Entscheidungsstichwort (Thema)

Vor Entstehung eines Provisionsanspruchs erbrachte Aufwendungen zu aktivieren

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist aufgrund einer für einen Provisionsanspruch vereinbarten aufschiebenden Bedingung eine Gewinnrealisierung noch nicht eingetreten, sind die jeweils bis zum Bilanzstichtag angefallenen und den bis dahin erbrachten Vermittlungsleistungen zuzuordnenden Aufwendungen als "unfertige Arbeiten" zu aktivieren.

 

Normenkette

HGB § 266 Abs. 2; EStG § 5; HGB § 92 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.08.2018; Aktenzeichen XI R 32/16)

BFH (Urteil vom 09.10.2013; Aktenzeichen I R 15/12)

BFH (Urteil vom 09.10.2013; Aktenzeichen I R 15/12)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob es bei von der Klägerin vereinnahmten Vermittlungsprovisionen in Höhe von sog. stornobehafteten Beträgen bereits zur Gewinnrealisierung gekommen ist und – soweit dies der Fall ist – ob für diese Beträge eine Rückstellung zu bilden ist.

Die Klägerin ist eine im Jahr 2000 gegründete GmbH mit Sitz zunächst in A-Stadt und ab 2005 in B-Stadt. Gegenstand ihres Unternehmens war bzw. ist laut Handelsregistereintragung bzw. dem Gesellschaftsvertrag die Unternehmensberatung sowie die persönliche Anlagen- und Vermögensberatung. Die Geschäftsanteile an der Klägerin hielten in den Streitjahren Herr C und Frau C zu je 50 %. Diese waren auch einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin. Die Klägerin ermittelte ihren Gewinn in den Streitjahren nach einem mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Wirtschaftsjahr.

Tatsächlich war die Klägerin ausschließlich als Versicherungsmaklerin tätig, wobei sie Rückdeckungsversicherungen zur Entgeltumwandlung nach § 3 Nr. 63 EStG im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge vermittelte, und zwar solche der V-Versicherung und der W-Versicherung. Hierfür erhielt sie jeweils Provisionen von den vorgenannten Versicherungsgesellschaften. Nach dem Vorbringen der Klägerin bestanden keine schriftlichen Vereinbarungen mit der V-Versicherung und der W-Versicherung über die Vermittlungstätigkeit. Die Klägerin hat allerdings Unterlagen über die Abrechnungen der V-Versicherung ihr gegenüber für die Streitjahre 2003 bis 2005 vorgelegt. Es handelt sich hierbei um Kontoauszüge über ein offenbar von der V-Versicherung geführtes Abrechnungskonto für die Klägerin (Bezeichnung: „Agentur …”). Auf die vorgenannten Abrechnungsunterlagen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen (siehe Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 29.7.2011). Nach dem weiteren Vorbringen der Klägerin waren jeweils Teile der von den Versicherungen an sie ausgezahlten Provisionsbeträge stornobehaftet. Soweit es innerhalb von fünf Jahren zu Leistungsstörungen bei den vermittelten Versicherungsverträgen komme, seien die ausgezahlten Beträge zeitanteilig für die Jahre zurückzuzahlen, die auf den Zeitraum zwischen Eintritt der Leistungsstörung und dem Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraums entfielen. Für die vermittelten Versicherungsverträge der V-Versicherung hat die Klägerin hierzu Bestätigungen der V-Versicherung über die jeweils stornobehafteten Beträge bzw. die „unverdienten Provisionen” für die einzelnen Streitjahre eingereicht (siehe Anlagen zum Schriftsatz der Klägerin vom 29.7.2011). Aus diesen ergeben sich die folgenden Beträge:

– 2003:

82.546 EUR

– 2004:

119.189 EUR

– 2005:

120.400 EUR

In ihren Jahresabschlüssen für die Streitjahre setzte die Klägerin die folgenden Beträge als Umsatzerlöse aus der Vermittlung von Versicherungsverträgen der V-Versicherung und der W-Versicherung an:

V-Versicherung

W-Versicherung

– 2003:

214.279,00 EUR

– 2004:

49.200,48 EUR

7.473,53 EUR

– 2005:

120.539,76 EUR

8.619,45 EUR

Zugleich bildete sie jeweils gewinnmindernd eine Rückstellung „Stornohaftung” in Höhe der folgenden Beträge:

V-Versicherung

W-Versicherung

– 2003:

82.546,00 EUR

– 2004:

119.189,00 EUR

7.159,47 EUR

– 2005:

120.400,76 EUR

9.840,70 EUR

Insgesamt ergaben sich aus den Jahresabschlüssen die folgenden Jahresergebnisse:

– 2003:

./. 1.918,29 EUR

– 2004:

./. 9.115,50 EUR

– 2005:

./. 43.049,92 EUR

Die Klägerin wurde zunächst erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer und zur Gewerbesteuer veranlagt.

Im Jahr 2008 wurde bei der Klägerin eine Außenprüfung (Bp) für die Streitjahre 2003 bis 2005 durchgeführt. Zu den o.g. Rückstellungen „Stornohaftung” führte Herr C als Geschäftsführer der Klägerin gegenüber der Bp in einer Stellungnahme vom 16.6.2008 (Bl. 169 – 176 der Bp-Handakten) aus, die Klägerin erwerbe durch die Vermittlung einer Rückdeckungsversicherung einen Anspruch auf ein Vermittlungshonorar gegen die jeweilige Versicherungsgesellschaft. Der Honoraranspruch entfalle jedoch ganz oder teilweise, wenn das vermittelte Vertragsverhältnis nicht zustande komme oder dort Leistungsstörungen aufträten. Die Versicherungsgesellschaft zahle die Courtage zur Absicherung ihres Rückforderungsanspruchs nur anteilig in Raten aus. Ausweislich der Courtagevereinbarungen mit den Versicherungsgesellschaften würden im Übrigen die einschlägigen gesetzlichen Besti...

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