Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung zwischen Zerschlagung und Verkleinerung eines ruhenden landwirtschaftlichen Betriebs bei Flächenübertragung an zwei Erwerber im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Übertragung sämtlicher landwirtschaftlicher Nutzflächen im Wege vorweggenommener Erbfolge auf mehrere nicht mitunternehmerschaftlich verbundene Einzelrechtsnachfolger führt zur Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs.

2) Die Übertragung eines durch Entnahme von Grundstücken zur Abfindung weichender Erben verkleinerten Betriebs nach § 6 Abs. 3 EStG unter Fortführung der Buchwerte kann bei diesbezüglich fehlenden Anhaltspunkten im Übertragungsvertrag nicht angenommen werden. Der Buchwertübertragung eines verkleinerten Betriebs steht auch entgegen, dass der Übertragende nicht nur geringfügige Teilflächen (bis zu 10 %) zurückbehält bzw. nicht mit auf den Betriebsübernehmer überträgt.

 

Normenkette

EStG § 14 S. 2, § 16 Abs. 3, § 6 Abs. 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.04.2020; Aktenzeichen VI S 9/19 (PKH))

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin ihren – zuvor verkleinerten – (ruhenden) landwirtschaftlichen Betrieb auf eine ihrer Töchter übertragen oder diesen durch die zeitgleiche Übertragung sämtlichen Grundbesitzes zerschlagen hat.

Die Klägerin war Eigentümerin verschiedener Grundstücke, die sie als Rechtsnachfolgerin ihres im Jahre 2007 verstorbenen Ehemannes geerbt hatte und im Rahmen eines ruhenden landwirtschaftlichen Betriebs verpachtete. Sie betrieb keine aktive Land- und Forstwirtschaft. Mit notariellem Vertrag übertrug sie sämtliche zu ihrem Betrieb gehörenden Grundstücke auf ihre Töchter T1 und T2:

Laut der notariellen Urkunde erfolgten die Übertragungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge und in Anrechnung auf etwaige Pflichtteilsansprüche der Übernehmerinnen. Der Besitzübergang wurde auf den Tag des Vertragsabschlusses bestimmt. Die Tochter T2 erklärte sich im Hinblick auf den ihr übertragenen Grundbesitz für abgefunden und verzichtete für sich und ihre Abkömmlinge auf alle Ausgleichs-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Übertragungsvertrag vom 25.11.2013 verwiesen.

Daraufhin gingen bei dem Beklagten entsprechende Veräußerungsanzeigen ein. Er teilte der Klägerin mit, dass ihr Betrieb nicht als Einheit vollständig auf eine der Töchter übertragen worden sei. Folglich liege keine Übertragung eines Betriebs zu Buchwerten, sondern eine Betriebszerschlagung vor. Soweit die Verkehrswerte der übertragenen Flächen die Buchwerte übersteigen würden, seien sie als Privatentnahme zu versteuern. Demzufolge berücksichtigte der Beklagte in dem streitgegenständlichen Einkommensteuerbescheid einen Entnahmegewinn i. H. v. rd. 274.000 € (Einkünfte aus Land- und Fortwirtschaft aus Veräußerungsgewinnen).

Hiergegen hat die Klägerin Einspruch eingelegt. Zur Begründung führte sie zunächst an, dass sie ihren Töchtern jeweils einen landwirtschaftlichen Teilbetrieb gemäß § 6 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) übertragen habe. Jede der Töchter habe mehr als 3.000 m2 erhalten.

Während des Einspruchsverfahrens wurde das BFH-Urteil vom 16.11.2017 VI R 63/15, BFHE 260, 138 veröffentlicht. Hierin führt der BFH aus, dass landwirtschaftliche Nutzflächen von mehr als 3.000 m² nicht allein im Hinblick auf ihre Größe landwirtschaftliche Teilbetriebe darstellen.

Hierauf änderte die Klägerin ihre Einspruchsbegründung dahingehend, dass ihre Tochter T1 ihren landwirtschaftlichen Betrieb erhalten habe. Zur Abfindung ihrer Tochter T2 als weichende Erbin habe sie ein Grundstück aus dem Betrieb entnommen und ihr dies im Anschluss übertragen. Im Ergebnis liege nach wie vor keine Betriebsaufgabe vor. Lediglich das auf die Tochter T2 übertragene Grundstück sei steuerpflichtig entnommen worden (Teilwert zum Stichtag: 77.663 € ./. Buchwert: 28.281 € = 49.832 €).

Der Beklagte hielt an seiner Auffassung fest und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, wie es zur Erstellung der notariellen Urkunde kam und dass hierdurch ein verkleinerter Betrieb auf die Tochter T1 übertragen werden sollte. Es sei ihr wichtig gewesen, dass der landwirtschaftliche Betrieb in der Familie gehalten werde und eine Übertragung dieses Betriebs nicht zu Streit nach ihrem Tod und zwischen ihren Töchtern führe. Ihre Töchter seien sich einig gewesen, dass die Tochter T1 ihre Versorgung im Alter übernehme und hierfür den landwirtschaftlichen Betrieb bekommen solle. Obwohl die Tochter T2 auf ihren Anteil am Erbe verzichten wollte, habe sie (Klägerin) darauf bestanden, dass sie auch etwas bekomme. Sollten diese zur Übertragung führenden Umstände und Absichten nicht in den Formulierungen der notariellen Urkunde zu erkennen sein, sei dies jedenfalls für die Klägerin und die beteiligten Familienmitglieder nicht erkennbar gewesen. Im Ergebnis sei der angefochtene Einkommensteu...

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