Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung, die nicht der Umsatzsteuer unterliegt

 

Leitsatz (amtlich)

Der Begriff der Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne von § 1 Abs. 1a UStG ist ein autonomer Begriff und einheitlich im Sinne der 6. EG-RL auszulegen; ertragsteuerliche Überlegungen sind nicht maßgeblich. Zu berücksichtigen sind aber Gesichtspunkte der Neutralität der Mehrwertsteuer und der Vereinfachung gewichtiger Übertragungsvorgänge bei Unternehmensveräußerungen.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1a; EWGRichtl-77/388 Art. 5 Abs. 8

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Sinne von § 1 Abs. 1a UStG 1999 vorliegen.

Der Kläger betrieb in der Rechtsform einer Einzelfirma bis in das Streitjahr einen Brennstoffhandel. Seine Umsätze erzielte er im Wesentlichen aus dem Verkauf von Heizöl, Dieselkraftstoffen und Kohlebrennstoffen. Seinen Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich gemäß §§ 4 Abs. 1, 5 EStG.

In seiner Firmenbilanz hatte er zum 31.12.1999 folgende Investitionsgüter aktiviert:

Firmenwert

18.197 DM

Grundstück (800 qm)

80.000 DM

Kohlenlagerhalle

1 DM

Lkw-Garage

26.213 DM

Umzäunung

1 DM

Hofbefestigung

1 DM

Büro und Pkw-Garage

24.835 DM

Tankzug mit Aufbau

1 DM

Tankwagenanhänger

1 DM

Tankwagen mit Aufbau

18.460 DM

Betriebsausstattung

406 DM

Software

3 DM

Im August 2000 verkaufte der Kläger den Tankwagen mit Aufbau (Baujahr 10/96) an die Firma A Mineralöle in B . In der Rechnung vom 31.08.2000 war der Nettokaufpreis in Höhe von 100.000 DM und Mehrwertsteuer hierzu von 16 % jeweils gesondert ausgewiesen.

Am 07.08.2000 schloss der Kläger einen schriftlichen Kaufvertrag mit der Firma C GmbH, die ihren Sitz wie der Kläger in der D in E hatte. Den Vertrag unterzeichnete der Kläger als Verkäufer und FH als Geschäftsführerin sowie GH für die GmbH.

In § 1 „Kaufgegenstand” war Folgendes geregelt:

Der Verkäufer verkauft die nachfolgend genannten Gegenstände aus dem von ihm betriebenen Einzelunternehmen X , D , I E :

  • den Kundenstamm
  • für das künftige Geschäft einschlägige Aufzeichnungen
  • den im Handelsregister eingetragenen Firmennamen „X ”
  • den Tankanhänger Z , amtliches Kennzeichen: XX-XX 744
  • den Lkw mit Tankwagenaufbau Z , XX-XX 733
  • Vorräte und Lagerbestände an Heizöl und Diesel

Die Käuferin wird das Dienstverhältnis mit dem Mitarbeiter Herrn J übernehmen und weiter erfüllen.

X verpflichtet sich zur unentgeltlichen Mitarbeit vom 01.09.2000 bis zum 31.08.2001.

§ 2 „Haftungsausschluss”..........

§ 3 „Nutzungsrecht, Firmierung”

Die Käuferin ist berechtigt, den verkauften Kundenstamm zu nutzen und mit Mineralölprodukten zu versorgen.

Des Weiteren ist der Käuferin die unwiderrufliche Nutzung des Firmennamens „X ” gestattet.

§ 4 „Wettbewerbsverbot”

Der Verkäufer selbst wird künftig keine Geschäfte, weder unmittelbar noch mittelbar, den an die Käuferin verkauften und von ihm gewonnenen Stammkunden vornehmen. Ein Entgelt für das Wettbewerbsverbot ist nicht zu entrichten.

§ 5 „Kaufpreis”

Der Kaufpreis setzt sich wie folgt zusammen:

- für den Kundenstamm

DM

400.000

- für den Tankanhänger Z XX-XX 744

DM

30.000

- für den Lkw XX-XX 733

DM

70.000

(„in Worten: 100.000 Deutsche Mark”)

Die Bezahlung erfolgt:

am 01.09.2000

DM

100.000

am 01.01.2001

DM

116.000

am 01.01.2002

DM

112.000

am 01.01.2003

DM

108.000

am 01.01.2004

DM

104.000

inclusive 4 % Zinsen

§ 6 „Übernahme Warenvorräte”

Die Vorräte und Lagerbestände an Heizöl und Diesel werden am 31.08.2000 gemeinsam inventarisiert und zu den aktuellen Konditionen zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer übernommen.

In dem Kaufvertrag vom 07.08.2000, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, ist ein Gesamtkaufpreis nicht ausgewiesen. Ebenso ist Umsatzsteuer nicht ausgewiesen.

Der Kläger erfasste in seinem Jahresabschluss zum 31.12.2000 Erlöse aus dem Verkauf von Brennstoffen und Warenentnahmen in Höhe von insgesamt 3.019.219,83 DM. Auf den Kohlenhandel entfielen nur Erlöse von 17.673,25 DM. Dazu erklärte er einen Veräußerungsgewinn aus Teilbetriebsaufgabe „Flüssigbrennstoffe” von 582.956 DM. Im Jahre 1999 betrugen die Gesamtleistungen 3.698.009,10 DM.

In seiner Umsatzsteuererklärung vom 17.05.2002 für das Streitjahr erklärte der Kläger u.a. steuerpflichtige Umsätze zu 16 % und in Höhe von 3.113.714 DM und meldete insgesamt eine Umsatzsteuer von 44.507,07 DM an. In den steuerpflichtigen Umsätzen zu 16 % erfasste er als Anlagenverkauf einen Betrag von 100.000 DM. In der Anlage zur USt-Erklärung 2000 führte er als nichtsteuerbaren Umsatz die Veräußerung eines Teilbetriebs in Höhe von 500.000 DM an. Das Finanzamt folgte zunächst diesen Angaben, so dass die Umsatzsteuererklärung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand (§§ 164 Abs. 1, 168 Satz 1 AO).

Das Finanzamt ordnete mit dem Bescheid vom 24.10.2006 eine Überprüfung der Veranlagungen für 2000 bis 2004 in Wege der Einzelermittlung nach § 88 AO (Betriebsnahe Veranlagung) an. Gegenstand der Überprüfung war auch die Teilbetriebsveräußerung ...

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