Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtmäßigkeit eines Duldungsbescheides

 

Leitsatz (redaktionell)

Vor dem 1.1.1999 erlassene Duldungsbescheide werden durch das AnfG 1999 nicht berührt.

Nach § 3 Abs. 1 AnfG sind Rechtsgeschäfte mit dem Ehegatten des Schuldners anfechtbar, durch deren Abschluss die Gläubiger benachteiligt werden und bei denen der Vertragspartner nicht beweisen kann, dass ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses eine Absicht des Schuldner, die Gläubiger zu benachteiligen, nicht bekannt war.

 

Normenkette

AnfG § 20 Abs. 2 S. 2, §§ 9, 3 Abs. 1; AO § 191 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit des Duldungsbescheids vom 27.06.1995.

Der Ehemann der Klägerin war als Kommanditist an der Fa. ... beteiligt. Die KG stellte ihren Betrieb im Jahr 1982 ein, ein Konkursantrag wurde mangels Masse abgelehnt. Aus der 1983 erfolgten Veräußerung des Betriebsgrundstücks wurde dem Ehemann ein anteiliger Veräußerungsgewinn von 312.000 DM zugerechnet. Die bestandskräftig festgesetzte Einkommensteuer 1983 betrug 78.630 DM und war am 14.04.1986 fällig.

Mit notariellem Vertrag vom 22.04.1994 erhielt die Klägerin von ihrem Ehemann einen Hälfteanteil an dem Grundstück ... gegen Übernahme verschiedener Schulden übertragen. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 29.06.1994. Bereits mit Vertrag vom 30.10.1982 hatte der Ehemann der Klägerin alle gegenwärtigen und zukünftig pfändbaren Teile seiner Gehaltsansprüche sowie den pfändbaren Teil seines zukünftigen Rentenanspruchs abgetreten.

Nachdem die Vollstreckung gegen den Ehemann weitgehend erfolglos geblieben war focht das Finanzamt mit Duldungsbescheid vom 27.06.1995 nach § 3 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Anfechtungsgesetz (AnfG) a. F. die Übertragung des hälftigen Grundstücksanteils vom 22.04.1994 sowie die Abtretungsvereinbarung vom 30.10.1982 an und machte den gesetzlichen Rückgewähranspruch geltend. Danach hatte die Klägerin die Vollstreckung in den Grundstücksanteil bzw. die abgetretenen Gehaltsansprüche etc. zu dulden, sofern sie diese Folge nicht durch Zahlung des Vollstreckungswertes von 153.890 DM (ESt 1983 71.895 DM; Säumniszuschläge 81.194 DM und angefallene Vollstreckungskosten 801 DM) abwenden würde.

Das Einspruchsverfahren, in dem die Klägerin auf einen wegen der Steuerrückstände gestellten Erlassantrag verwiesen hatte, blieb ohne Erfolg.

Die Klägerin hat Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt:

Der Duldungsbescheid sei rechtswidrig, weil auf Grund unwirksamer Anfechtung eine Duldungspflicht der Klägerin nicht bestehe. Nach herrschender Meinung sei die Geltendmachung eines Anfechtungsrechts durch Duldungsbescheid zu verneinen. Die entgegenstehende Meinung des Bundesfinanzhofs zeuge von zivilrechtlicher Ignoranz und hebe das Kompetenzgefüge des Grundgesetzes aus den Angeln. Unabhängig davon komme einem Duldungsbescheid seit 01.01.1999 keine anfechtungswahrende Wirkung mehr zu, weil nach der seitdem geltenden Rechtslage § 7 AnfG für die Berechnung der Anfechtungsfristen an die gerichtliche Geltendmachung der Anfechtbarkeit anknüpfe. Folglich sei ein Duldungsbescheid kraft Gesetzes unzulässig. Das AnfG a. F. sei gemäß § 20 Abs. 2 AnfG lediglich auf die Fälle anzuwenden, bei denen die Anfechtbarkeit vor dem 01.01.1999 gerichtlich geltend gemacht worden sei.

Es mangele jedoch auch an den Tatbestandsvoraussetzungen der Anfechtung. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung habe nicht stattgefunden, weil auf Grund fehlender zeitlicher Nähe zwischen der angefochtenen Abtretungsvereinbarung aus dem Jahre 1982 und dem Einkommensteuerbescheid vom 06.05.1986 das Finanzamt nicht habe benachteiligt werden können. Ferner sei zu beachten, dass das Finanzamt deshalb nicht benachteiligt sein könne, weil es jedenfalls nicht besser gestellt gewesen wäre, wenn der Ehemann keiner Berufstätigkeit nachgegangen wäre. Eine unmittelbare Gläubigerbenachteiligung sei schließlich auch deshalb nicht gegeben, weil der Schuldner jeweils eine vollwertige Gegenleistung erhalten habe und zwar für die Abtretung des Gehaltsanspruchs die Befreiung von seiner durch Schuldanerkenntnis festgestellten Verbindlichkeit gegenüber der Klägerin und für die Übertragung des Grundstücksanteils die Übernahme von Grundschulden (valutiert in Höhe von 117.380 DM), den Erlass eines Ersatzanspruchs aus einer vorgenommenen Sondertilgung in Höhe von 35.000 DM sowie die Übernahme von Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 60.000 DM.

Ein Anfechtungsrecht bestehe auch nicht in geltend gemachter Höhe, weil alle vor dem 28.06.1994 liegenden Abtretungsvorgänge verjährt seien und folglich auch nur insoweit die Gesamtsumme des in diesem Zeitraum (28.06.1994 bis 28.06.1995) abgetretenen Gehalts der Anfechtung unterliegen könne.

Die Klägerin hat beantragt den Duldungsbescheid vom 27.06.1995 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.01.2001 aufzuheben.

Das Finanzamt hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, der Duldungsbescheid sei rechtmäßig. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs würden vor dem 01.01.1999 erlassene...

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