Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsteuerabzug für Beratungsleistungen zur Durchführung einer Anteilsveräußerung Grundsätzlich keine Geschäftsveräußerung trotz vollständiger Übertragung der Anteile an einer GmbH Mögliche Geschäftsveräußerung bei Begründung einer Organschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für Beratungsleistungen zur Durchführung einer Anteilsveräußerung kann keine Vorsteuer abgezogen werden, weil diese Beratungsleistungen in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit steuerfreien Umsätzen stehen.

2. Die Inhaberschaft von Anteilen an einer GmbH reicht (im Gegensatz zur Inhaberschaft von Vermögenswerten dieser GmbH) für sich genommen nicht hin, um eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit der Veräußerin fortführen zu können.

3. Eine Geschäftsveräußerung im Ganzen liegt nicht vor, wenn nur (isoliert) die Inhaberschaft am Unternehmen ohne die die unternehmerische Betätigung vermittelnden Rechtsverhältnisse (Vermietung, Organschaft) übertragen wird.

4. Etwas anders gilt jedoch bei der Übertragung der Beteiligung einer Organgesellschaft, wenn auch zwischen dem Anteilserwerber und der bisherigen Organgesellschaft eine umsatzsteuerliche Organschaft besteht bzw. begründet wird und der Anteilserwerber als neuer Organträger die aufgrund der bisherigen Organschaft bestehende eigenunternehmerische Tätigkeit des Veräußerers unverändert fortführt. In diesem Fall kann es sich bei der Beteiligung an der Organgesellschaft um ein hinreichendes Ganzes bzw. Teilvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG handeln. Da die für die Fortführung des Geschäftsbetriebs insoweit notwendigen Betriebsgrundstücke vom Erwerber auch angemietet werden können, ist der Erwerber als Organträger auch ohne deren Übertragung umsatzsteuerrechtlicher Leistungsempfänger der Vermietungsleistung des Veräußerers. Für eine Geschäftsveräußerung müssen die bestehenden Rechtsverhältnisse insoweit nicht mit "übertragen" werden.

5. Im Einzelfall können institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeiten in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung eine organisatorische Eingliederung bewirken. Das bloße Recht zur Bestellung oder Abberufung von Geschäftsführern ohne weitergehende personelle Verflechtung über das Geschäftsführungsorgan reicht für eine organisatorische Eingliederung nicht aus.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1a, § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1, § 4 Nr. 8 Buchst. f., § 15 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3; MwStSysRL Art. 19, 135 Abs. 1 Buchst. f.

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin für von ihr bezogene Beratungsleistungen hinsichtlich der Veräußerung ihres Tochterunternehmens Vorsteuer abziehen kann.

Die Klägerin, eine GmbH & Co KG, war vor dem 04.12.2012 alleinige Gesellschafterin der B. An diese vermietete sie Betriebsgrundstücke (seit dem 01.01.2013 steuerpflichtig). Entgeltliche Geschäftsführungsleistungen gegenüber der B erbrachte die Klägerin nicht. Kommanditist der Klägerin, Gesellschafter der Komplementärin der Klägerin und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer sowohl der Klägerin als auch der B war W. Die Klägerin war umsatzsteuerrechtliche Organträgerin der B.

Durch Unternehmenskaufvertrag vom 04.12.2012 verkaufte die Klägerin ihre Beteiligung an der B überwiegend an eine Beteiligungsgesellschaft, die H (Erwerberin). Eine Option zur Umsatzsteuerpflicht erfolgte nicht. Einen geringeren Teil der Anteile brachte die Klägerin im Wege der Sachkapitalerhöhung in die Erwerberin ein, so dass sie seitdem zu 25,1 % an dieser beteiligt ist.

Zum Zeitpunkt des Anteilskaufs waren C und D jeweils als einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Erwerberin bestellt. Als gemeinsame Geschäftsführer der B nach W wurden deren bisherige Prokuristen E und F am 06.02.2013 in das Handelsregister eingetragen.

Die Gesellschafterversammlung der B beschloss am 04.12.2012 gemäß § 5 Abs. 3 ihrer Satzung eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung (GO). Letztere sieht unter Ziffer 6 Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Gesellschafterversammlung für über den gewöhnlichen Umfang des Geschäftsbetriebs hinausgehende Handlungen der Geschäftsführung vor. Dazu gehören u.a. der Abschluss von Verträgen über die Ergebnisbeteiligung, über die Veräußerung wesentlicher Teile des Gesellschaftsvermögens und von Unternehmensverträgen im Sinne der §§ 291, 292 AktG (z.B. Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, Betriebsverpachtung). Weitere Zustimmungsvorbehalte bestehen bei Verträgen mit einem Gesellschafter, dem Abschluss von Beratungsverträgen mit einem Honorarvolumen von über 5.000,00 €, Immobilien-Mietverträgen, dem Erwerb von Beteiligungen, Grundstücken, der Stilllegung oder Verlegung von Standorten, der Übernahme von Sicherheiten außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs, nicht im Businessplan vereinbarten Investitionen von mehr als 5.000,00 € im Einzelfall bzw. von 20.000 € in Summe sowie langfristigen sonstigen Verträgen mit einem jährlichen Vertragswert von mehr als 75.000 ...

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