Entscheidungsstichwort (Thema)

EU-Betriebsstätte, Progressionsvorbehalt, DBA Polen

 

Leitsatz (redaktionell)

Gewinnanteile aus einer in einem EU-Staat (Polen) belegenen Betriebsstätte mit aktiven gewerblichen Einkünften unterliegen gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG dem Progressionsvorbehalt.

 

Normenkette

EStG § 32b Abs. 1 S. 1 Nr. 3, S. 2 Nr. 2; DBA Polen Art. 7 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1; EStG § 2a Abs. 2 S. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, ob Einkünfte aus einer Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft dem Progressionsvorbehalt unterliegen.

Die Klägerin ist eine Gesellschaft, die eine Wäscherei betreibt. Sie ist an mehreren ausländischen Gesellschaften beteiligt, darunter an der G. Sp.zo.o Sp.k und an der B. Sp.zo.o Sp.k. Es handelt sich dabei um Gesellschaften, die mit einer deutschen GmbH & Co. KG vergleichbar sind. Beide Gesellschaften haben ihren Sitz in Polen. Auf die Klägerin entfielen im Streitjahr 2008 die folgenden Gewinnanteile:

B. Sp.zo.o Sp.k

137.642,51 EUR

G. Sp.zo.o Sp.k

218.616,26 EUR

Summe

356.258,77 EUR

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die beiden polnischen Gesellschaften gewerbliche Einkünfte erzielt haben, die auf sog. aktive Tätigkeiten im Sinne von § 2a Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) beruhen. Ferner ist unstreitig, dass die polnischen Gesellschaften nicht ausschließlich oder fast ausschließlich Tätigkeiten im Sinne von § 8 Abs. 1 Nrn. 1 bis 6 des Außensteuergesetzes (AStG) ausgeübt haben.

In ihrer Feststellungserklärung für das Streitjahr 2008 gab die Klägerin keine Einkünfte aus den polnischen Gesellschaften an. Im ursprünglichen Feststellungsbescheid, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, berücksichtigte der Beklagte die Gewinnanteile der Klägerin an den polnischen Gesellschaften zunächst weder als Einkünfte noch im Rahmen des Progressionsvorbehalts.

Im Rahmen einer vom Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung E-Stadt bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zu der Ansicht, dass die Gewinnanteile aus den polnischen Mitunternehmerbeteiligungen dem Progressionsvorbehalt unterlägen. Die Einkünfte seien als Einkünfte aus gewerblichen Betriebsstätten anzusehen, deren Gewinne nur der Belegenheitsstaat Polen besteuern dürfe. Nach einer ab dem Streitjahr 2008 geltenden Gesetzesänderung greife die Verlustabzugsbeschränkung des § 2a EStG nicht mehr für das EU-Ausland, sondern ausschließlich für Drittstaaten ein. Dementsprechend seien sowohl der positive als auch der negative Progressionsvorbehalt für Einkünfte aus einer nicht aktiven gewerblichen Betriebsstätte ausgeschlossen, nicht jedoch für solche – wie im Streitfall – aus einer aktiven Betriebsstätte. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 22.6.2010 Bezug genommen.

Der Beklagte folgte den Prüfungsfeststellungen und erließ einen entsprechend geänderten Feststellungsbescheid, in dem nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfreie laufende Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, in Höhe von 356.258 EUR festgestellt wurden.

Die Klägerin legte gegen diese Feststellung Einspruch ein, den sie damit begründete, dass der positive Progressionsvorbehalt im Streitfall keine Anwendung finde. Der Verweis in § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG auf § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG sei insoweit missverständlich, dass er sich nur auf den Begriff der Betriebsstätte beziehe. Eine Anwendung des positiven Progressionsvorbehalts für aktive Betriebsstättengewinne bei Ausschluss für nicht aktive Betriebsstättengewinne sei vom Gesetzgeber nicht gewollt. Die Befreiung vom Progressionsvorbehalt gelte vielmehr auch für aktive Gewinne. Vor diesem Hintergrund sei die Verweisung eigentlich überflüssig. Diese Auffassung teile auch Heinicke (in Schmidt, EStG, 29. Auflage, § 32b Rn. 34). Der Gesetzgeber habe die Neuregelung in § 2a EStG ergänzen wollen, die lediglich negative Einkünfte betreffe. Eine andere Auslegung würde zum nicht gewollten Ergebnis führen, dass bei allgemeinen gewerblichen Einkünften der Progressionsvorbehalt weiterhin gelte, während er z. B. für den Waffenhandel abgeschafft sei.

Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus, dass der Progressionsvorbehalt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut für innerhalb des EU-Raums erzielte aktive gewerbliche Einkünfte erhalten bleiben sollte. Dies entspreche auch der gesetzgeberischen Intention.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt ergänzend zur Einspruchsbegründung vor, dass der Verweis in § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG auf § 2a Abs. 2 Satz 1 EStG zwei Zielrichtungen habe. Zum einen wolle er klarstellen, dass auch Betriebsstätten gemeint seien, in denen negative Einkünfte erzielt werden und zum anderen wolle er klarstellen, dass nur Betriebsstätten gemeint seien, die nicht in einem Drittstaat liegen. Da sich dies auch ohne den Verweis aus dem Gesetz ergeben würde, sei der Verweis überflüssig.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid für 2008 ...

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