Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderung einer Kindergeldfestsetzung nach § 70 Abs. 4 EStG bei Unterschreitung der prognostizierten Einkünfte und des Jahresgrenzbetrags nach § 32 Abs. 4 S. 2 EStG

 

Leitsatz (amtlich)

Eine die Festsetzung von Kindergeld ablehnende Prognoseentscheidung ist auch dann nach § 70 Abs. 4 EStG zu ändern, wenn der Familienkasse nach Ablauf des Kalenderjahres bekannt wird, dass Kind die Ausbildung bereits zum Zeitpunkt der Prognoseentscheidung abgebrochen hatte uns sich deshalb der maßgebliche Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 S. 2  EStG geändert und die zu berücksichtigenden Einkünfte vermindert haben. Soweit sich aus DA-FamEStG 70.6, S. 6, 2. - anderes ergibt, ist dem nicht zuzustimmen.

 

Normenkette

EStG §§ 32 Abs. 4 S. 2, 70 Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig ist zuletzt noch, ob die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für das Kind A für Januar bis April 2004 geändert werden kann.

Der Kläger bezog für seinen Sohn A (geb. 01.02.1983) zunächst laufend Kindergeld. Nach der vom 23.02.2004 datierenden Ausbildungsbescheinigung der 1 GmbH & Co. KG sollte die Ausbildung des Kindes A zum Kaufmann für Bürokommunikation voraussichtlich bis 31.08.2004 andauern.

Ausgehend von einer Ausbildungsvergütung von monatlich 721,59 €, Urlaubsgeld in Höhe von 347,60 € und einem zeitanteiligen Werbungskostenpauschbetrag in Höhe von 536,67 € erstellte die Beklagte eine Prognoseberechnung der Einkünfte und Bezüge des Kindes A für den Anspruchszeitraum Januar bis einschließlich Juli 2004 mit dem Ergebnis, dass der Gesamtbetrag der Einkünfte von 4.862,06 € die maßgebliche Einkommensgrenze von 4.480 € überschreitet. Mit Bescheid vom 27.04.2004 hob die Beklagte deshalb die Festsetzung des Kindergeldes für A ab Januar 2004 auf mit der Begründung, das Kind befinde sich von Januar bis Juli 2004 in Ausbildung, das Einkommen in dieser Zeit übersteige voraussichtlich den anteiligen Grenzbetrag von 4.480 € (7/12 aus 7.680 €). Der Bescheid wurde vom Kläger nicht angefochten.

Mit Schreiben vom 16.01.2005 beantragte der Kläger erneut die Festsetzung von Kindergeld für seinen Sohn A und legte hierzu u.a. eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen seines Sohnes für Januar bis Juli 2004 und eine Lohnsteuerbescheinigung für 2004 vor. Aus Letzterer ergibt sich die Zahlung einer Ausbildungsvergütung im Zeitraum 01.01. - 01.04.2004 in Höhe von insgesamt 2.415,54 € (brutto). Außerdem teilte er unter Vorlage eines Leistungsnachweises der Agentur für Arbeit für den Zeitraum vom 25.06.2004 bis 31.12.2004 mit, A sei von April bis Juni 2004 arbeitslos ohne Leistung gewesen, von Juni bis Dezember 2004 habe er Leistungen der Agentur für Arbeit bezogen. Aus einer Bescheinigung der Abschlussprüfung im Winter 2004 der IHK, die vom 21.02.2005 datiert, geht hervor, dass A die Prüfung nicht bestanden hat.

Mit Bescheid vom 26.09.2005 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf rückwirkende Neufestsetzung des Kindergeldes bzw. Änderung des Aufhebungsbescheids vom 27.04.2004 für das Kind A ab mit der Begründung, Kindergeld könne erst vom Folgemonat nach Bekanntgabe des ursprünglichen, bestandskräftigen Ablehnungsbescheids an festgesetzt werden.

Mit am 05.10.2005 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben legte der Kläger gegen den Bescheid vom 26.09.2005 Einspruch ein.

Mit Einspruchsentscheidung vom 14.11.2005 wies die Beklagte den Einspruch gegen den Bescheid vom 26.09.2005 betreffend das Kindergeld für A als unbegründet zurück. Die Einspruchsentscheidung begründete die Beklagte im Wesentlichen damit, dass die Bestandskraft des Aufhebungsbescheides vom 27.04.2004 einer Neufestsetzung oder Bescheidsänderung entgegenstehe. Eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO scheide aus, weil den Kläger ein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der maßgeblichen Tatsachen bzw. Beweismittel treffe.

Mit seinem an die Agentur für Arbeit gerichteten Schreiben vom 03.12.2005 wandte sich der Kläger u.a. gegen die Einspruchsentscheidung vom 14.11.2005.

Mit Schreiben vom 02.01.2006 bat der Kläger, seine Schreiben als Klageschrift an das zuständige Finanzgericht weiterzuleiten.

Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Die Einlegung eines Einspruchs gegen den Bescheid vom 27.04.2004 sei unterblieben, weil nach einer Auskunft der Kindergeldkasse ein erneuter Antrag hätte gestellt werden können, der dazu geführt hätte, dass die Einsprüche des Klägers gewahrt bleiben. Dies gehe sinngemäß auch aus dem Schreiben des Klägers vom 03.12.2005 hervor, in dem der Kläger ausführt: „Nachdem wir jedoch die Möglichkeit bekommen haben (Schreiben vom 27.04.2004, S. 2), nach Ablauf des Jahres einen erneuten Antrag auf Festsetzung des Kindergelds zu stellen, falls die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag nicht überschreiten, haben wir dies auch getan.“ Der Kläger sei davon ausgegangen, dass aufgrund seiner Schreiben vom 02.03. und 23.03.2004 die Kindergeldansprüche nicht bestandskräftig werden. Hilfsweise beantragen die Klägervertreter in ihrem am ...

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