.11.1111), erledigte allgemein anfallende Büroarbeiten, der Vater, von Beruf Diplom-Betriebswirt (geb. 11.11.1111), war mit Betriebsanalysen beschäftigt. Mit seiner Mutter schloss der Kläger am 28.12.2002 einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit einem monatlichen Entgelt von brutto 325 €. Mit seinem Vater schloss er einen schriftlichen Arbeitsvertrag am 27.03.2003 mit einem monatlichen Entgelt von 200 € brutto.

Wegen der einzelnen Vereinbarungen wird auf den Inhalt der Verträge verwiesen.

Zahlungen leistete der Kläger an seine Eltern, die in dieser Zeit keiner hauptberuflichen Tätigkeit mehr nachgingen, ab Februar 2003 in unregelmäßigen Abständen mit Banküberweisung, ab Ende August nur noch durch Barzahlungen.

Die aufgrund seiner selbständigen Arbeit erzielten Gewinne ermittelte der Kläger aus dem Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG).

In den Streitjahren war der Kläger ledig.

Der Kläger reichte für das Streitjahr 2001 am 13.12.2002 und für die Streitjahre 2002 und 2003 zunächst keine Steuererklärungen ein, sodass das Finanzamt für diese Jahre die Besteuerungsrundlagen im Wege der Schätzung ermittelte (vgl. Einkommensteuerbescheide vom 13.10.2004 für 2002 und vom 03.06.2005 für 2003). Die Einkommensteuererklärung für 2002 gab der Kläger am 22.10.2004 und die Erklärung für 2003 am 11.07.20...

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