Entscheidungsstichwort (Thema)

Zinsen nach § 3 Abs. 2 GrEStBefrG stellen sofort abzugsfähige Finanzierungskosten dar. Einkommensteuer 1987

 

Leitsatz (amtlich)

Zinsen nach § 3 Abs. 2 GrEStBefrG gehören nicht zu den Anschaffungskosten des Gebäudes, sondern zu den Finanzierungskosten. Sie sind daher im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu berücksichtigen.

 

Normenkette

EStG 1987 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1; GrEStBefrG § 3 Abs. 2; EStG 1987 § 21 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7

 

Tenor

Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 22.08.1989 wird der Einkommensteuerbescheid vom 13.07.1989 in der Weise geändert, daß die Einkommensteuer auf 14.193 DM festgesetzt wird.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Beschluß:

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das außergerichtliche Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Zinsbetrag nach § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Grunderwerbsteuer (GrESt)-Befreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) als Werbungskosten (WK) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (VuV) abgezogen werden können.

Die Kläger (Kl.) sind Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus (EFH) bebauten Grundstücks … in H.. Im Streitjahr (1987) wurden gegen sie GrESt gemäß § 3 Abs. 1 GrEStEigWoG in Höhe von 9.800 DM und Zinsen gemäß § 3 Abs. 2 GrEStEigWoG in Höhe von 2.842 DM festgesetzt. Im Rahmen ihrer Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Streitjahr beantragten die Kl., die Zinsen als WK bei den Einkünften aus VuV zu berücksichtigen. Im ESt-Bescheid vom 13.07.1989 behandelte der Beklagte (Bekl.) die GrESt und die Zinsen als Anschaffungskosten.

Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Mit ihrer Klage begehren die Kl. weiterhin, die Zinsen gemäß § 3 Abs. 2 GrEStEigWoG als sofort abzugsfähige WK bei den Einkünften aus VuV zu berücksichtigen.

Sie begründen die Klage folgendermaßen: Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) habe im Urteil vom 22.03.1984 XII 44/84 entschieden, daß Zinsen, die neben der GrESt erhoben würden, im Gegensatz zu der GrESt selbst als WK abzugsfähig seien. Dieses Ergebnis stehe mit dem Grundsatz in Übereinstimmung, daß der Wert eines Wirtschaftsguts nicht von der bei seinem Erwerb gewählten Finanzierungsart abhängig sei. Es sei unerheblich, ob für die GrESt deshalb Zinsen angefallen seien, weil der Erwerber einen verzinslichen Kredit zur Entrichtung der sofort festgesetzten GrESt aufgenommen habe, oder weil diese erst später festgesetzt und damit für die Zwischenzeit zu verzinsen seien.

Die Kl. beantragen sinngemäß,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung (EE) vom 22.08.1989 den ESt-Bescheid für 1987 vom 13.07.1989 in der Weise zu ändern, daß bei den Einkünften aus VuV die Zinsen gemäß § 3 Abs. 2 GrEStEigWoG in Höhe von 2.842 DM als WK berücksichtigt werden.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Steuerakten und die EE des Bekl. Bezug genommen.

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO)).

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Als Anschaffungsnebenkosten gehören auch Gebühren und Steuern zu den Anschaffungskosten. Dies gilt auch für die GrESt, selbst wenn sie gemäß § 3 Abs. 1 GrEStEigWoG nacherhoben wird (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13.10.1983 IV R 160/78, Bundessteuerblatt II 1984, 101). Demgegenüber gehören Finanzierungskosten nicht zu den Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts, sondern dienen der Beschaffung der für die Anschaffung erforderlichen Geldmittel. Sie sind grundsätzlich sofort abzugsfähige WK (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG).

Zinsen gemäß § 3 Abs. 2 GrEStEigWoG stellen sofort abzugsfähige Finanzierungskosten dar (vgl. Schmidt, Komm. zum EStG, 8. Aufl., § 6, 34 „Finanzierungskosten” und § 21, 15 „Grunderwerbsteuer”).

Dies ergibt sich zum einen aus der Bezeichnung in § 3 Abs. 2 GrEStEigWoG und dem dort enthaltenen Hinweis auf die Vorschriften der §§ 233, 238, 239 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung (AO). Daraus wird deutlich, daß der Gesetzgeber bewußt die Verzinsung der nachzufordernden Beträge gewählt hat (vgl. Urteil des Niedersächsischen FG vom 22.03.1984 XII 44/84). Darüberhinaus stellen die strittigen Zinsen auch materiell rechtlich Schuldzinsen im Sinn des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG dar. Schuldzinsen sind alle einmaligen oder laufenden Leistungen in Geld oder Geldeswert, die der Steuerpflichtige (Stpfl.) für die Überlassung des Kapitals an den Gläubiger zu entrichten hat und die nicht zur Tilgung des Kapitals erbracht werden. In den Fällen des GrEStEigWoG wird der Erwerb eines Grundstücks zunächst materiell vorläufig von der GrESt freigestellt. Wenn, wie hier, die Nachversteuerung gemäß § 3 Abs. 1 GrEStEigWoG durchgeführt werden muß, stellt diese vorläufige Freistellung eine...

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