Entscheidungsstichwort (Thema)

Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Die wesentliche und das Berufsbild eines Versicherungsvertreters prägende Tätigkeit wird in der Regel vor Ort und damit außerhalb des häuslichen Arbeitszimmers beim Kunden erbracht.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6b, § 9 Abs. 5

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen für einen beruflich genutzten Raum (Servicebüro) im Einfamilienhaus eines Versicherungsvertreters unbeschränkt oder als Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur beschränkt in Höhe von 2.400 DM als Betriebsausgaben abgezogen werden können.

Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt als angestellter Bezirksleiter der D Versicherungen im Außendienst Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der Einkommensteuererklärung des Streitjahres beantragte der Kläger, Kosten in Höhe von 5.669 DM für das Servicebüro (Nutzfläche 24,8 qm) als Werbungskosten abzuziehen. Das Finanzamt ließ dagegen lediglich einen Betrag von 2.400 DM zum Abzug als Werbungskosten zu (Einkommensteuerbescheid 1997 vom 22.04.1999). Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg. In der Einspruchsentscheidung führte das Finanzamt aus, der Abzug der Aufwendungen sei nach § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG als Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer auf 2.400 DM beschränkt, weil das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bilde. Dies ergebe sich daraus, daß beim Kläger der Schwerpunkt der Berufstätigkeit im Außendienst liege, weil diese Tätigkeit (Besuche bei Kunden zur Vermittlung von Versicherungsabschlüssen) für den geschäftlichen Erfolg entscheidend sei, während im häuslichen Arbeitszimmer zwar notwendige, aber doch nur organisatorische Arbeiten ausgeführt werden würden. Das gelte auch für vom Kläger mit ihm unterstellten Außendienstmitarbeitern im Service-Büro abgehaltene Besprechungen sowie die Ausbildung von Versicherungskaufleuten, zumal sich ein Großteil der Ausbildung ebenfalls im Außendienst vollziehe.

Mit der Klage haben die Kläger Folgendes vortragen lassen: Bei dem durch den Kläger für berufliche Zwecke genutzten Raum handele es sich überhaupt nicht um ein typisches häusliches Arbeitszimmer im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG. Dies ergebe sich zum Einen daraus, dass der Raum offen zugänglich sei und auch von Mitarbeitern für Beratungsgespräche mit Kunden genutzt werde, zum Anderen daraus, für welche Zwecke der Kläger diesen abgetrennten großen Raum nutze. Der begleitende Außendienst beanspruche etwa 30 % der gesamten Arbeitszeit des Klägers. Damit verbunden seien die Führung des Berichtswesens, die gemeinsame Vorbereitung von Besuchen sowie das Erstellen von Angeboten zusammen mit den oder für die unterstellten Außendienstmitarbeiter (in der Regel mindestens 2 - 3), alles Tätigkeiten, die im Servicebüro stattfänden. Auch die Personalsuche für den Arbeitgeber - etwa 10 % der Arbeitszeit - finde vom Büro aus statt. Auf eigene Kundenberatungen entfielen 25 % der Arbeitszeit. Weitere 5 % seiner Arbeitszeit sei der Kläger mit dem Erschließen neuer Märkte, der meist telefonischen Neukundengewinnung etc. beschäftigt, was zum größten Teil vom Servicebüro aus erledigt werde. Die restliche Arbeitszeit des Klägers werde zu jeweils 15 % mit dessen Spezialgebieten, der betrieblichen Altersversorgung und der Baufinanzierung gefüllt. In beiden Bereichen würden die wesentlichen Tätigkeiten (bei der Altersversorgung Betreuung und Verwaltung der Kunden, bei der Baufinanzierung Beleihungsprüfung und -berechnung, Grundschuldfragen, Vereinbarung der Notartermine, Übermittlung der Kundenunterlagen, Verwendungsnachweise und Bautenstandsberichte) vom Servicebüro aus durchgeführt.

Aufgrund der geschilderten Tätigkeitsstruktur werde ersichtlich, dass das Servicebüro die Funktion einer Generalvertretung (Außenstelle der Versicherung) wahrzunehmen habe und sowohl bei einer Gewichtung der zeitlichen als auch der aussagekräftigeren qualitativen Komponenten den Mittelpunkt der Tätigkeit darstelle. Der Kläger nutze das Servicebüro etwa 20 - 25 Stunden pro Woche, zusätzlich 5 Stunden für die Schulung von Mitarbeitern. Mindestens zwei- bis dreimal pro Woche kämen Kunden in das Büro. Auch samstags halte sich der Kläger von 8 - 12 Uhr in seinem Büro auf, seine gesamte Wochenarbeitszeit belaufe sich auf mindestens 55 bis 60 Stunden. Auch die Kerntätigkeiten einer Versicherungsvertretung würden im Servicebüro und nicht im Außendienst erledigt. Dazu gehörten sicherlich die Beratung der Kunden und der Abschluss von Verträgen, doch gerade dies erfolge beim Kläger durch das Vorhalten eines entsprechenden Service in seinem Servicebüro. Um seine ständige Erreichbarkeit und das Erbringen von Serviceleistungen vor Ort zu gewährleisten, sei er als "Außendienstmitarbeiter" auch verpflichtet, ein eigenes Büro zu unterhalten. Folglich sei kein qualitativer Unterschied zu einem Steuerberater mit einem Heimbüro, der zu Buchung...

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