Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorliegen einer umsatzsteuerlichen Organschaft; Nichtsteuerbarkeit innerorganschaftl. Umsätze

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH, der sich der erkennende Senat anschließt, gehört die Unternehmereigenschaft des Organträgers zu den Voraussetzungen der Organschaft. Der Stpfl. war unstrittig in den Streitjahren als Landwirt und Betreiber einer Photovoltaikanlage Unternehmer und damit tauglicher Organträger. Der Stpfl. war als Komplementär zu 97 % an der H KG beteiligt (§ 4 des Gesellschaftsvertrages) und verfügte über entsprechende Stimmrechte. Da die Gesellschafterversammlung nach § 13 Nr. 1 des Gesellschaftervertrags die Beschlüsse mit einfacher Mehrheit fasst, liegt eine finanzielle Eingliederung vor.

2. Vorliegend sind neben den Vieheinheiten auch die für den Betrieb der Organgesellschaft notwendigen Ställe, die Geschäfts- und Betriebsausstattung sowie die Arbeitskraft des Stpfl. gegen Entgelt überlassen worden. Durch diesen nicht nur unerheblichen Leistungsaustausch zwischen Stpfl. und H KG liegt eine wirtschaftliche Eingliederung vor.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; MwStSystRL Art. 11; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.04.2023; Aktenzeichen V R 8/22)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob zwischen dem Kläger als Organträger und der H KG als Organgesellschaft in den Jahren 2014 bis 2016 eine umsatzsteuerliche Organschaft mit der Folge der Nichtsteuerbarkeit der Innenumsätze bestand.

Der Kläger ist Landwirt und verfügt über Grundbesitz. Gegenstand seines Unternehmens ist die Feldbestellung und Futtermittelproduktion sowie der Betrieb einer Photovoltaikanlage. Er ist am Kapital der H KG als Komplementär zu 97 % beteiligt. Gegenstand der Gesellschaft ist die Bullenmast im Rahmen einer Tierhaltungskooperation i. S. des § 51a des Bewertungsgesetztes (BewG). Die H KG erzielte in den Streitjahren ausschließlich Umsätze, die der Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (UStG) unterlagen. Der Kläger erhielt für die Nutzungsüberlassung von Vieheinheiten, für die Überlassung seiner Ställe und Betriebs- und Geschäftsausstattungen sowie für seine Arbeitskraft einen Vorabgewinn gemäß § 9 des Gesellschaftsvertrags.

In dem Gesellschaftsvertrag der H KG, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, vereinbarten die Gesellschafter u.a. Folgendes:

„Gesellschaftsvertrag über die Gründung einer Kommanditgesellschaft (KG)

X H, …

– Gesellschafter zu 1) –

und

B T, …

– Gesellschafter zu 2) –

errichten hiermit eine Kommanditgesellschaft.

[…]

§ 2

Gegenstand des Unternehmens

Gegenstand des Unternehmens ist die Bullenmast im Rahmen einer Tierhaltungskooperation (§ 51 BewG).

[…]

§ 4

Gesellschafter

Der Gesellschafter zu 1), ist als persönlich haftender Gesellschafter (Komplementär) an der H KG mit 97 % beteiligt. Der Gesellschafter zu 2), ist als Kommanditist mit 3 % an der H KG beteiligt.

[…]

§ 6

Einlagen der Gesellschafter

der Gesellschafter zu 1) überlässt der Gesellschaft:

  1. zur Nutzung 400 Vieheinheiten gemäß § 51a BewG
  2. seine Arbeitskraft, soweit sie zur Betriebsführung erforderlich ist,
  3. die zur Bullenmast erforderlichen Ställe und Betriebs- und Geschäftsausstattung zur Nutzung

Der Gesellschafter zu 2) überlässt der Gesellschaft:

  1. zur Nutzung 125 Vieheinheiten gemäß § 51a BewG
  2. eine Bareinlage von 3.000,00 EUR,

[…]

§ 7

Geschäftsführung und Vertretung

Zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft sind ausschließlich die persönlich haftenden Gesellschafter (Komplementäre) allein berechtigt und verpflichtet. Die übrigen Gesellschafter (Kommanditisten) sind von der Geschäftsführung und Vertretung ausgeschlossen. Den Kommanditisten steht jedoch das Widerspruchsrecht nach § 164 HGB uneingeschränkt zu.

Die Komplementäre sind von den Beschränkungen des §§ 181 BGB befreit. Sie haben bei der Ausübung ihrer Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis die im Verkehr übliche Sorgfalt zu beachten.

Der geschäftsführende Gesellschafter bedarf zu allen Handlungen, welche über den gewöhnlichen Umfang des Geschäftsbetriebs der Gesellschaft hinausgehen, der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung aufgrund eines mit einfacher Mehrheit gefassten Beschlusses. Hierzu gehören außerhalb der notwendigen Gründungsgeschäfte insbesondere:

  1. Investitionen und Veräußerungen, die den Gesamtwert von 150.0000,00 EUR übersteigen,
  2. Kreditaufnahmen und Wechselbegehungen in Höhe von mehr als 50.000,00 EUR,
  3. Ankauf von Wertpapieren und Abschluss mehrjähriger Absatz- und Bezugsverträge
  4. der Erwerb, die Belastung, die Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten,
  5. Gründung, Übernahme und Veräußerung von Beteiligungen einschließlich Mitgliedschaften,
  6. Die Gewährung von Sicherheiten aller Art, insbesondere die Übernahme von Bürgschaften und ähnlichen Verpflichtungen,
  7. die Erteilung von Prokura, Generalvollmacht und Handlungsvollmachten,
  8. Produktionsumstellungen
  9. Aufnahme eines Gesellschafters
  10. Die Abtretung oder Übertra...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge