Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Steuerberaters wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung seines Mandanten

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Steuerberater, der von der Steuerunehrlichkeit seines Mandanten weiß, etwa aufgrund dessen fehlerhafter Buchführung oder aufgrund der Nichterklärung eines steuerpflichtigen Umsatzes, handelt als Gehilfe mit Vorsatz, wenn er gleichwohl seinen Mandanten weiterhin unterstützt, indem er in seiner Kanzlei unrichtige Betriebszahlen in Steuerformulare eintragen läßt, diese mit seinem Kanzleistempel versieht und damit den Anschein der Richtigkeit erweckt.

 

Normenkette

AO §§ 71, 191 Abs. 1, § 370 Abs. 1; StGB § 27 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 22.04.2004; Aktenzeichen VII B 369/03)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger zu Recht als Beteiligter einer Steuerhinterziehung für die Umsatzsteuer aus 1994 und 1995 der Firma A. B. GmbH haftet.

Der Kläger ist als selbständiger Steuerberater in Z. tätig. Seit etwa 1992 hatte er für die Firma A. B. GmbH ein Beratungsmandat. Er erhielt monatliche Akontozahlungen i.H.v. 3.086 DM (inklusive Umsatzsteuer).

Die berichtigten Umsatzsteuervoranmeldungen für Januar und Februar 1994 und die Umsatzsteuervoranmeldungen für Juni 1994 bis Juli 1995 der Firma A. B. GmbH wurden durch die Steuerkanzlei des Klägers angefertigt, letztmals die Voranmeldung für Juli 1995, die am 14.09.1995 beim Finanzamt abgegeben wurde. Die Besteuerungsgrundlagen hatte die Firma A. B. GmbH telefonisch an die Steuerkanzlei übermittelt, diese übertrug die Zahlen in die Voranmeldungsformulare und versah sie mit dem Kanzleistempel; danach wurden die ausgefüllten Formulare an die Firma zurückgereicht.

Unternehmensgegenstand der Firma A. B. GmbH war der An- und Verkauf von Verlagsprodukten und damit zusammenhängende Dienstleistungen. Die GmbH verfügte über keine eigene Werber-Organisation, sondern kaufte von anderen Vertriebsgesellschaften Abonnentenverträge, ... auf. Obwohl die Firma zur Buchführung verpflichtet war, wurde ab Anfang März 1994 eine Belegerfassung über das Buchführungssystem „DATEV“ nicht mehr vorgenommen. Ab Mai 1994 führte sie auch kein Kassenbuch mehr. Es erfolgte lediglich eine nach Monaten geordnete Belegablage.

Der Kläger wusste von der fehlenden Finanzbuchhaltung, beanstandete aber dieses Verhalten gegenüber den Verantwortlichen der Firma A. B. GmbH nicht. Er empfahl, die umsatzsteuerpflichtigen Provisionseinnahmen und die vorsteuerbelasteten Betriebsausgaben allmonatlich aufzuaddieren und die Beträge seiner Steuerkanzlei mitzuteilen.

Der Kläger wusste spätestens ab Mai 1994, dass die Firma A. B. GmbH einen Bestand an Abonnentenverträgen ... am 12.04.1994 an die Firma X. GmbH in H. für 3,3 Mio. DM verkauft hatte und dass dieser umsatzsteuerpflichtige Vorgang nicht in die Umsatzsteuervoranmeldung für April 1994 aufgenommen worden war. Der Kläger wies seine Mandantin darauf hin, dass die geschuldete Umsatzsteuer unverzüglich nachzuerklären und zu bezahlen sei. Er wusste, dass seine Mandantin wegen Zahlungsschwierigkeiten eine Berichtigung nicht in einem Schritt erledigen, sondern berichtigte Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Januar bis Mai 1994 erstellen wollte. Hierzu stellte er seiner Mandantin mehrere Vordrucke für Umsatzsteuervoranmeldungen zur Verfügung. Tatsächlich wurde aber die geschuldete Umsatzsteuer nicht nachgemeldet.

Aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung bei den Verantwortlichen der Firma A. B. GmbH (vgl. Fahndungsbericht vom 01.04.1997, Steuernummer FA Z.) wurde festgestellt, dass die Mandantin des Klägers in den Jahren 1994 Umsätze i.H.v. 5.098.719 DM und in 1995 i.H.v. 1.547.969 DM gegenüber dem Finanzamt nicht erklärt hatte (vgl. Anklageschrift der StA bei dem LG Z. vom 31.03.1998, Az. 504 Js 1157/95). Das Finanzgericht Z. hat mit rechtskräftigem Urteil vom 11.01.2000 (Az ...) eine Umsatzsteuerschuld der Firma A. B. GmbH für 1994 i.H.v. 696.217 DM und für 1995 i.H.v. 536.950 DM festgestellt.

Im Hinblick auf erhebliche Steuernachzahlungen, die nach den vorläufigen Ergebnissen der Fahndungsprüfung zu erwarten gewesen waren, hatte das Finanzamt Z. am 02.02.1996 den dinglichen Arrest in das Vermögen der Firma A. B. GmbH angeordnet. Mit Haftungsbescheiden vom 04.12.1998 nahm das Finanzamt A. als faktischen Geschäftsführer der Firma A. B. GmbH und W. als deren gesetzlichen Vertreter in Anspruch.

Über das Vermögen der Firma A. B. GmbH wurde am 27.11.1996 von einer anderweitigen Gläubigerin Konkursantrag gestellt, der am 03.04.1997 mangels Masse abgewiesen wurde (Amtsgericht Z. Az ...). Laut Gutachten zum Strafvorwurf der Untreue vom 04.08.1997 (Akten der StA bei dem Landgericht Z., Az ...) war die Firma jedenfalls seit 01.01.1993 überschuldet, jedoch nicht zahlungsunfähig.

Der Kläger wurde mit Urteil des Landgerichts Z. vom 01. Dezember 1998 (Az ...) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung in sieben Fällen verurteilt. Das Urteil wirft dem Kläger Beihi...

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