Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Anwendbarkeit der Vereinfachungsregelung des § 44 UStDV

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Vereinfachungsregelung des § 44 Abs. 1 und Abs. 2 UStDV, wonach eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG unterbleiben kann, wenn die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts entfallende Vorsteuer 500 DM nicht übersteigt oder sich bei einem Wirtschaftsgut in einem Kalenderjahr die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse gegenüber den Verhältnissen im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung um weniger als 10 Prozentpunkte geändert haben, widerspricht weder den Vorschriften des nationalen Rechts noch der 6. EG-Richtlinie.

 

Normenkette

UStDV § 44 Abs. 1-2; UStG § 15a Abs. 7 Nr. 1; Richtl 77/388/EWG Art. 20 Abs. 4; Richtl 77/388/EWG Art. 20 Abs. 5; Richtl 77/388/EWG Art. 27 Abs. 1 Satz 2

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendbarkeit der Vereinfachungsregelung des § 44 Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung -UStDV-.

Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft ein Bauunternehmen. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die X Verwaltungs-GmbH. Neben steuerpflichtigen Umsätzen führt die Klägerin auch steuerfreie Umsätze durch die Veräußerung von schlüsselfertigen Einfamilienhäusern gemäß § 4 Nr. 9 a UStG aus.

In der am 15.04.1996 beim Finanzamt eingereichten berichtigten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1994 errechnete die Klägerin eine Umsatzsteuer i.H.v. 1.143.850,80 DM. Dabei waren u.a. erklärt Vorsteuern i.H.v. 1.114.983 DM sowie Vorsteuern i.H.v. 5.093,57 DM, die die Klägerin aufgrund Änderung des Verwendungsschlüssels gemäß § 15 a UStG als nachträglich abziehbar erklärte.

Anlässlich einer bei der Klägerin durchgeführten steuerlichen Prüfung für die Jahre 1992 bis 1995 stellte der Prüfer fest, dass die Klägerin im Jahr 1994 Vorsteuerberichtigungen bei Gegenständen des Anlagevermögens auch dann durchgeführt hat, wenn die umsatzsteuerlichen Auswirkungen geringer als 500 DM waren und die in der Spalte 62 der Umsatzsteuererklärung in Höhe von 4.738 DM in dem abziehbaren Vorsteuerbetrag (d.h. ohne Berichtigung nach § 15 a UStG) von 1.114.983 DM enthalten waren. Der Prüfer war der Auffassung, dass die Berichtigungen im Hinblick auf die Vereinfachungsregelung in § 44 UStDV zu Unrecht vorgenommen worden waren. Er kürzte entsprechend die Vorsteuer um 4.738 DM. Auf den Betriebsprüfungsbericht vom 15.04.1998 Tz. 5.4 wird verwiesen. Der Betrag - der rechnerisch unstreitig ist - entsprach dem Saldo der entgegen § 44 UStDV vorgenommenen Vorsteuerberichtigung von nichtabzugsfähiger Vorsteuer (VoSt ./. 1.547 DM) und abzugsfähiger Vorsteuer (VoSt + 6.285 DM).

Das Finanzamt folgte den Prüfungsfeststellungen und setzte mit Bescheid über Umsatzsteuer für das Jahr 1994 vom 09.09.1998 die Umsatzsteuer mit 1.187.498 DM fest. Das Finanzamt berücksichtigte die Vorsteuern i.H.v. 1.110.245,18 DM.

Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg (vgl. Einspruchsentscheidung vom 15.02.2002).

Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt, den Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 09.09.1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 15.02.2002 dahin zu ändern, dass weitere Vorsteuern i.H.v. 4.738 DM anerkannt werden.

Zur Begründung trägt sie Folgendes vor:

Soweit die aus Vereinfachungsgründen zu unterlassenden Vorsteuerberichtigungen nach § 44 UStDV zu einer zusätzlichen Besteuerung führten, sei dies rechtswidrig.

Die Regelungen des § 44 Abs. 1 und 2 UStDV seien nicht schon durch die Ermächtigung des § 15a Abs. 7 Nr. 1 UStG gedeckt. Zwar könne das Bundesministerium der Finanzen (BMF) durch Rechtsverordnung Fälle festlegen, in denen das Berichtigungsverfahren aus Vereinfachungsgründen unterbleiben solle; allerdings könne es mangels Vergleichbarkeit Berichtigungen zugunsten und Berichtigungen zuungunsten des Steuerpflichtigen nicht mit demselben Maß messen. Soweit das BMF per Rechtsverordnung Vereinfachungen zugunsten des Steuerpflichtigen regele, bleibe ihm das unbenommen. Es könne in diesen Fällen entscheiden, ob sich die Anwendung des Berichtigungsverfahrens zur Durchsetzung des Besteuerungsanspruchs lohne. Demgegenüber könne es nicht regeln, in welchen Fällen der Steuerpflichtige aus Vereinfachungsgründen auf einen legitimen Erstattungsanspruch verzichten müsse. Es würde damit das Rechtsstaatsprinzip aus pragmatischen Gründen ausgehebelt werden. Das BMF dürfe nicht aus der Sichtweise des Verwaltungsapparates den Zwangsverzicht des Steuerpflichtigen regeln, sondern hätte den kleinsten Unternehmer als Maßstab nehmen müssen. Es liege auf der Hand, dass für einen fiktiven Unternehmer mit einem Umsatz von beispielsweise 32.501 DM die Absolutgrenze von 500 DM eine andere Größenordnung darstelle als für den Verwaltungsapparat.

Es möge auch aus der Sicht der Verwaltung so sein, dass es statistisch nicht unwahrscheinlich erscheine, dass sämtliche Berichtigungen sämtlicher Unternehmer im Inland, die zu Gunsten unterbleiben, in etwa derselben Größenordnung liegen, wie aus Vereinfachungsgründ...

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